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Etliche namhafte Journalisten, darunter ZIB2-Moderator Armin Wolf, haben X verlassen.
Etliche namhafte Journalisten, darunter Armin Wolf, haben X verlassen.
Etliche namhafte Journalisten, darunter Armin Wolf, haben X verlassen.
Thomas Ramstorfer / First Look / picturedesk.com

Ende einer Ära: Armin Wolf schmeißt hin

18.11.2024 um 08:15, Stefanie Hermann
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Aus Protest verlassen etliche Journalisten die Social Media-Plattform X – darunter auch Größen wie ORF-Journalist Armin Wolf. Warum und wohin sie wechseln.

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Am Sonntag um 18 Uhr war es so weit: Der große Austro-X-Exodus hat begonnen. In einer geplanten Aktion haben etliche namhafte Journalisten und Journalistinnen die Social Media-Plattform verlassen.

Account inaktiv

"Account inaktiv" liest man seit Sonntagabend auf immer mehr X-Accounts. Unter den prominenten Abgängen befindet sich auch ZIB2-Anchorman Armin Wolf. "Das war's für mich mit Twitter", verkündet Wolf in einem letzten Posting. "Nach knapp 16 Jahren wird dieser Account stillgelegt. Sie finden mich ab sofort auf Bluesky." Wolf ist mit seinem Umzug in bester Gesellschaft. Neben dem prominenten ORF-Moderator haben unter anderem Kapazunder wie Falter-Chefredakteur Florian Klenk, ORF-Wirtschaftsjournalist Dieter Bornemann sowie Social Media-Expertin und Autorin Ingrid Brodnig die Plattform verlassen.

Plattform unterwandert

Der Protest richtet sich aber keineswegs "nur" gegen die aktuellen politischen Entwicklungen in den USA. "X ist mit der Zeit zu dem geworden, was Reckwitz als 'Affektmaschine' beschreibt', begründet ORF-Journalistin Julia Ortner in einem letzten Post ihren Schritt. "Es regieren Emotionalisierung & Lautstärke, unter die interessanten Informationen aus der Welt mischt sich immer mehr Desinformation – und so etwas wie Gesprächskultur gibt es nicht mehr."  

In einem ausführlichen Blog-Artikel erklärt auch Armin Wolf, was ihn letztlich bewogen hat. Seit Twitter zu X wurde, hätte sich die Plattform "täglich immer weiter radikalisiert", es sei zuletzt nicht mehr schön gwesen, sondern "giftig, voller Lügen, aggressiv und deprimierend".

Fake-News-Schleuder X

X, früher Twitter, wurde 2022 von Tesla-Milliardär Elon Musk für die schlappe Summe von rund 41 Milliarden Euro aufgekauft. "Meinungsfreiheit" hatte sich der Space X-Pionier auf die Fahnen geheftet. Was das bald schon der Praxis hieß: Seit der Übernahme sind Inhalte auf der Plattform weitgehend unmoderiert. Ganze Abteilungen, die früher aktiv gegen Fake News und Verhetzung eingeschritten sind, wurden ersatzlos aufgelöst. Nicht nur für Verschwörungstheoretiker ein Paradies. Auch aus sogenannten Trollfabriken heraus generierte und gezielt eingesetzte Desinformationskampagnen haben seither auf X erstaunlich fruchtbaren Boden gefunden. Dazu kommt, dass unter Musk der Algorithmus der Plattform geändert wurde. Wurde Usern früher eingespielt, was sie besonders interessiert – etwa durch häufiges Anklicken und Interaktion mit Accounts, denen sie folgten –, regiert jetzt der Markt.

Besonders bevorzugt werden Tweets von "verifizierten" Accounts. Wurden die Urheber solcher früher tatsächlich überprüft, steht das "blaue Häkchen", das die Echtheit garantieren sollte, heute frei zum Kauf. Gezeigt wird zudem, was auf X geklickt wird bzw jene Themen, die besonders oft erwähnt werden – völlig egal, aus welcher Quelle sie stammen: leichte Beute also für Demagogen mit den richtigen technischen Mitteln, die öffentliche Meinung auf X allein durch Masse in eine bestimmte Richtung zu lenken. Dass Musk Donald Trump, seines Zeichens frisch wiedergewählter US-Präsident, offen unterstützt hat und dafür demnächst mit der Leitung eines eigenen Gremiums ("Department of Government Efficiency") betraut wird, dürfte sein Übriges getan haben.

#eXit zu Bluesky

"Etliche große Accounts bekannter Journalist·innen übersiedeln heute unter dem Hashtag #eXit gemeinsam mit mir — und derzeit scheint es sich dort ein bisschen so anzufühlen wie auf Twitter um 2010. Also sehr sympathisch", fasst Wolf auf seinem Blog zusammen. Übersiedelt sind neben Wolf auch andere große Meinungsmacher wie Falter-Chef Klenk, der immerhin 349.000 Follower aufweist. "Der Algorithmus von Musk drückt meinen Link zu Blue Sky herunter. Ich probiere es nochmals mit einem Kätzchen-Foto. Folgt mir auf Blue Sky", hat Klenk seinen Abschied am Samstag angekündigt.

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