Frauen leben länger - nur wovon?
Zahlreiche Studien untermauern die Relevanz privater Altersvorsorge für Frauen – ein Thema, das keineswegs neu ist. Warum glauben Sie, dass sich die Lage künftig noch weiter verschärfen wird?
Ich beginne mit einer guten Nachricht: Wir alle werden älter. Der Megatrend Longevity als Synonym für unsere Langlebigkeit beschreibt die tiefgreifende gesellschaftliche, wirtschaftliche und technologische Veränderung, die durch die zunehmende Lebenserwartung weltweit ausgelöst wird. Dieser Trend ist nicht nur ein Ergebnis des medizinischen Fortschritts, sondern auch von gesünderen Lebensstilen und verbesserten Lebensbedingungen. Nehmen wir eine aktuell 30-jährige Frau als Beispiel, deren statistische Lebenserwartung bei 90 Jahren liegt. Nach aktuellen Berechnungen des Max-Planck-Instituts werden im Jahr 2024 neugeborene Mädchen im Durchschnitt fast 95 Jahre alt. Mehr als jedes dritte Mädchen – genauer gesagt 37 Prozent – wird sogar seinen 100. Geburtstag erleben. Versicherungen arbeiten eng mit Forschern zusammen, um die Auswirkungen dieser Entwicklung auf die Lebenserwartung und daraus abgeleitet auf die Finanzierungsmodelle von Versicherungsprodukten zu verstehen.
Statistisch ist zu beobachten, dass Frauen bereits seit dem 19. Jahrhundert durchschnittlich länger leben als Männer. Ist dies ein Grund zur Freude oder doch eine Herausforderung?
Tatsächlich ist es beides. Selbstverständlich ist ein langes Leben etwas Positives, das uns erlaubt, viele wunderbare Erfahrungen zu machen und Zeit mit unseren Liebsten zu verbringen. Aber ein längeres Leben bringt auch zusätzliche Herausforderungen mit sich, besonders im Hinblick auf die finanzielle Vorsorge. Die politische Diskussion über die Finanzierbarkeit des gesetzlichen Pensionssystems unter den genannten Bedingungen wird immer lauter. Aber auch für die private Vorsorge wird mit zunehmender Lebenserwartung die Frage „Wovon?“ immer drängender. Es geht darum, ein langes Leben aktiv und finanziell abgesichert gestalten zu können. Das erfordert eine rechtzeitige, durchdachte Planung und oft auch ein Umdenken in Bezug auf die eigene Verantwortung – insbesondere für jene Frauen, die aufgrund ihrer Biografie weniger gesetzliche Pension erwarten können.
Vorsorgeprodukte wie Versicherungen werden häufig als Lösung für diese Herausforderungen genannt. Was empfehlen Sie uns Frauen?
Ein längeres Leben bedeutet, dass man länger im Ruhestand ist und entsprechend mehr Geld benötigt. Muss das Geld also bis 75, 85 oder sogar weit über den 100. Geburtstag reichen? Eine Veranlagung in Kombination mit einer Rentenversicherung ist eine sehr effiziente Möglichkeit, das sogenannte „Langlebigkeitsrisiko“ zu beherrschen. Sie garantiert ein lebenslanges Einkommen und schützt damit vor der oft unterschätzten Gefahr, dass die finanziellen Ressourcen aufgebraucht sind, während das Leben noch weitergeht. Viele Menschen betrachten die Rentenversicherung fälschlicher-weise nur aus der Perspektive einer Kapitalanlage und scheuen diese, weil sie meinen, es handle sich dabei um kein „lohnendes Geschäft“ – ein großer Irrtum. Eine Rentenversicherung ist kein Investment in dem Sinne, dass man eine hohe Rendite erwartet, sondern eine Versicherung gegen die Unsicherheit des Alterns. Sie bietet Planungssicherheit und ermöglicht es, auch im hohen Alter den gewohnten Lebensstandard zu halten. Angesichts des drohenden sinkenden gesetzlichen Pensionsniveaus ist sie ein unverzichtbares Instrument für eine -sichere Altersvorsorge.
Warum entscheiden sich dennoch viele für eine Einmalauszahlung einer Lebensversicherung anstelle einer lebenslangen Rente?
Psychologen bezeichnen dieses Verhalten als „Gegenwartspräferenz“. Dahinter verbirgt sich das Phänomen, dass Menschen das Hier und Jetzt höher bewerten als die Zukunft. Viele unterschätzen auch ihre eigene Lebenserwartung massiv. Sie orientieren sich dabei oft an der Lebensdauer ihrer Eltern oder Großeltern, ohne zu bedenken, dass jede Generation im Schnitt etwa fünf Jahre länger lebt als die vorherige. Das führt dazu, dass sie die Sicherheit einer lebenslangen Rente gegen die vermeintliche Freiheit einer Einmalauszahlung eintauschen. Zur Veranschaulichung möchte ich die Geschichte der Französin Jeanne Calment erzählen, die im Alter von 90 Jahren ihre Wohnung an ihren 47-jährigen Rechtsanwalt verkaufte beziehungsweise gegen eine monatliche Leibrente von 2.500 Franc tauschte. Der Vertrag sah vor, dass die Wohnung nach ihrem Tod an ihn fallen sollte. Was niemand ahnen konnte, war, dass Frau Calment bis zum unglaublichen Alter von 122 Jahren lebte und damit auch der bisher älteste Mensch ist. Ihr Anwalt verstarb im Alter von 77 Jahren an Krebs, lange bevor seine Zahlungsverpflichtung endete, die seine Witwe fortsetzen musste. Im Endeffekt zahlte die Familie des Anwalts das Dreifache des Marktpreises dieser Wohnung. Dieses Beispiel schreibt das Leben selbst und zeigt uns, wie es oft seine eigenen Drehbücher schreibt.
Was ist Ihr Tipp an uns Frauen, die aktiv ihre „Langlebigkeit“ verantwortungsbewusst gestalten möchten?
Ganz klar: Beginnen Sie morgen mit Ihrer Vorsorge – egal, wie alt oder jung Sie sind. Je früher frau beginnt, desto einfacher und leistbarer ist es. Außerdem empfehle ich, sich umfassend zu informieren, am besten in einer örtlichen Raiffeisenbank, und die eigene Vorsorgestrategie regelmäßig zu überprüfen und anzupassen. Übernehmen Sie Verantwortung für sich und stellen Sie sicher, dass Ihr Alltag so auch im Alter unabhängig und selbstbestimmt bleibt.