Vorhang auf und Popcorn raus!
Die ersten bewegten Bilder entstanden 1872 durch einen Fotografen, der Serienfotografen anfertigte, die dann ein galoppierendes Pferd in Bewegung zeigten. Seit damals hat sich viel getan. Erst kam der Stummfilm, der wurde 1927 vom ersten Tonfilm verdrängt und leitete die klassische Hollywood-Ära ein. Zu den ersten amerikanischen Blockbustern gehören „Vom Winde verweht“ und „Citizen Kane“, beide sind ein absolutes Muss für alle Cineasten. Der erste Mehrschichtfarbfilm wurde 1936 präsentiert und die Kinogeschichte nahm seitdem ihren Lauf. Arthouse. In Arthouse-Kinos stehen Filme mit nicht kommerziellem Interesse im Vordergrund. Sie entstanden bereits in den 1920er Jahren in den USA, in den 1970er und 1980er Jahren etablierten sie sich als Spielstätten für den Independent-Film. Die oft künstlerisch anspruchsvollen Filme heben sich vom Mainstream ab, weil sie nicht immer leicht verdaulich sind, Kritik an der Gesellschaft üben, innovative und unkonventionelle Ideen verarbeiten und philosophische Fragen aufwerfen. Oft mit geringen Budgets produziert, stammen cineastische Perlen aus den unterschiedlichsten Ländern und werden jährlich bei internationalen Filmfestivals präsentiert. Abseits des Mainstreams warten fünf cineastische Freuden aus den vergangenen Jahren, die man einfach gesehen haben muss.
Lady Bird / US, 2017
Der Alltag von Christine „Lady Bird“ McPherson im kalifornischen Sacramento besteht aus Highschool-Routine, Familientrouble und ersten ernüchternden Erfahrungen mit Jungs. Kein Wunder also, dass die 17-Jährige davon träumt, flügge zu werden. Im echten Leben rebelliert sie mit Leidenschaft und Dickköpfigkeit gegen die Enge in ihrem Elternhaus. Doch allzu leicht macht ihre Mut er dem eigenwillig-aufgeweckten Teenager die Abnabelung natürlich nicht, und so ziehen alle beide zwischen Trott, Wut und Resignation immer wieder sämtliche Gefühlsregister.
Auf unwiderstehlich charmante und berührend wahrhaftige Weise zeigt „Lady Bird“, was es heißt, erwachsen zu werden. Dabei richtet Greta Gerwig als Regisseurin ihren sehr persönlichen und originellen Blick nicht zuletzt auf eine ungewöhnlich intensive Mutter-Tochter-Beziehung, in der jede Menge Potenzial für emotionale Konflikte, aber auch von Herzen kommende Komik steckt. Mit der Geschichte des rebellischen Mädchens, das sich in Sacramento so fehl am Platz fühlt, kann man sich nicht zuletzt wegen der schauspielerischen Meisterleistung von Saoirse Ronan so gut identifizieren.
Belfast / UK, 2021
Sommer 1969 in der nordirischen Hauptstadt. Der neunjährige Buddy, Sohn einer typischen Familie aus der Arbeiterklasse, liebt Kinobesuche, Matchbox-Autos und seine hingebungsvollen Großeltern, außerdem schwärmt er für eine seiner Mitschülerinnen. Doch als die gesellschaftspolitischen Spannungen in Belfast eskalieren und es sogar in der sonst so harmonischen Nachbarschaft zu Gewaltausbrüchen kommt, findet seine idyllische Kindheit ein jähes Ende. Buddy bleibt nichts anderes übrig, als langsam erwachsen zu werden, ohne allerdings seine Lebensfreude und sein Lachen zu verlieren.
Die tiefen, liebevollen und bewegenden Einblicke, die der Regisseur in den Alltag seiner Heimatstadt und ihrer Bewohner gibt, basieren auf seinen ganz persönlichen Erfahrungen und Erinnerungen. Vor der Kamera seines selbst geschriebenen Films versammelt er ein hochkarätiges Ensemble, zu dem neben der „Golden Globe“-nominierten Caitríona Balfe („Outlander“), Oscar-Gewinnerin Judi Dench („Shakespeare in Love“), Jamie Dornan („Fifty Shades of Grey“) und Ciarán Hinds („Dame, König, As, Spion“) auch der fantastische zehnjährige Newcomer Jude Hill in der Hauptrolle gehört.
Manchester By The Sea / US, 2016
Lee Chandler ist ein schweigsamer Einzelgänger, der als Handwerker eines Wohnblocks in Boston arbeitet. An einem feuchtkalten Wintertag erhält er einen Anruf, der sein Leben auf einen Schlag verändert. Das Herz seines Bruders Joe steht still. Nun soll Lee die Verantwortung für seinen 16-jährigen Neff en Patrick übernehmen. Widerwillig kehrt er in seine Heimat, die Hafenstadt Manchester-by-the-Sea, zurück. Ist Lee der neuen Herausforderung gewachsen und kann die Begegnung mit seiner (Ex-)Frau Randi, mit der er einst ein chaotisches, aber glückliches Leben führte, die alten Wunden heilen?
Der Regisseur Kenneth Lonergan erzählt in ruhigen und starken Bildern mit einem herausragenden Casey Affleck, wie es ist, wenn normalen Menschen schier Unfassbares passiert. Ebenfalls erstklassig ist das Ensemble, das Affleck umgibt. Zutiefst berührend und gleichzeitig aufwühlend wird die Geschichte eines Mannes erzählt, der sich nicht nur mit einer neuen Verantwortung, sondern auch mit der Vergangenheit konfrontiert sieht. Eine feinfühlige Kameraführung, das kluge Drehbuch und der herausragende Cast machen den Film zu einem bleibenden und ergreifenden Erlebnis.
Call Me By Your Name / IT, 2017
Die Geschichte einer ersten Liebe: Den Sommer des Jahres 1983 verbringt der altkluge 17-jährige Elio Perlman mit seinen Eltern in Norditalien und fühlt sich bald zu einem älteren Mann hingezogen. Im wunderschönen Ambiente der historischen Villa der Familie verbringt der Junge seinen Sommer damit, klassische Musik zu spielen, zu transkribieren und zu lesen. Inmitten jener prächtigen, sonnengetränkten Szenerie lernt er den 24-jährigen Doktoranden Oliver kennen und das auf glühende Verlangen der Männer wird filmisch und musikalisch berührend erzählt.
Bildgewaltig inszeniert das Drama die erste Liebe eines jungen Mannes. Mit viel Feingefühl gelingt es dem Film, die komplexen Gefühle, Erwartungen und Gedanken der Figuren überzeugend zu vermitteln, ohne dabei plakativ zu werden. Die Liebe zwischen den beiden Männern wird so leicht und doch emotional erschütternd erzählt, während die Sinnlichkeit jener ersten Liebe in jeder Szene spürbar ist. Im intellektuellen Ambiente – Elios Vater ist Professor griechisch-römischer Kultur und seine Mutter Übersetzerin – auf dem italienischen Land changiert die Liebesgeschichte zwischen Verbot und Leidenschaft.
Three Billboards Outside Ebbing, Missouri / UK/IRL 2017
Am Ortseingang von Ebbing stehen jene drei mächtigen und mächtig heruntergekommenen Reklametafeln, die Mildred Hayes auf eine Idee bringen: Warum nicht auf eben diesen Tafeln eine riesige öffentliche Anklage an die Polizei des Ortes im US-amerikanischen Bundesstaat Missouri formulieren, die Monate nach dem gewaltsamen Tod ihrer Tochter noch immer keinen Schritt weiter ist? Die kurzen Wortfolgen, die schon bald auf den Tafeln prangen, lassen eine Welle der Abwehr, Aggression und Gewalt losbrechen, die Bevölkerung und Polizei des Städtchens zwingt, Position zu beziehen.
Nicht ohne Grund wurde die einzigartige Frances McDormand für ihre Leistung 2018 als „Beste Hauptdarstellerin“ mit einem Oscar ausgezeichnet. Die Plakatwände aus dem Film dienten als Vorbild für verschiede ne Protestaktionen der vergangenen Jahre. Außerdem stellt der Film ethische und philosophische Fragen zum Thema „Schuld und Sühne“ und zum Umgang mit Verlust und Trauer. Zwischen schwarzer Komödie und Rachethriller angesiedelt, erzählt „Three Billboards“ von eskalierenden Konflikten und gravierenden Missständen der rassistischen Polizei, und die scharfsinnigen Dialoge regen zum Nachdenken und Handeln an.