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Endometriose: Wenn Schmerz zur Regel wird!

08.03.2021 um 15:05, Cornelia Scheucher
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Der März ist für den Weltfrauentag bekannt. Was aber viele nicht wissen: Mit dem dritten Monat im Jahr startet auch der "EndoMarch", eine weltweite Kampagne, um Bewusstsein für Endometriose zu schaffen. Wir haben uns ausführlicher mit der Krankheit und ihren körperlichen und psychischen Auswirkungen beschäftigt. Außerdem: Stars, die auch daran leiden.

Jeder kennt sie – die Rede ist von den nervigen Begleiterscheinungen der Periode. Wassereinlagerungen, Stimmungsschwankungen und Heißhungerattacken sind (leider) die Regel. Was aber nicht zur Regel gehören sollte, sind schlimme Schmerzen, die das Leben stark beeinträchtigen. Denn dann kann Frau an Endometriose leiden. Was das ist? Endometriose ist eine Krankheit, bei der Gebärmutterschleimhautzellen beispielsweise in den Bauchraum wandern und jeden Monat mitbluten. Die Folge? Schlimme Schmerzen die beim Geschlechtsverkehr, beim Wasserlassen oder auch abseits der Periode auftreten können, Zwischenblutungen, Müdigkeit, Rückenprobleme oder Verdauungsschwierigkeiten. Die Liste an Symptomen könnte noch länger sein, sie ist aber auch von Frau zu Frau unterschiedlich. Was aber das Wichtigste ist? "Es ist nicht normal, dass die Periode immer Schmerzen verursacht", meint Monika Wölfler, Gynäkologin am Klinikum Graz. Schluckt man also ständig Schmerzmittel, um die Periode zu überstehen, ist ein Gang zum Arzt notwendig.

Kinderwunsch und Co.

Doch wie wird Endometriose diagnostiziert? "Mit einem genauen Ultraschall sowie einer Tastunterschung kann man den Verdacht konkretisieren und eine spezifische Behandlung einleiten", erklärt Wölfler. Die Abklärung ist nicht nur wichtig, um die Schmerzen zu lindern, sondern auch, um Langzeitfolgen vorzubeugen. Zehn Prozent aller Frauen leiden an Endometriose, davon haben fünf Prozent eine Form, die zum Beispiel in den Darm oder in die Harnblase hineinwachsen kann. "Wird dies frühzeitig erkannt und fachgerecht behandelt, ist das Risiko gering, dass schwerwiegende Probleme auftreten können", sagt Wölfler. Auch bei Kinderwunsch kann Endometriose ein Thema sein. Muss es aber nicht. Wölfler dazu: "Jedes sechste Paar leidet an einem unerfüllten Kinderwunsch und es bedarf der Abklärung der Ursachen der Unfruchtbarkeit. Bis zu 50 Prozent der Frauen in dieser Gruppe haben Endometriose. Manchmal müssen spezifische Behandlungen erfolgen, damit diese Frauen schwanger werden können." Es gilt also: Früherkennung ist für den Behandlungserfolg sehr wichtig!

"Ich wünsche mir, dass die Krankheit mehr erforscht wird, sodass es irgendwann eine richtige Behandlung gibt. Außerdem wünsche ich mir, dass die Frage "Wann willst du denn Kinder?" nicht mehr so leichtsinnig gestellt wird. Das kann ein ungutes Gefühl auslösen" – Lena Luisa Fuchs, Studentin und Bloggerin, die an Endometriose leidet

Das ewige Leiden

Doch dass Endometriose nicht frühzeitig erkannt wird, hat viele Gründe. Neben dem Allgemeinglauben, dass Schmerzen zur Periode gehören, wissen viele nicht einmal, dass die Krankheit überhaupt existiert. Manchmal bieten aber auch Frauenärzte zu wenig Informationen an. Wobei wir bei einem großen Problem sind, nämlich der Tatsache, dass Frauen oft als "zu wehleidig" oder als "zu sensibel" abgestempelt werden. Das musste auch die Studentin und Bloggerin Lena Luisa Fuchs am eigenen Leib erfahren. Vor circa drei Jahren bekam sie die Diagnose Endometriose, als sie anfing, die Pille nicht mehr zu vertragen. Beschwerden und Schmerzen hatte sie schon länger, doch der Grazerin wurde ständig gesagt, dass sie einfach empfindlich sei. Auch die Wiener Psychologin Nadja Fritzer kritisiert diese Tatsache: "Manchmal nehmen weder Gynäkologen noch das soziale Umfeld die Schmerzsymptomatik ernst. Es wird darauf hingewiesen, dass das eben zum Frau-Sein gehört."

Sozialer Rückzug

Doch Schmerzen gehören weder zum Dasein als Frau noch zur Periode und müssen somit auch ernst genommen werden. Neben den körperlichen Beschwerden dürfen aber auch die psychischen Auswirkungen der Krankheit nicht vergessen werden. Durch die starken Schmerzen schotten sich Frauen oft ab und ziehen sich zurück. Sie legen ihr Leben nach dem Zykluskalender aus und gehen öfters in den Krankenstand. „Soziale Isolation ist leider immer wieder zu beobachten. Dadurch werden aber depressive Episoden und der Wunsch nach Rückzug verstärkt. Schlafstörungen, Sorgen, Ängste, ein Interessenverlust und negative Gedanken zählen zu den Folgen“, erklärt Fritzer. Die Verharmlosung der Beschwerden durch außenstehende Personen kann das verschlimmern. Aber auch das Selbstwertgefühl vieler Frauen sinkt. Fritzer dazu: „Frauen, die beispielsweise durch Endometriose keine Kinder bekommen können, haben oft das Gefühl, dass sie nicht vollwertig sind bzw. dass sie sich nicht auf ihren Körper verlassen können. Das wirkt sich negativ auf das Selbstbild aus.“ Darunter kann nicht nur die Beziehung zu sich selbst, sondern auch die Beziehung zum Partner leiden. Diese fühlen sich oft genauso hilflos und wissen nicht, wie sie helfen können.

EVA kann helfen


Fühlt man sich missverstanden oder mit seinen Schmerzen alleine gelassen, zahlt es sich aus, entweder den Arzt zu wechseln oder Hilfe bei Organisationen zu holen. Eine dieser Institutionen ist EVA, die Endometriose Vereinigung Austria. Dort können sich Frauen vernetzen und gegenseitig unterstützen. Außerdem organisiert der Verein regelmäßig Treffen. Solche Meetings können vielen Frauen helfen, besser mit der Situation zurechtzukommen. Zu Corona-Zeiten finden die Get-togethers auch online statt, mehr Informationen gibt es unter www.eva-info.at

Ein Ultraschall sowie eine genaue Untersuchung reichen meist aus, um Endometriose zu erkennen.

Promis erzählen

Dass man mit der Diagnose Endometriose nicht alleine ist, zeigen auch immer mehr Promi-Frauen. So etwa Model Chrissy Teigen (35). Letzten Oktober erlitt die Frau von Musiker John Legend eine Fehlgeburt und teilte dies mit ihren Fans auf Instagram. Dabei blieb sie schonungslos ehrlich und postete Fotos, in denen sie direkt danach im OP-Kittel auf dem Bett sitzt. Ein hartes Statement, doch Teigen war es wichtig, dieses Thema zu enttabuisieren. Vor kurzem veröffentlichte sie wieder Fotos von sich im Krankenhaus. Der Grund? Sie unterzog sich einer Endometriose-Operation. Autorin Lena Dunham (34) entschied sich für einen noch schwierigeren Schritt: Nach zehn Jahren chronischer Schmerzen und acht Operationen ließ sie sich mit 31 Jahren die Gebärmutter entfernen. Für Dunham ein harter Schlag, denn sie zweifelte nie daran, später einmal Kinder zu bekommen. Auch Model Lilly Becker (44) ist es ein Anliegen, auf das Thema aufmerksam zu machen. In einem Interview mit SternTV erzählte sie, dass die Krankheit ihr erst mit 36 zu schaffen machte. Seitdem blieb auch ihr Wunsch nach einem zweiten Kind unerfüllt. Mit Endometriose zu leben, ist nicht einfach und stellt Frauen immer wieder vor Herausforderungen. Deswegen ist es enorm wichtig, das Thema aufzugreifen. Damit Schmerzen irgendwann nicht mehr die Regel sind!

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