Direkt zum Inhalt
Klimademo in Berlin | Credit: Philipp Znidar / dpa / picturedesk.com
Demonstrieren alleine genügt manchen Klimaschützern nicht mehr.
Demonstrieren alleine genügt manchen Klimaschützern nicht mehr.
Philipp Znidar / dpa / picturedesk.com

Klimaschützer greifen Pipeline an

06.05.2022 um 10:46, Gert Damberger
min read
Drücke "Play" zum laden und hören
  • Lädt Sprachdatei
  • Buffering...
  • In Kürze bereit zum Abspielen
Beim Erstellen der Sprachdatei ist ein Fehler passiert
0:00 /
Sie blockieren Autobahnen, drehen Ölpipelines ab und schrecken auch vor Sachbeschädigung nicht zurück - die „letzte Generation“ macht Ernst. Ist das der Beginn des Öko-Terrorismus?

Das Ölembargo der EU für Russland kommt der „letzten Generation“ nicht schnell genug. Sie drehen den Ölhahn eigenmächtig zu. So geschehen zuletzt am 5. Mai, irgendwo an der Pipeline Rostock-Böhlen (RRB), die Rostock mit Leuna verbindet. „Seit heute morgen steht die RRB-Ölpipeline still. Erneut haben Bürgerinnen und Bürger der Letzen Generation an zwei Stellen die Notfall-Absperrsysteme aktiviert und den Öl-Fluss gestoppt“, heißt es in einer Presseaussendung der Gruppe. Die Aktion erfolge „angesichts des Klimanotfalls“, der notgedrungen zur „Zerstörung von Milliarden Menschenleben“ führen werde.

Angriffe auf kritische Infrastruktur

Pumpstationen zu entern und Pipelines zu unterbrechen, das versuchte die „letzte Generation“ auch in Brandenburg, Rheinland-Pfalz und Oberbayern. Im Rheinland klebten bzw. ketteten sich zwei Männer an der Anlage fest, die Leitung wurde indes laut Polizei nicht unterbrochen. Die versuchte Sabotage ist ein neuer Eskalationsschritt der Gruppe, den sie schon im Februar per Twitter angekündigt hat. Man werde bald „kritische Infrastruktur“ wie Pipelines, Häfen und Flughäfen sabotieren, weil die Regierung einfach nicht weitermache mit dem Klimaschutz.

Angriff auf Pipeline | Credit: dpa / picturedesk.com
Sie schreiten zur Tat. Hier unterbricht die „Letzte Generation“ eine Pipeline.

An der Fahrbahn festgeklebt

Ursprünglich nannten sich die Klimaaktivisten „Aufstand der letzten Generation“, aber jetzt ist sie schlicht die „Letzte Generation“, weil das prägnanter ist. Die Gruppierung ist so etwas wie der militante Ableger von „Fridays for Future“ und machte bis dato vor allem mit Straßenblockaden von sich reden. In Berlin und anderen deutschen Großstädten blockierten LG-Aktivisten wochenlang den Berufsverkehr, was zu kilometerlangen Staus und zu erregten Auseinandersetzungen mit entnervten Autofahrern führte. Mancherorts wurde auf die Aktivisten eingeprügelt, die sich mit Superkleber auf die Fahrbahn geklebt hatten. Derartige Blockaden gab es auch schon in Österreich. In Wien legten im Februar 20 Mitglieder von „letzte Generation.at“ den Frühverkehr am Gürtel lahm, während zeitgleich versucht wurde, mit Protestcamps den Bau des Lobautunnels und der Stadtstraße zu verhindern.

Straßenblockade in deutscher Großstadt | Credit: Markus Schreiber / AP / picturedesk.com
Spezialität der „Letzten Generation“ sind Blockaden des Berufsverkehrs.

„Die werden in den Untergrund gehen“

Einer der Gurus der deutschen Klimaschützer, der deutsche Politologe Tadzio Müller, hält die Aktionen der letzten Generation für „notwendig“, wie er in einem Interview mit dem „Spiegel“ im vergangenen November erklärte. Er rechne fix mit einer Radikalisierung der Klimaproteste. „Zerdepperte Autoshowrooms, zerstörte Autos, Sabotage in Gaskraftwerken oder Pipelines. Das wird es nächsten Sommer auf jeden Fall geben.“ Müller sagt, dass die repressive Antwort des Staates nicht lange auf sich warten lassen werde. „Militante Aktivisten werden für mehrere Jahre im Knast landen und ein kleiner Teil wird in den Untergrund gehen,“ ist er überzeugt. Die Staatsmacht habe sich das selbst zuzuschreiben. Müller: „Wer Klimaschutz verhindert, schafft die grüne RAF. Oder Klimapartisanen. Oder Sabotage for Future.“

Das Auto als Feindbild

Wie „Sabotage für Future“ geht, haben auch Autobesitzer in Berlin schon erfahren. Auf ihren PS-starken SUV wurde nachts die Luft aus den Reifen gelassen. An der Windschutzscheibe klebte ein Zettel mit der Mitteilung, dass die „Drecksschleuder“ aus Klimaschutzgründen leider unschädlich gemacht werden musste.

more