Haftbefehl: Kann sich Putin noch außer Landes trauen?
Nach Wladimir Putin (69) wird wegen der Kriegsverbrechen in der Ukraine womöglich bereits im Geheimen gefahndet. Im Bayrischen Rundfunk sagte Wolfgang Schomburg (74), früherer Richter am Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag:
Diese Haftbefehle sind grundsätzlich geheim und er wird hoffentlich nichts davon erfahren, sofern ein solcher (...) besteht.
In Russland kann dieser Haftbefehl wohl kaum vollstreckt werden – auf einer künftigen Auslandsreise des russischen Machthabers dagegen schon. Es wäre nicht das erste Mal: 1999 wurde der frühere serbische General Momir Talić († 60) in Wien verhaftet. Dort wollte er an einer OSZE-Konferenz teilnehmen. Nach der Festnahme wurde Talić nach Den Haag ausgeliefert und wegen Völkermord angeklagt. Er starb in Haft, bevor es zu einem Urteil gekommen war.
Immunität gilt nicht
Als General genoss der Angeklagte keine Immunität, im Gegensatz zu Russlands Präsident. Doch auch diese schützt ihn nicht vor Verfolgung durch den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH): Ein Urteil aus 2019 besagt, dass eine Immunität nicht gilt, sollte der Haftbefehl vom IStGH ausgestellt worden sein.
Überraschung!
Wird sich Putin von nun an im Kreml verschanzen? Spätestens im November wird es interessant, denn dann findet auf Bali der G20-Gipfel statt. Der russische Präsident hat seine Teilnahme bereits zugesagt. Doch so schnell mahlen die Mühlen der Justiz in Den Haag wohl auch wieder nicht. Ex-Richter Schomburg: „Ich glaube nicht, dass so schnell schon ein Haftbefehl zustande gekommen sein wird. Aber bei ähnlichen Gelegenheiten wird es ihn dann möglicherweise überraschen.“
Es geht nicht ohne Putin
Eine Verhaftung ist unabdingbare Voraussetzung für ein Verfahren gegen Putin: In Abwesenheit von Angeklagten kann der Gerichtshof in Den Haag keine Prozesse führen. Dass die Vorbereitungen derzeit schon laufen, berichtet etwa die ARD.
Kommt Russlands Präsident Putin vor Gericht? Zumindest werden derzeit Beweise für Kriegsverbrechen Russlands in der Ukraine zusammengetragen, um eine Klage vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag zu ermöglichen. Das #Europamagazin berichtet: https://t.co/88KSKsYmzq
— Das Erste (@DasErste) April 25, 2022
Wie würde sich ein Prozess gegen den russischen Staatspräsidenten gestalten? Jurist Schaumburg im "Spiegel": „Man muss nachweisen, welche Panzer, welche Schützen und Kommandeure es waren, die auf einen Zivilisten geschossen haben. Dann folgt, wenn sich diese auf Befehle berufen, der Nächste in der Hierarchie und so fort." Und weiter:
Man baut gewissermaßen eine Beweispyramide auf, bis man irgendwann auch bei Herrn Putin ankommt.