Wahltrick: Mikl-Leitner muss um Sessel zittern
Karl Stöger, Verfassungsjurist an der Uni Wien, erklärt gegenüber dem "Standard", dass eine Anfechtung der Wahl von Johanna Mikl-Leitner zur Landeshauptfrau von Niederösterreich gute Chance hätte. Es sei rechtlich unklar, ob die gültigen Stimmen ausgereicht hätten. Auch Landeshauptfrau-Stellvertreter Udo Landbauer (FPÖ) muss zittern.
Weißwähl-Taktik
Um ein zentrales Wahlversprechen, nämlich Johanna Mikl-Leitner nicht zur Landeshauptfrau zu wählen, nicht brechen zu müssen, hat sich die FPÖ Niederösterreich mit einem Trick beholfen. Die Freiheitlichen Abgeordneten haben allesamt ungültig gewählt. So wurde Mikl-Leitner mit 24 gültigen Stimmen, 17 Gegenstimmen und 15 Enthaltungen abermals zur Landeshauptfrau gekürt. Diese Weißwähl-Taktik könnte jetzt aber nach hinten losgehen. Der Verfassungsjurist argumentiert, dass dieses Vorgehen möglicherweise nicht ausgereicht haben könnte. "Die Landesverfassung sieht bei der Wahl der Landesräte vor, dass leere Stimmzettel außer Betracht bleiben. Bei der Wahl zur niederösterreichischen Landeshauptfrau und ihren Stellvertretern fehlt diese Anordnung", erklärt Stöger im Standard.
Proporzsystem in Niederösterreich
Aufgrund des Proporzsystems wird in Niederösterreichs Landesverfassung in Sachen Wahlmodus streng zwischen Landesräten und der Landeshauptfrau sowie ihren zwei Stellvertretern unterschieden. Während bei der Wahl der Landesräte die ungültigen Stimmen ausgeschlossen werden, finden sich bei der Landeshauptfrau-Wahl für diesen Fall keine näheren Bestimmungen. Daraus ergeben sich für den Verfassungsjuristen zwei mögliche Auslegungsarten: Wenn ungültige Stimmzettel bei den Landesräten ausgeschlossen werden, könnte man das auch auf die Wahl der Landeshauptfrau ausweiten.
Anfechtung könnte Mikl-Leitner Job kosten
Die zweite, für Mikl-Leitner gefährlichere, Auslegung: Weil diese Regelung nur bei den Landesräten explizit vorgesehen ist, gilt sie bei der Landeshauptfrau gerade deswegen nicht. Eine erfolgreiche Anfechtung der Opposition hätte zur Folge, dass Mikl-Leitner, zumindest vorübergehend, ihren Job verlieren würde. Das gilt auch für Landeshauptfrau-Stellvertreter Udo Landbauer, der auch nur dank ungültiger Stimmen gewählt wurde. Sollte derartiges passieren, müsste Landtagspräsident Karl Wilfing sofort für eine neue Wahl der Landesregierung sorgen.
ÖVP-FPÖ-Pakt auf "wackeligen Beinen"
Kritik kommt aus den Reihen der Opposition. "Wir haben immer gesagt: Wenn eine Koalition mit einem Wortbruch beginnt, dann wird sie nicht gut enden. Der Pakt aus ÖVP und FPÖ steht in jeder Hinsicht auf wackeligen Beinen", sagte SPÖ-Landesgeschäftsführer Wolfgang Zwander zur APA. Während die Grünen das Problem im "undurchsichtigen Proporzsystem" sehen, würden es die NEOS begrüßen, wenn der Verfassungsgerichtshof tätig würde. "Ein Rechtsstaat profitiert von Klarheit, die es bei der Wahl der Landeshauptfrau aber nicht gegeben hat", so Landessprecherin Indra Collini.