Hilfe, die Inflations-Angst geht um!
Diese Rechnung ist keine höhere Mathematik: Steht uns zu wenig Geld zur Verfügung, um unseren Alltag zu finanzieren, haben wir ein Problem. Trifft das auf viele Menschen zu, hat ein ganzes Land ein Problem. Bei Wirtschaftsexperten läuten bereits die Alarmglocken, spätestens seit Statistik-Austria-Direktor Tobias Thomas eine „Schnellschätzung“ für den August verkündete: Inflationsrate 3,1 Prozent. Sie lag dann sogar bei 3,2 Prozent. Das ist der höchste Wert seit knapp zehn Jahren. Hier geht's zur Preisentwicklung im Detail.
Was sein muss
Jeder hat schon mal auf etwas verzichtet, um sich etwas anderes leisten zu können. Es ist keinDrama, eine geplante Flugreise auf später zu verschieben und damit nicht nur das Klima zu schonen. Sondern auch der Inflation ein Schnippchenzu schlagen, die bei Flugtickets mit satten 23,6 Prozent besonders stark zu Buche schlägt. Auch die neue Bratpfanne (im August um 8,4 Prozent teurer als im Juli) ist nicht unbedingt jetzt notwendig. Ganz anders sieht es für Mieter aus, für Berufspendler und für Familien mit notorisch hungrigen Teenagern. Lebensmittel, Mobilität undWohnen sind kein Luxus, sondern müssen sein.
„Die Schere zwischen Miete und Einkommen geht immer weiter auf,“ sagt Elke Hanel-Torsch, Expertin der Mietervereinigung Wien. „Während das Netto-Medianeinkommen der erwerbstätigen Österreicher seitdem Jahr 2000 an oder knapp unter der Inflation liegt, stiegen die Mieten im selben Zeitraum deutlich an.“ Seit 2015 verstärkt sich der Trend. Heute muss man im Schnitt mit fast 25 Prozent höheren Mietkosten rechnen als noch vor fünf Jahren.
Tankstellen-Schock
Wann ist das Ende der Fahnenstange erreicht? Das fragen sich nicht nur Geringverdiener, sondern auch die Bezieher mittlerer Einkommen, denen nach der Überweisung an den Vermieter nur noch 65 Prozent ihres Verdienstes bleiben. Zum Beispiel für die Tankfüllung.I m August musste man in Österreich gut 20 Prozent mehr für Kraftstoff bezahlen als im Vorjahr.
Der Vergleich hinkt zwar etwas, denn 2020 waren die Preise coronabedingt sehr niedrig. Doch seit Herbst steigen sie, vor allem für Superbenzin, wieder deutlich an. Nikola Junick, Verkehrswirtschaftsexpertin beim ÖAMTC, sieht neben der Inflation weitere dunkle Wolken am Autofahrer-Horizont aufziehen:den zusätzlichen CO₂-Preis, der das Klima schützen soll, aber das Tanken nochmals teurer macht: plus 7,4 Cent je Liter Diesel,6,4 Cent mehr für den Liter Superbenzin.
Es gibt nicht genug Chips
Zurück zur aktuellen Teuerungsrate von 3,2 Prozent. Was musste eigentlich alles passieren, damit es dazu kommen konnte? Heike Lehner, Wirtschaftswissenschaftlerin mit Schwerpunkt Geldpolitik: „Da ist zum einen die erhöhte Nachfrage nach der Krise. Die angestauten Ersparnisse können jetzt ausgegeben werden.“ Dazu kommen Verknappungen und Lieferengpässe: Der Mangel an Mikrochips für die Industrie etwa werde uns noch länger beschäftigen, so die Finanzökonomin.
Heute schon entspart?
Einfluss auf die weitere Entwicklung der Preise haben übrigens die Pensionisten. Und zwar weil sie ihr Geld lieber ausgeben, als es weiter zu sparen, wie sie es während ihres Erwerbslebens getan haben, Motto: Das letzte Hemd hat keine Taschen. Experten sprechen von einem „Entsparungsprozess“. Außerdem brauchen ältereMenschen, von denen es bekanntlich mehr denn je gibt, eher Dienstleistungen (Gesundheit,Pflege) als Waren (neueste Handys und Sneaker).Folge: Die Preise fürDienstleistungen steigen stark an – und könnten die nächsten Inflationstreiber sein.