101-jähriger ehemaliger KZ-Wärter verurteilt
Die Anklage lautete auf Beihilfe zum Mord in über 3.500 Fällen. Die Strafe: fünf Jahre Freiheitsentzug. "Das Gericht ist zur Überzeugung gelangt, dass Sie entgegen Ihren gegenteiligen Beteuerungen rund drei Jahre lang in dem Konzentrationslager als Wachmann tätig waren“, sagte der vorsitzende Richter bei der Begründung des Urteilsspruchs. Der Angeklagte habe damit die „Massenvernichtung bereitwillig unterstützt.“ Und: "Es gibt Orte, an denen man nicht bleiben darf, und Dinge, die man nicht machen darf. Hätten Sie das erkannt, säßen Sie heute nicht hier".
Arbeit in einem KZ gilt als Beihilfe zum Mord
Der Verurteilte, das ist der 101-jährige Josef S., der eine Tätigkeit als Wärter im KZ Sachsenhausen bis zuletzt abstritt. „Ich weiss überhaupt nicht, was ich getan haben soll“, so eine seiner Aussagen. Er stamme aus Litauen und sei vielmehr während der Jahre 1942 bis 1945 Landarbeiter gewesen. Das Landgereicht Neuruppin glaubte ihm mit Verweis auf zahlreiche überlieferte schriftliche Dokumente nicht. Josef S. dürfte einer der letzten aus der NS-Tätergeneration sein, der verurteilt wird. Nach einer seit 2011 in Deutschland üblichen Rechtspraxis gilt auch eine allgemeine Funktion in einem KZ ohne nachweisbare Tat automatisch als Beihilfe zum Mord. Die Ermittlungen gegen Josef S. begannen 2019 mit einer Hausdurchsuchung, für den Prozess musste das Gericht in eine Sporthalle am Wohnort des Angeklagten ziehen.