Filzmaier: Das steckt wirklich hinter der FPÖ-Strategie
- Filzmaier: „Verhandlungstechnisch seltsam“
- ÖVP kann nicht nachgeben
- Was steckt hinter der FPÖ-Taktik?
- Szenarien für ein Scheitern
- Koalition wahrscheinlich
Die Koalitionsgespräche zwischen FPÖ und ÖVP sind ins Stocken geraten. Neben inhaltlichen Differenzen (Stichwort Bankenabgabe und ORF) sorgt die Aufteilung der Ministerien für massive Missstimmung. Politikwissenschaftler Peter Filzmaier zeigt sich bei Armin Wolf in der ZiB 2 verwundert über die Vorgehensweise der FPÖ.
FPÖ verschärft Konflikt mit Ressort-Forderungen
Die FPÖ fordert offen das Innenministerium, das Finanzministerium, die Medien- und Kulturagenden im Kanzleramt sowie die Europaagenden. Die ÖVP lehnt das kategorisch ab. „Das geht sich für die ÖVP nicht aus“, heißt es aus Verhandlerkreisen.
Filzmaier: „Verhandlungstechnisch seltsam“
Politologe Peter Filzmaier hält diese Taktik für fragwürdig. Dass Kickl seine Forderungen in einem öffentlichen Facebook-Posting präsentiert, sei problematisch: „Wenn Herbert Kickl seine Ministeriumsverteilungswünsche öffentlich verkündet, dann muss er ja im Kompromissfall ebenso öffentlich zurückrudern oder die ÖVP kann nur mit einer Demutsgeste zustimmen.“
Zudem sei der Anspruch auf die beiden wichtigsten Ministerien – Innen und Finanzen – kein bloßes Säbelrasseln, sondern entspreche einer echten Machtstrategie: „Die FPÖ meint das sicherlich ernst. Das Finanzministerium hat die sogenannte Kompetenzkompetenz, weil es in alle anderen Ministerien hineinregieren kann”, erklärt Filzmaier. Im Innenministerium sind die Zuständigkeiten für Zuwanderung und Asyl, also jene Themen, die die „Haupterzählung” einer blau-schwarzen Regierung wären. „Damit könnte ein FPÖ-Innenminister jeden Tag im Fernsehen sein, wenn er will, während eine ÖVP-Verteidigungsministerin oder ein ÖVP-Landwirtschaftsminister im Vergleich unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet.”
Liebe Freunde! Seit gestern wird viel erzählt. Dass es jetzt um Posten und Macht ginge. Aber diese Erzählung ist die...
Gepostet von Herbert Kickl am Mittwoch, 5. Februar 2025
ÖVP kann nicht nachgeben
Die ÖVP steckt damit in einem Dilemma. Sollte sie der FPÖ die Schlüsselministerien überlassen, würde sie sich selbst auf die Nebenrolle einer Juniorpartnerin degradieren. Dass die ÖVP unter solchen Bedingungen in eine Regierung geht, hält Filzmaier für ausgeschlossen. Ein Blick in die Vergangenheit bekräftigt das: „Als SPÖ-Kanzler Gusenbauer 2006 die ÖVP als fast gleich großen Juniorpartner in die Regierung holte, bekam die ÖVP die wichtigsten Ministerien – und das war der Anfang vom Ende für Gusenbauer.“ Sollte die ÖVP dementsprechend im Machtpoker nachgeben, müsse man annehmen, sie habe nicht aus der Geschichte gelernt.
Was steckt hinter der FPÖ-Taktik?
Die FPÖ hat in den vergangenen Tagen einige Punkte ins Treffen gebracht, bei denen die ÖVP nicht wirklich mitkann. Darunter neben der genannten Bankenabgabe Tempo 150 auf Autobahnen, Deutschpflicht an Universitäten, (illegale) Pushbacks und das Drängen auf „Remigration“ (ein rechtsextremer Kampfbegriff). Ob die FPÖ die Verhandlungen absichtlich in eine Sackgasse manövrieren will, um die ÖVP zum Abbruch zu drängen, will Wolf wissen. Filzmaier hält das zwar für denkbar, ortet aber eine andere Strategie: „Ich sehe schon den Kanzlerwillen von Herbert Kickl. Und außerdem könnte man das, wenn man es wirklich zum Scheitern bringen will, mit eleganteren Vorschlägen machen. Ich sehe das eher so, dass man 10 oder auch 100 Vorschläge macht, die eine pure Provokation sind – damit vielleicht einer durchgeht.“
Szenarien für ein Scheitern
Falls die Gespräche doch scheitern, blieben nur wenige Alternativen. Neuwahlen wären frühestens Ende Mai oder Anfang Juni möglich. Die FPÖ könnte zwar zulegen, müsste aber trotzdem wieder mit der ÖVP verhandeln. Neue Verhandlungen mit der SPÖ und den NEOS hält Filzmaier für unwahrscheinlich: „Dafür fehlt mir die Vorstellungskraft.“ Auch die Ernennung einer Expertenregierung wäre schwierig, weil sie eine breite Mehrheit im Parlament bräuchte.
Koalition wahrscheinlich
Trotz aller Differenzen ist Filzmaier weiterhin sicher, dass eine FPÖ-ÖVP-Koalition zustande kommt. Sein Argument: Beide Parteien wären ohne Einigung in einer schlechteren Ausgangsposition. Besonders die ÖVP hätte wenig Spielraum, weil sie ohne Koalitionspartner noch weiter an Einfluss verlieren würde. Seine klare Schlussfolgerung: „Nach logischen Vernunftskriterien müssten sich FPÖ und ÖVP einigen, weil beide im Nicht-Einigungsfall schlechter dastehen.“