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Robert Eichenauer
Montage Chris Zenz

Destruktiver Kickl-Wegscheider-Grosz-Style

09.07.2022 um 12:31, A B
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Wie unter einem Brennglas treten in Krisenzeiten menschliche Eigenschaften stärker zu Tage.

Während der letzten 2 Jahre hat sich die Gesellschaft im Großen und Ganzen in zwei Typen von Menschen aufgespalten. In jene, die konstruktiv mit einer Problemstellung umgehen oder zumindest an der Lösung selbiger mitwirken und jene, die mit Destruktivität reagieren. Zur ersten Gruppe zählen jedenfalls die Wissenschaftler. Es ist eine unfassbare Leistung und nur aufgrund einer globalen Anstrengung möglich geworden, dass so rasch ein Corona-Impfstoff entwickelt und somit das Schlimmste verhindert werden konnte. Weiters ist dem Gesundheitspersonal zu danken. Unter zum Teil widrigen Umständen und Selbstgefährdung haben sie Großartiges geleistet und den Schaden einigermaßen geringgehalten. Und ja – zu dieser Gruppe zähle ich auch die Politiker, die nach bestem Wissen und Gewissen extrem schwierige Entscheidungen zu treffen hatten.

Regierung verdient Kritik

Kommen wir nun zur destruktiven Gruppe. Angefeuert von diversen Rattenfängern tragen sie nichts zur Lösung, aber einiges zur Verschärfung bei. Diese Gruppe lehnt alles ab. Man will keine Impfung, keine Masken, keine Maßnahmen – nichts! Denn wir sind stark und können das Virus auch ohne Maßnahmen besiegen. Nun, einige Maulhelden mussten diesen Starrsinn mit dem Leben bezahlen. Traurig genug. Das soll nicht heißen, dass alles gut war, was die Regierung gemacht hat. Natürlich nicht. Viele Maßnahmen kamen zu spät, oder wurden zu spät wieder abgeschafft. Oft widersprachen sich die Verantwortlichen innerhalb weniger Wochen. Man hat eine Impfpflicht eingeführt, ohne sie zu exekutieren. Die Menschen kannten sich oft nicht aus, weil sich die Maßnahmen zu schnell änderten. Insgesamt hat die Kontinuität gefehlt.

Romantische Überhöhung

Das alles bietet Stoff für berechtigte Kritik. Sich in Telegram-Gruppen zusammen zu rotten, Regierungspolitiker permanent wüst zu beschimpfen und sich in romantisierender Überhöhung als Widerstandskämpfer zu gerieren, hat freilich nichts mit Kritik zu tun, sondern ist nicht mehr als der Kickl-Wegscheider-Grosz-Style: auf alles draufhauen, was sich bewegt! Durch diese Destruktivität wird den Konstruktiven die Arbeit erschwert. Das ist so, als müssten jene, die etwas zur Lösung der Probleme beitragen wollen, einen 100 Kilo-Rucksack mit sich herumtragen.

Sich in Politiker versetzen

Ich möchte alle, die so schnell mit Beschimpfungen und Schmähungen zur Hand sind, auffordern, sich einmal in die Rolle von Politikern zu versetzen. Würden Sie, wenn tausende Menschenleben davon abhängen, auch noch so locker drauf los entscheiden? Unter dem Motto: Lass ma laufen, wird schon gut gehen? Obwohl so gut wie alle anerkannten Wissenschaftler davon abraten? Nun, ich denke, das könnte ein lehrreiches Gedankenexperiment sein.
Es gab für die Pandemie keine Blaupause, es war von Anfang an eine Operation am offenen Herzen, die viel Improvisation verlangte. Ja, manche Entscheidungen waren falsch. Aber der Patient lebt noch.

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