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Ukraine-Krieg
Ein ukrainisacher Soldat begutachtet eine zerstörte Schule in einem Vorort von Charkiw.
Ein ukrainisacher Soldat begutachtet eine zerstörte Schule in einem Vorort von Charkiw.
Bernat Armangue / AP / picturedesk.com

Die Profiteure des Ukraine-Kriegs

15.06.2022 um 15:03, Klaus Schobesberger
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Jeder Krieg hat auch seine Profiteure. Wir haben uns vier Kriegsgewinner angesehen.

Der Krieg kennt keine Sieger, am Ende verlieren alle Beteiligten. Dieses dem Militärtheoretiker Carl von Clausewitz untergeschobene Zitat hat man seit dem Ausbruch des Ukrainekriegs in abgewandelter Form oft gehört. Aber stimmt es auch? Für die Kriegsparteien in den meisten Fällen schon. Jeder Krieg hat aber seine Profiteure. Der deutsche Sprachschatz kennt das negativ besetzte Wort "Kriegsgewinnler", das etwa auf Alfred Krupp (1811-1887) gemünzt wurde. Der Industrielle ging als "Kanonenkönig" in die Geschichte ein. Er lieferte seine patentierten Stahlgeschütze an alle Kriegsparteien Europas und nach seinem Tod profitierte das Unternehmen von der enormen Aufrüstung in zwei Weltkriegen. Ohne Zweifel: Die Waffenhersteller zählen bei jedem militärischen Konflikt zu den ersten und wichtigsten Profiteuren.
Schwierige Lage für ukrainische Armee
Schwierige Lage für ukrainische Armee.

1. Die Rüstungsindustrie

Die Rüstungsausgaben steigen europaweit an. In seiner historischen "Zeitenwende"-Rede kurz nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine hat Kanzler Olaf Scholz (SPD) mit Krediten von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr aufhorchen lassen. Es ist das größte Rüstungspaket der bundesdeutschen Geschichte. Vor wenigen Tagen stimmte der Bundestag dem Sondervermögen und der damit verbundenen Grundgesetzänderung, um die "Schuldenbremse" umgehen zu können, zu. Im Vergleich dazu nimmt sich die geplante Anhebung des Heeresbudgets von 2,75 auf 4 Milliarden Euro in Österreich bescheiden aus. Die Militärbranche hatte vor kurzem noch ein miserables Image. Vormals friedensbewegte Grün-Politiker setzen sich heute für die Lieferung schwerer Waffen in  die Ukraine ein. Auch unter Anlegern sind Aktien von Panzerbauern plötzlich wieder hip. Die Aktie von Rheinmetall, dem größten deutschen Rüstungskonzern, legte in den letzten sechs Monaten um 156 Prozent zu. Jene der britischen BAE Systems (Kampfjets) um 43 Prozent. US-Hersteller Lockheed Martin, mit 58 Milliarden US-Dollar Jahresumsatz die weltweite Nummer eins, konnte einen Kursgewinn von 29,3 Prozent verbuchen. Die Investmentbank Goldman Sachs hat für die Rüstungsindustrie einen "Superzyklus" identifiziert. Das bedeutet hohe und steigende Gewinnen für einen längeren Zeitraum.

 

Ölförderung
Ölförderung

2. Die Ölgesellschaften

Ölkonzerne haben seit Klimakrise und Energiewende ein mieses Image und gelten wie die Zigarettenindustrie als Auslaufmodell. Doch seit dem Krieg machen sie ordentlich Kasse. Shell hat den höchsten Quartalsgewinn seiner Geschichte eingefahren und profitiert damit von den explodierenden Preisen im Geschäft mit Erdöl und Erdgas. Europas größter Ölkonzern ist weniger in Russlandgeschäfte involviert als die Mitbewerber BP oder der französische Konzern Total. Der Gewinn verdreifachte sich gegenüber dem Vorjahreszeitraum auf 9,1 Milliarden Dollar (8,6 Milliarden Euro). Der Aktienkurs stieg seit Jahresbeginn um 16 Prozent. Vom Krieg in der Ukraine profitieren auch Ölfeldausrüster wie das an der Wiener Börse notierte Unternehmen Schoeller Bleckmann. In vielen Regionen wird verstärkt in Exploration und Produktion investiert, um Versorgungssicherheit mit Öl und Gas zu gewährleisten. Der Auftragseingang hat sich im ersten Quartal im Vergleich zum Vorjahr mit 129,1 Mio. Euro mehr als verdoppelt, der Umsatz stieg um 70 Prozent auf 100,5 Mio. Euro.

 

Stromkonzern
Stromkonzern

3. Die Stromkonzerne

Bis zu 200 Milliarden Euro an zusätzlichen Gewinnen werden die Stromkonzerne in der Europäischen Union dieses Jahr verbuchen, sollten die Strompreise auf diesem hohem Niveau bleiben. Das hat die Internationalen Energieagentur in Paris hochgerechnet. In Österreich geriet der Verbund-Konzern heftig in die Kritik. Der teilprivatisierte Stromkonzern erzeugt 97 Prozent des Stroms aus eigener Wasserkraft – mit Kraftwerken, die großteils abgeschrieben sind. Der Gewinn hat sich im ersten Quartal verdreifacht. Erwartet wird ein Jahresprofit von zwei Milliarden Euro. Für Wirbel sorgte die Ankündigung von Kanzler Karl Nehammer, eine Gewinnabschöpfung prüfen zu lassen. Motto: Es kann nicht sein, dass Stromgesellschaften vom Krieg profitieren und der Bürger für hohe Strompreise das Doppelte berappen muss. In ganz Europa werden solche Überlegungen angestellt. Etwa in Italien. Regierungs-Chef Mario Draghi gewährt Tankrabatte für die Bevölkerung und Ausgleichszahlungen für Stromkunden. Die Milliardenkosten werden zum Teil gegenfinanziert mit einer "Solidaritätsabgabe" von Strom- und Ölkonzernen, was nichts anderes wie eine Übergewinnsteuer von Unternehmen ist. In Großbritannien ist eine fünf Milliarden Pfund (5,8 Milliarden Euro) schwere "Windfall Tax" für Strom- und Ölkonzerne im Gespräch. "Windfall" kann mit Fallobst oder Geldregen übersetzt werden und suggeriert, dass Konzerne ohne eigenes Zutun ein Vielfaches an Gewinnen aufgrund einer Kriegssituation einstreifen.

 

Riad, Saudi-Arabien
King Abdullah Finanz-Distrikt (KAFD) in der saudischen Hauptstadt Riad.

4. Die Staaten

Auch Staaten gehören zu den Profiteuren des Ukraine-Kriegs. Drei sind ganz besonders zu nennen: Saudi-Arabien, Norwegen und die Schweiz. Das Scheichtum am Golf profitiert nicht nur politisch vom Konflikt in der Ukraine, sondern vor allem auch wirtschaftlich. Beim weltgrößten Ölkonzern Saudi Aramco sprudeln die Gewinne wie nie, Milliarden fließen in die Staatskasse. Dasselbe gilt auch für Norwegen. Das skandinavische Land ist ein klarer Gewinner des Kriegs. Aufgrund der hohen Preise und Nachfrage könnte Norwegen 150 Milliarden Euro zusätzliche Einnahmen aus Öl- und Gaslieferungen generieren. Die neutrale Schweiz wiederum hat nicht nur eine beachtliche Rüstungsindustrie mit der NATO als Hauptkundin, sondern ist auch eine internationale Drehscheibe für den Rohstoffhandel. 80 Prozent des russischen Rohstoffhandels werden über Schweiz abgewickelt. Mit internationalen Öl-Embargo gegen Russland steigt allerdings der Druck auf die Eidgenossen. Das Binnenland Schweiz ist auch der viertgrößte Reedereistandort Europas. In Genf sitzt MSC, die inzwischen größte Container-Reederei der Welt. Insgesamt werden rund 1.000 Schiffe aus der Schweiz bereedert. Einschließlich der Schiffe, die von den Rohstoffhändlern gechartert werden, kommt man auf 2.600 Schiffe, die großteils unter der Flagge von Panama und anderen Billigflaggen fahren, sagt der Buchautor und Korruptionsjäger Mark Pieth.

 

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