Direkt zum Inhalt
GREBESHKOVMAXIM / ISTOCK / GETTY IMAGES PLUS, PALI RAO / E+

Upper Austria´s Best - packen wir´s an!

06.02.2024 um 15:21, Klaus Schobesberger
min read
Der Tourismus boomt, die Wirtschaft ist im Umbau und Unternehmen wollen weniger Bürokratie sowie mehr Leistung. Oberösterreich bleibt dynamisch.

Ein Sonntag im Januar. Kaiserwetter am Dachstein, in Hinterstoder und auf der Wurzeralm. Die Liftanlagen surren, der gut präparierte Schnee knirscht unter den Skiern, in den Berghütten ist die Wolfgang-­Ambros-Hymne „Schifoan“ zu hören. Man glaubt es kaum: Auch wenn für die aktuelle Wintersaison noch keine offiziellen Zahlen vorliegen, berichten Touristiker von vollen Pisten und einer sehr guten Buchungslage. Vor allem ausländische Urlauber strömen vermehrt ins Land. Rekordzahlen vermelden auch der heimische Skihandel und Skiverleih. Wie ist das möglich? Wurden wegen steigender Preise und schneeloser Pisten nicht Horrorszenarien an die Wand gemalt? Offenbar gab es den prognostizierten Inflationsschock nicht, insbesondere im oberen Einkommensdrittel wurden die Auswirkungen der Teuerung überbewertet. Bereits die Wintersaison 2022/2023 war mit 3,07 Millionen Übernachtungen die zweitbeste seit Beginn der Aufzeichnungen in Oberösterreich.

Skifoan
Trotz der Teuerung kommen viele Touristen aus dem In- und Ausland in die Wintersportorte Oberösterreichs.

Super-Kulturjahr 2024.
Die aktuelle Saison könnte noch mehr Gäste bringen – dank eines verbesserten Angebots bei Liftanlagen und Unterkünften. So wurde im Dezember in Hinterstoder etwa das Triforêt alpin.resort mit Hotel und 20 Chalets eröffnet. Insgesamt toppte das Tourismusjahr 2023 mit 8,64 Millionen Übernachtungen sogar den bisherigen Rekord von 2019. Die Landeshauptstadt Linz zählte im Vorjahr erstmals in ihrer Geschichte mehr als eine Million Nächtigungen. „Ich bin überzeugt, dass dieser Aufschwung in der Buchungslage im Super-Kulturjahr 2024 mitgenommen werden kann“, sagt Wirtschafts- und Tourismuslandesrat Markus Achleitner. Schon das Eröffnungswochenende der Europäischen Kulturhauptstadt Bad Ischl – Salzkammergut 2024 am 20. und 21. Januar lockte trotz Unkenrufen und klirrender Kälte Tausende Gäste an. Ein Besucherstrom wird überdies zum „Brucknerjahr“ erwartet – vor 200 Jahren wurde der bedeutende Komponist Anton Bruckner in Ansfelden bei Linz geboren. Ein Höhepunkt zum Auftakt: Am 23. März gastieren Zubin Mehta und die Wiener Philharmoniker im Linzer Brucknerhaus, das an diesem Tag vor 50 Jahren eröffnet wurde. Schlechte Stimmung? Jedenfalls nicht, wenn es um den Urlaub und die eigene Freizeitgestaltung geht. Das zeigen zahlreiche Umfragen. Man lässt sich in der kalten Jahreszeit nicht gern die Laune vermiesen. Oder anders ausgedrückt: lieber Einkehrschwung in den Alpen statt Abschwungsde­pression zu Hause.

Herbert Eibensteiner

Wir brauchen rasch ein Bündel an Maßnahmen gegen die hohen Energiepreise und fordern von Brüssel eine Regulierungspause.

Herbert Eibensteiner, CEO voestalpine AG

Psychologie-Faktor.
Stimmung ist nicht alles, aber dennoch ein wichtiger Konjunkturfaktor. 50 Prozent der Wirtschaft sind Psychologie, soll schon der legendäre deutsche „Wirtschaftswunder“-Kanzler Ludwig Erhard gesagt haben. Ob das Glas halbvoll oder halbleer ist, liegt allein im Auge des Betrachters. Ist es nicht einerlei, ob Menschen vorwiegend optimistisch oder pessimistisch in die Zukunft blicken? Nein, denn die wahrgenommene Zukunftsperspektive hat Auswirkungen auf den Konsum, die Urlaubsplanung oder die Investitionstätigkeit von Unternehmen. Dieses Prinzip gilt für die USA als weltweit größte Volkswirtschaft – aber auch für ein Bundesland wie Oberösterreich.

Musi
Das Salzkammergut profitiert von einem neuen Kulturtourismus.

Fast 70 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in den Vereinigten Staaten sind vom Konsum getrieben. Nirgendwo wird exzessiver geshoppt als im Land der unbegrenzten Kreditkarten-Sammlungen. Deshalb spielt die Konsumstimmung in Amerika eine viel zentralere Rolle als in anderen Erdteilen. Österreich kann dafür dank seines starken Tourismus Krisen in anderen Wirtschaftssektoren besser abfedern. Da tut sich Deutschland mit seiner dominierenden Automobil- und Chemieindustrie deutlich schwerer, wenn diese – wie aktuell – konjunkturbedingt nicht vom Fleck kommen. In Österreich wiederum zeigt der erwähnte heimische Skisport, wie ein starker Dienstleistungs- und Produktionssektor sich gegenseitig befruchten können. Jeder zweite produzierte Ski weltweit kommt von einer österreichischen Marke. Nach Frankreich ist die Alpenrepublik der größte Skimarkt Europas. Das hat Tradition: Die 1924 gegründete Fischer Sports mit Sitz in Ried im Innkreis ist ein Pionier der Ski-Erzeugung und feiert heuer ihr hundertjähriges Jubiläum. Im direkten Umfeld haben sich Firmen-Champions wie Fill, Wintersteiger oder Langzauner als Weltmarktführer etabliert, ohne deren Maschinen und Spezial-Know-how heute kaum ein Skihersteller auskommen kann.

Fischer
Fischer Sports, 1924 gegründet, ist ein Pionier der SKi-Erzeugung und feiert heuer hunderjähriges Jubiläum. Die Innviertler beschäftigen rund 1.500 Mitarbeiter.

Export-Motor.
Diese überwiegend familiengeführten Unternehmen bilden das Rückgrat der oberösterreichischen Exportwirtschaft. Einer der Leitbetriebe ist Engel aus Schwertberg, Weltmarktführer bei Spritzgießmaschinen. Diese Hightech-Wunderwerke bringen erhitztes Kunststoff­granulat in jede gewünschte Form – vom Brillenrahmen über die Lego-Steine bis hin zu den PET-Flaschen mit Drehverschlüssen, die neuerdings an den Flaschen hängen bleiben. Das Mühlviertler Unternehmen weist eine Exportquote von 95 Prozent auf, beschäftigt 7.400 Mitarbeiter und erzielte 2023 einen Rekordumsatz von 1,7 Milliarden Euro. Dass sich Firmen wie Engel auch in schwierigen Zeiten auf globalen Märkten beweisen konnten, zeigt der Blick in die Statistik: Mit einem Plus von 9,3 Prozent an Exportumsätzen verzeichnet Oberösterreich im ersten Halbjahr 2023 nach Wien das höchste Exportwachstum. „Mit 7,6 Milliarden Euro wurde der höchste Handelsbilanzüberschuss aller Bundesländer in den ersten sechs Monaten des Vorjahres erzielt. Es ist ein überwiegend inflationsbedingtes nominelles Wachstum. Dennoch ist es ein Grund zur Freude, denn höhere Preise muss man auf den internationalen Märkten und gegenüber dem internationalen Mitbewerb erst einmal durchsetzen können“, sagt Robert Leitner, Präsident des Export Clubs Oberösterreich und Leiter der Außenwirtschaft der Wirtschaftskammer OÖ. Allerdings kommen Exporteure immer mehr unter Druck.

Robert Leitner

Mit 7,6 Milliarden Euro wurde der höchste Handelsbilanzüberschuss aller Bundesländer in den ersten sechs Monaten des Vorjahres erreicht.

Robert Leitner, Präsident Export Club OÖ & Leiter Außenwirtschaft der WIrtschaftskammer OÖ
Engel
Der Spritzgieß-Hersteller Engel erzielte 2023 einen Umsatzrekord und kämpft aktuell mit Auftragsrückgängen.
Joachim Haindl-Grutsch
Europa reguliert sich in den Stillstand, warnt die Industriellenvereinigung.

Standort-Problem.
Auftragsstände schwinden in manchen Branchen wie der Schnee an warmen Frühlingstagen, weil der wichtigste Handelspartner Deutschland schwächelt. „Mehr als ein Drittel unserer Exporte geht nach Deutschland. Ein wirtschaftlich schwaches Deutschland hat daher spürbare negative Auswirkungen auf die oberösterreichische Wirtschaft“, sagt Doris Hummer, Präsidentin der Wirtschaftskammer OÖ. Teure Energie, hohe Abgabenlast, anhaltende Inflation, enorme Lohnkostensteigerungen und überzogene EU­-Regeln wie das Lieferkettengesetz treffen das Industrieherz der Republik. Gemeinsam mit dem Fachkräftemangel ist das eine fatale Mischung für die Wettbewerbsfähigkeit. „Wir sehen unseren Standort am Pannen- streifen mit eingeschalteter Warnblinkanlage, wo gewartet wird, dass die Pannenhilfe kommt“, sagt Joachim Haindl-Grutsch, Geschäftsführer der Industriellenvereinigung Oberösterreich (IV OÖ). „Die richtig großen, global aufgestellten Leitbetriebe investieren bereits woanders. Sorgen bereiten mir die Klein- und Mittelbetriebe, die ihre Kosten nicht in günstigere Standorte im Ausland verlagern können“, sagt KTM-Chef und IV-OÖ-Präsident Stefan Pierer. Es müssen rasch viele Hebel in Bewegung gesetzt werden, um wieder mithalten zu können. Zum Beispiel, dass sich Leistung wieder lohnt und dem Arbeitnehmer mehr netto vom brutto bleibt. Positiv erwähnt Pierer die duale Ausbildung. „Die Lehre gewinnt an Attraktivität“, sagt der KTM-Chef und verweist auf sein eigenes Unternehmen. Ein Drittel der Lehrlingsbewerber hat Matura.

Lehre
Die flehre ist die beliebteste Ausbildungsform bei der Jugend.

Optimismus is back.
Die Welt glich in den vergangenen drei Jahren mit den steilen Aufs und Abs von Corona bis zur Energiekrise einer wilden Achterbahnfahrt. Wo befinden wir uns am Beginn des Jahres 2024? Positive Signale kommen von den Aktienmärkten, die am Jahresende mit einem Kursfeuerwerk wieder Höchststände verzeichneten. „Die Börsen sind der Realwirtschaft mittlerweile um Monate voraus. Der Kapitalmarkt sprüht vor Optimismus“, sagt Oberbank-Vorstand Martin Seiter. Ein Grund sind erwartete Zinssenkungen durch die Notenbanken. Damit könnte der private Wohnbau in Oberösterreich heuer wieder anspringen. Auch die Stimmung bei Wirtschaftsbossen ist besser als vor einem Jahr, wie eine aktuelle Studie des Beratungsunternehmens PwC zeigt. Demnach hat sich in Österreich der Anteil der Führungskräfte, die von einem globalen Wirtschaftswachstum in den nächsten zwölf Monaten ausgehen, im Vergleich zum Vorjahr von 22 auf 44 Prozent beinahe verdoppelt. Fast ein Drittel der CEOs ist davon überzeugt, dass ihre Unternehmen ohne grundlegende Transformation in einem Jahrzehnt nicht mehr überlebensfähig sein werden. Wie grundlegend die Wirtschaft im Umbau ist, zeigen zwei Leitbetriebe: die voestalpine in Linz und BMW Motoren in Steyr.

Grüne Energie
Ohne massiven Ausbau der Energienetze wird der Weg zur Klimaneutralität nicht gelingen.

Transformation.
Das 1,5 Milliarden Euro schwere Projekt „greentec steel“ der voestalpine ist eines der größten Umbauprojekte der österreichischen Industriegeschichte. In Linz und Donawitz werden zwei der fünf Hochöfen durch betriebene Elektrolichtbogenöfen ersetzt. In drei Jahren sollen die CO2-Emissionen des Stahlherstellers um 30 Prozent gesenkt werden, was gesamtösterreichisch um fünf Prozent weniger Treibhausgase bedeutet. 2050 will die „Vöest“ klimaneutral sein. Weil bei der angestrebten Transformation zu grüner Stahlproduktion der Strombedarf immens steigen wird, muss die Politik rasch handeln, sagt voestalpine-Chef Herbert Eibensteiner: „Wir brauchen rasch ein Bündel an Maßnahmen gegen die hohen Energiepreise und fordern von Brüssel eine Regulierungspause.“ Regelungen für den beschleunigten Netzausbau, effizientere Regelungen für den Energie-Import als auch die raschere Bereitstellung von Flächen für die Energieerzeugung seien enorm wichtig. Die heimische Industrie muss sich „transformieren“ und gleichzeitig bei steigenden Energie- und Lohnkosten wettbewerbsfähig bleiben. Dieses Kunststück will dem Autohersteller BMW gelingen, der in seinem Stammwerk in München bald nur noch vollelektrische Modelle produziert. 650 Millionen Euro werden investiert und 1.200 Mitarbeiter umgeschult oder versetzt. Davon profitiert das BMW-Motorenwerk Steyr, in dem neben Verbrennern auch Elektroantriebe gefertigt werden.

Saori Dubourg
Im März tritt Top-Managerin Saori Dubourg ihren Job als CEO bei Greiner in Kremsmünster an.

Starke Signale.
Ebenfalls in die Zukunft investiert die oberösterreichische Politik. 437,5 Millionen Euro beträgt das Standortbudget für 2024. Davon fließen erstmals über 100 Millionen Euro in Wissenschaft und Forschung. Für Achleitner ist das „ein Signal der Verlässlichkeit in stürmischen Zeiten“. Ein wichtiger Bereich ist die Wasserstoff-­Forschung, die in Ober­österreich Fahrt aufnimmt. Und auch in das Stromnetz wird investiert: Zwei Milliarden Euro stellt die Energie AG bis 2030 für den Ausbau und die Modernisierung dafür bereit; die Linz AG investiert 700 Millionen Euro in den Netzausbau. Starke Signale kommen auch aus den Chefetagen. Mit 1. April 2024 zieht mit Carola Richter erstmals eine Frau in den Vorstand der voestalpine ein. Für Schlagzeilen sorgte auch Saori Dubourg, die am 1. März ihren Job als Vorstandsvorsitzende beim Kunststoffhersteller Greiner in Kremsmünster antritt. Das Familienunternehmen setzte mit Verpackungen und Co. zuletzt 2,3 Milliarden Euro um und beschäftigt 11.600 Mitarbeiter in 32 Ländern. Dubourg war als Vorstand bei BASF tätig, dem größten Chemiekonzern der Welt, und „Managerin des Jahres“ in Deutschland. Im Rampenlicht wird 2024 der gebürtige Linzer und Paradesanierer Erhard Grossnigg stehen. Seine Aufgabe: die insolvente Signa-Gruppe vor dem Untergang zu retten. Um einen bekannten Werbeslogan zu zitieren: „Es gibt viel zu tun. Packen wir‘s an!“

Erhard Grossnigg
Gelingt dem gebürtigen Linzer Erhard Grossnigg die Rettung des insolventenSigna-Reichs?

more