Finanzielle Bildung - über Geld spricht man doch!
Über Geld spricht man nicht. Eine Redewendung, welche vermutlich viele unter uns von Kindesbeinen an verinnerlicht haben. Schließlich seien Finanzen Privatsache, Bescheidenheit ist angebracht und Prahlerei verpönt. Doch eine Enttabuisierung und mehr Transparenz hinsichtlich dieser Thematik wären äußerst wichtig und die Aufklärung sollte bereits bei den Kleinsten beginnen. Jugendliche, welche mit Geld als Tabuthema sozialisiert wurden, haben es später schwerer, sich mit Finanzthemen auseinanderzusetzen und im Bedarfsfall Rat einzuholen. Darüber hinaus war es vermutlich noch nie so wichtig wie heutzutage, Kinder im Umgang mit Geld zu schulen. Denn durch die Digitalisierung und Social Media ist es so einfach und schnell möglich, Geld auszugeben und dabei sehr leicht den Überblick zu verlieren. Man orientiert sich an Vorbildern aus dem Internet oder möchte, wie es ganz typisch für Heranwachsende ist, mit seinen Altersgenossen mithalten können. Markenkleidung und teure Handys etwa sind zu den Statussymbolen der heutigen Jugend avanciert, ungeachtet der vorhandenen finanziellen Mittel. Und dabei ist der Zugang zu Konsumgütern so leicht geworden, einkaufen lässt sich auch ohne das nötige Kleingeld. Gefährliche Trends, wie Schulden auf Klarna, einem schwedischen Zahlungsanbieter, zu machen, lässt ältere Generationen nur ungläubig den Kopf schütteln, ist allerdings für viele Jugendliche bittere Realität geworden. Per Mausklick wird auf Rechnung bestellt, bezahlt erst später. Umso wichtiger ist, dass Eltern, Pädagogen und der Staat diese sich entwickelnden Prozesse im Auge behalten und Kinder altersgerecht sowie vorausschauend an das Thema und seine Gefahren heranführen. Dass sie ein Bewusstsein dafür schaffen, was es bedeutet, nachhaltig mit seinem Budget zu wirtschaften, keine unnötigen Schulden zu machen, mithilfe von Kapital unabhängig zu werden und stets einen finanziellen Notgroschen in der Hinterhand zu haben.
Lauernde Gefahren.
Viele Menschen, Statistiken zufolge vermehrt Frauen, befassen sich zu lange nicht mit ihren Finanzen, kennen keine Richtwerte und wissen gar nicht erst, wie viel sie sich heute zur Seite schaffen müssten, um später im Alter abgesichert zu sein. Altersarmut ist allerdings keineswegs ein Phänomen, mit welchem nur Langzeiterwerbslose konfrontiert sind, sondern unglücklicherweise auch viele, die ihr Leben lang gearbeitet und regelmäßig in das staatliche Pensionssystem eingezahlt haben. Dieses baut darauf auf, dass die Beiträge der Erwerbstätigen von heute den Ruhestand derer, die bereits ihre Arbeitsjahre abgegolten haben, finanzieren. Eine abnehmende Fertilitätsrate sowie die Entwicklung der Alterspyramide hierzulande zeigen, dass künftig eine immer kleiner werdende Zahl von Berufstätigen eine steigende Zahl von Pensionisten finanzieren muss. Die Pensionierungswelle der Babyboomer, die bereits in vollem Gange ist, dünnt die Anzahl vorhandener Beitragszahler weiterhin aus und befeuert so die Problematik.
Ein zweites finanzielles Standbein zu schaffen und sich im privaten Rahmen Vorsorgealternativen zu suchen, wird auf lange Sicht unerlässlich werden. Erschwerend kommt hinzu, dass unser Pensionssystem auf der „lebenslangen Durchrechnung“ fußt und so werden schlechte Erwerbs- oder Nichterwerbsphasen, unbezahlte Fürsorgearbeitszeiten oder Perioden einer Arbeitslosigkeit ebenso miteingerechnet. Wenn man sich aus der Not heraus schließlich dazu überwunden hat, das leidige Thema anzusprechen, sei es im Privaten oder mit seinem Bankberater, ist es leider meist zu spät. Es gibt verschiedene Gründe, warum besonders Frauen statistisch derart benachteiligt sind. Einer wäre die unbezahlte Care-Arbeit, für die zumeist das weibliche Geschlecht Sorge trägt. Jahre, in welchen man über kein regelmäßiges Einkommen verfügt und damit nicht nur im Moment, sondern auch in der Zukunft in finanzielle Abhängigkeit gerät. Kommt es zu einer Scheidung, wie es in etwas mehr als jeder dritten Ehe der Fall ist, tritt das Ungleichgewicht einmal mehr zutage. Befragungen zeigen, dass sich viele Frauen mit einem insgeheim gehegten Trennungswunsch schließlich dagegen entscheiden, da sie allein ihren bisherigen Lebensstandard nicht nur nicht mehr länger aufrechterhalten können, sondern sich mit tatsächlicher Armut konfrontiert sehen. Auf weitere Herausforderungen soll später noch näher eingegangen werden, doch sei an dieser Stelle angemerkt, dass es sich bei oben genannten Phänomenen um strukturell festgefahrene Dynamiken handelt. Natürlich ist an diesen nicht alles schlecht, und wer sich mit Bewusstsein für sein gewähltes Lebensmodell entscheidet, ist im Bedarfsfall eher abgesichert. Problematisch kann es jedoch für jene Menschen werden, die unbewusst und selbstverständlich diesen Strukturen folgen und sich darauf verlassen, ohne Eigeninitiative wirtschaftlich stets abgesichert zu sein.
Armut macht krank.
Die finanziellen Einbußen einer Altersarmut gehen oftmals mit der Verschlechterung der Lebensqualität und auch einem erhöhten Krankheitsrisiko einher. Sich dauerhaft mit Geldsorgen abplagen zu müssen, schlägt auf die Psyche und in weiterer Folge auch auf die körperliche Gesundheit. Probleme mit dem Bewegungsapparat sowie dem Herz-Kreislauf-System sind häufig die ersten Anzeichen, dass sich die mentale Belastung negativ auf die Physis auswirkt. Hinzu kommt, dass die zur Verfügung stehenden Mittel in direktem Zusammenhang mit dem geführten Lebensstil stehen. Menschen, die über ein geringes Einkommen verfügen, sparen häufig bei den Lebensmitteln und der Qualität dieser und treiben darüber hinaus seltener Sport als besser situierte.
Pensionssplitting als Lösung?
Um dem finanziellen Ungleichgewicht, welches durch verschieden hohe Kinderbetreuungszeiten zwischen Eltern auf dem jeweiligen Pensionskonto entstehen kann, entgegenzuwirken, gibt es das Modell des Pensionssplittings. Dieses zu beantragen ist in Österreich bereits seit 2005 möglich. Es sieht vor, dass jener Elternteil, welcher sich vorrangig um die Kindererziehung kümmert und demzufolge keiner entlohnten Vollzeitbeschäftigung nachgehen kann, für die ersten sieben Lebensjahre des Kindes bis zu 50 Prozent der Pensionskontogutschrift seines Partners auf das eigene Konto gutschreiben lassen kann. Bisher basierte das Modell auf Freiwilligenbasis, jedoch diskutiert die Regierung aktuell auf Bundesebene über eine automatische Umverteilung, gegen welche sich nur bei ausdrücklicher und aktiver Ablehnung entscheiden ließe. Die Begeisterung zeigt sich im Moment noch eher zurückhaltend, Kritiker empfinden unterschiedliche Formen von Familienmodellen nicht ausreichend mitgedacht. Alleinerziehende würden hierfür gar nicht erst in Frage kommen und angepasste Lösungen, welche Personen, die mit mehreren Menschen Kinder haben, mittragen, seien im vorläufigen Entwurf ebenfalls unterrepräsentiert.
Ursachen von (Alters-)Armut.
Gründe, warum man im Ruhestand mit finanziellen Engpässen konfrontiert sein kann, entwickeln sich meist über den gesamten biografischen Verlauf. Unterbrochene Erwerbszeiten, jahrelange Ausübung unbezahlter Care-Arbeit oder Teilzeitanstellungen sind nur einige Beispiele, die zu geringen Pensionsbezügen führen. Die geringen Pensionsbeiträge, die während einer Erwerbslosigkeit eingezahlt werden, münden ebenso in einer schlechten monetären Altersvorsorge. Dabei zeigen Statistiken, dass jene Frauen, welche direkt aus einer Arbeitslosigkeit kommend in Pension gehen, im Durchschnitt bereits seit sieben Jahren ohne Job waren. Neben Erwerbseinbußen durch familiäre Betreuungspflichten sind auch jene Menschen, die viele Jahre in ihre Bildung investiert haben, von geringeren Bezügen bedroht. Denn Schul- und Studienzeiten sowie Praktika werden nicht für die Pension angerechnet. Bildung sollte also, zumindest innerhalb von Regelabschlusszeiten, genauso behandelt werden wie Lohnarbeit.
GUT ZU WISSEN
Ab welchem Alter ist finanzielle Bildung sinnvoll, und wie führt man Kinder an das Thema heran?
Finanzielle Bildung kann von klein auf in den Alltag integriert werden. Kinder lernen den Umgang mit Geld, indem sie physische Transaktionen begreifen, also den Prozess Geld gegen Ware oder Dienstleistung aktiv erleben. Etwa durch Rollenspiele wie Kaufmannsladen, bewährte Gesellschaftsspiele wie „DKT“ oder indem sie allein zum Bäcker gehen dürfen. Basics des Finanzwissens sind Teil der Allgemeinbildung!
Wo sollte man ansetzen, um das Bewusstsein der Jungen für finanzielle Absicherung zu schärfen?
Auch hier kann das soziale Umfeld wesentliches Know-how vermitteln: Etwa, indem schon die Jüngsten ihre Sumsi-Spardosen füttern, den Umgang mit Taschengeld lernen oder verstehen, warum sie beim Einkaufen nicht immer alles haben können. Jungen Erwachsenen muss klar gemacht werden, dass sie finanzielle Kompetenz in der Erreichung ihrer Ziele unterstützt – egal, ob sie dabei an Werte wie Freiheit und Unabhängigkeit oder an konkrete Sparziele wie Urlaub, die eigenen vier Wände oder sogar bis zur Pensionsvorsorge denken. Hier stehen die Experten von Raiffeisen OÖ jedenfalls beratend zur Seite.
Eltern, Social-Media-Vorbilder, Peergroup: Von wem erwerben Kinder bestenfalls Finanzwissen?
Beim Thema „Geld“ ist das Elternhaus prägend. Ergänzend dazu wäre es wichtig, auch in der Schule über Geldanlage, Vorsorge, Aktien & Co zu sprechen. Zielgruppengerechte Wissensvermittlung über Social Media bzw. im Internet kann einen Mehrwert bieten. Wir setzen hier zahlreiche Akzente, z. B. mit unserem Börsenspiel, das wir einmal im Jahr veranstalten, wo man mit einem virtuellen Kapital die Aktienwelt kennenlernen kann.