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Wakolbinger

Mister Raiffeisen - Heinrich Schaller

09.02.2023 um 09:14, Klaus Schobesberger
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Er gilt als Oberösterreichs bestvernetzter Manager. Heinrich Schaller zieht im Interview Bilanz und spricht über die Zinswende und die Auswirkungen für Sparer und Häuslbauer.

Sie sind seit 2012 Generaldirektor der Raiff­eisen-landesbank Oberösterreich – wie sieht Ihre persönliche Bilanz aus?

Die RLB OÖ konnte in den vergan­genen Jahren die starke Position als Finanzpartner und wichtiger Impuls­geber weiter ausbauen. Die Rahmenbedingungen und das Umfeld haben sich in dieser Zeit stark gewandelt, speziell die Digitalisierung hat das Bankgeschäft fundamental verändert. Die RLB OÖ hat hier wichtige Weichen im Sinne unserer Kunden gestellt. Wichtig ist mir aber, auch das Unternehmen bestmöglich für die Zukunft aufzustellen. Dazu gehört unter ­anderem, dass wir eine starke und tragfähige Eigen­kapitaldecke aufgebaut haben.  

Pandemie, Krieg, Inflation. Die vergangenen Jahre waren heftig. Was bereitet Ihnen derzeit Sorgen?

Natürlich der Krieg in der Ukraine. Einerseits, weil sich hier Tag für Tag menschliche Tragödien abspielen und gerade jungen Generationen dadurch Perspektiven genommen werden. Andererseits hat der Krieg enorme wirtschaftliche Folgen, speziell für Europa. Energieintensive Branchen haben durch die aktuelle Energie­krise enorme Wettbewerbsnachteile.  

2022 brachte hohe Teuerungs­raten, aber auch die Zinswende. Worauf müssen sich Sparer und Kreditnehmer 2023 einstellen?

Die hohe Inflation wird nur sehr langsam abflachen. Man muss davon ausgehen, dass die Europäische Zentralbank 2023 deshalb die Zinsen weiter erhöht, wenn auch in kleineren Schritten. Ich halte die Zinserhöhungen für absolut richtig, die EZB hätte damit  viel früher auf die bereits erkennbare Inflation reagieren müssen. Kunden, die eine Finanzierung benötigen, müssen einerseits mit höheren Zinsen rechnen, laufende Kredite mit Fixverzinsung sind nicht betroffen. Andererseits werden klassische Sparformen wieder interessanter – man sollte auf jeden Fall auf einen breiten Mix setzen.

Wie wirken sich das veränderte Zinsumfeld und die Teuerung auf das Sparverhalten sowie bei der Nachfrage nach Krediten aus?

Am Beispiel der Wohnbaukredite sehen wir einen massiven Einbruch der Nachfrage, auch bedingt durch die seit Sommer geltenden strengeren Kreditvergaberegeln. Bei der Kredit­anzahl hatten wir bei Raiffeisen OÖ im Herbst einen Rückgang um mehr als 60 Prozent gegenüber 2021. Wir sehen auch, dass Kunden durch die Teuerung weniger Einkommen zur Verfügung haben, das sie veranlagen oder auf die Seite legen können.  

Wie würden Sie als einer der ­Top-Banker Österreichs derzeit 10.000 Euro anlegen?

Das kommt ganz darauf an, was ich mit diesem Geld später machen will bzw. wie langfristig ich dieses ­Kapital anlegen möchte. Wenn man in Wertpapiere veranlagen möchte, sind Fonds eine sehr sinnvolle Möglichkeit, weil man hier auch der eigenen Risikobereitschaft entsprechend investieren kann.  Der Traum vom Eigenheim wird durch die verschärften Regeln für Immobilienkredite für viele nur ein Traum bleiben.

Was raten Sie Ihren Kunden?  

Auch hier gilt es, die eigene finan­zielle Situation bzw. die Rahmenbedingungen für ein Immobilien-Projekt realistisch zu beurteilen und gegebenenfalls auch Abstriche zu machen. Ich hoffe, in Bezug auf die verschärften Regeln für Wohnbaukredite werden wir ­demnächst vernünftige Lockerungen sehen. Ich rate dazu, sich nicht schon im Vorhinein von den Vergaberegeln abschrecken zu lassen. Der persönliche Bankberater kann genau aufzeigen, was tatsächlich möglich und was nicht möglich ist.  

Wie dürfen wir uns Ihren beruflichen „Alltag“ vorstellen?  

Mein Tag ist natürlich sehr stark ­durchgetaktet, mit sehr vielen Terminen und Gesprächen zu unterschiedlichsten Themenbereichen. Die Herausforderung für einen Manager ist dabei, möglichst viele gute und auch wohlüberlegte Entscheidungen zu treffen. Das gelingt mir hoffentlich auch. 

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