Geständnis: Doskozil adressiert Stimmproblem
Ein letztes Mal macht der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil für sich stark. Seine Rede ist ein Weckruf an die Sozialdemokratie. Auch mit Selbstkritik spart Doskozil nicht.
Was würde Kreisky tun?
“Ich habe mich oft gefragt in den letzten Wochen, was Kreisky dazu sagen würde”, eröffnet Doskozil seine Rede mit einem Verweis auf den Säulenheiligen der Sozialdemokraten. Oft habe er sich gefragt, ob man nicht öffentlich zu viel diskutiert habe. Bei all den Unkenrufen, von außen, von den Medien, von den anderen Partei sei es wichtig wieder stolz aufzutreten, stolz zu sein auf die Geschichte der Sozialdemokratie und auch wieder zu wissen, für wen man diese Politik mache.
Vielleicht haben wir es verlernt, den Interessen der Bevölkerung zu dienen?
Bevölkerung erwartet mehr
"Die Bevölkerung erwartet sich von der Sozialdemokratie Lösungen für die alltäglichen Probleme, die sie hat". Doskozil einleitend. Es reiche nicht aus, heute hier den Parteivorsitzenden zu wählen. "Es ist dringend notwendig, sich programmatisch zu definieren, dass uns die Leute diese Antworten auch glauben." Sein Vater habe sich mit einem Arbeiterlohn ein Einfamilienhaus bauen können, heute ist das unmöglich. "Wir müssen reagieren."
Einkommensverhältnisse im Fokus
“Bitte lassen wir uns nicht auseinander dividieren in dieser Frage”, appelliert der burgenländische Landeshauptmann. “Es muss doch unser aller Ansinnen sein, dass die Menschen leben können, von dem was sie verdienen, wenn sie 40 Stunden arbeiten gehen.” Mindestlohn und Erhöhung der Kollektivverträge dürfe nicht an den Unstimmigkeiten in der SPÖ scheitern.” Das Ziel müsse sein, Einkommensverhältnisse so zu organisieren, dass Menschen erst gar keine Sozialleistungen brauchen. “Ansonsten gibt es einen verrückten Burgenländer, der setzt den Mindestlohn um”, stellt Doskozil die Rute ins Fenster. Das Ziel müsse sein, Einkommensverhältnisse so zu organisieren, dass Menschen erst gar keine Sozialleistungen brauchen.
Die SPÖ ist eine zutiefst demokratische Partei und besteht aus unterschiedlichen Strömungen. Auch das hat die...Gepostet von Hans Peter Doskozil am Freitag, 2. Juni 2023
Pflege als Problem
Als eines der drängendsten Probleme nennt er den Pflegebereich. Eines der größten Probleme sei, dass die Pflegestruktur nicht mehr gemeinnützig organisiert sei. Damit müsse Schluss sein. “Warum muss eine Aktiengesellschaft ein Pflegeheim betreiben? Warum betreibt ein privates Unternehmen ein Pflegeheim? Weil sie Gewinn machen wollen.” Im Burgenland darf Pflege nur noch gemeinnützig betrieben werden. Als dritten Bereich, der ihn sehr ärgere, nennt Doskozil den gesamten Gesundheitsbereich. “Daran sind wir teilweise auch selber Schuld.” Es wurden Gesetze beschlossen, die einem nun auf den Kopf fallen würden.
Das Frauenproblem
In der Vergangenheit wurde Doskozil immer wieder für fehlende Frauenpolitik kritisiert. Auch das adressiert er in seiner Rede offen. Frauen dürfe man nicht nur auf Quoten reduzieren, betont werden müssen die Qualifikation. Gegen Sexismus gehe er nicht nur mit seiner Besetzungspolitik vor. Bei einem gewissen Medium gebe er deshalb auch weder Interviews, noch genehmige er dort Inserate.
Doskozil wünscht sich mehr Härte
Bei der Finanzierung von Politik hat er sowieso klare Vorstellungen. Neben der unerträglichen Inseratenkeilerei nennt er auch den Umgang der Parteien mit Spenden. Er fordert ein Verbot von Spenden und härtere Wahlkampfkostenobergrenzen. Die Öffentlichen Förderungen seien hoch genug. "Die einzige Abhängigkeit, die wir mit Leben füllen müssen, ist die Verpflichtung zur Bevölkerung."
Ihr kennt's mich. Ihr müsst heute eine Entscheidung treffen. Ihr müsst beide Kandidaten nehmen wie sie sind, mit Ecken und Kanten.
Doskozil adressiert Stimmproblem
>>> Doskozil im Interview: Meine Herausforderung ist die Stimme
Zum Ende seiner Rede spricht Doskozil offen seine stimmlichen Defizite an. Es sei nicht nur in der Vergangenheit Thema gewesen, sondern würde immer wieder angesprochen werden. "Ich verstehe es. Funktioniert das überhaupt mit der Stimme? Wird das am Ende des Tages funktionieren, dass man einen Wahlkampf bestreiten kann, wird das gehen, dass man möglicherweise auch eine Legislaturperiode durchhält? Ich kann euch sagen, ich kann euch versprechen, dass die Stimme funktionieren wird", so Doskozil. Er macht aber auch eine Einschränkung und ein Geständnis: "Was ich nicht sagen kann, was ich nicht versprechen kann, ist, ob ich zu einem späteren Zeitpunkt zu einem sechsten oder siebten Mal operiert werden muss." Aktuell stehe eine Operation aber nicht im Raum. Auch ein Stimmverlust, wie er bereits einmal fälschlich prognostiziert wurde, sei kein Thema.
Standing Ovations
Für seine inhaltlich teils in die Tiefe gehende Rede, setzt es nicht nur jede Menge Zwischenapplaus. Am Ende wird Doskozil mit frenetischen Standing Ovations belohnt. Auffalllend: Sowohl die Babler-Fraktion als auch fast die gesamte Wiener Landespartei bleiben stoisch auf ihren Stühlen sitzen.
