TV-Abschied: Österreichs Talkmasterin sagt Adieu
Am 1. Dezember 2023 geht eine Ära zu Ende: Die Talkshow "Vera" auf ORF2 wird zum allerletzten Mal ausgestrahlt. Moderatorin Vera Russwurm hängt damit ihren Job als Talkmasterin an den Nagel. Insgesamt flimmerte die gebürtige Wienerin 45 Jahre lang über die heimischen Bildschirme.
Österreichs Talk-Wohnzimmer
Ob Schicksalsschläge und Tragödien, Lustiges aus dem Alltag oder Katastrophen und große Aufreger - bei Vera auf ORF2 wurde darüber diskutiert und manchmal auch gestritten. Österreichs bekannteste Talkshow ging am 23. März 1995 erstmals auf Sendung und war von da an ein fixer Bestandteil der heimischen Fernsehlandschaft. Vera Russwurm avancierte zur Talk-Queen, heimste zahlreiche Preise und Auszeichnungen ein. Unter anderem gewann die 63-Jährige dreimal eine Romy. Ihre Karriere hat 1979 begonnen, als sie beim ORF als Tritsch-Tratsch-Girl eingestiegen ist. Sie moderierte unter anderem für Ö3 und das Jugendmagazin Okay, für die Kronen Zeitung war sie als Journalistin tätig.
Die Mutter der Briefbombers
Die wohl berühmteste Vera-Folge ist jene, in der die Mutter des Briefbombers Franz Fuchs bei Russwurm zu Gast war. Vor einem Millionenpublikum ist die Frau live im Fernsehen in Tränen ausgebrochen. In einem Interview mit dem Standard (2015) antwortet die Talkmasterin auf die Frage, was ihre ORF-Highlights gewesen seien: "Für mich ein wahnsinnig berührender Moment war, als die Opfer des Briefbombenattentäters Franz Fuchs dessen Eltern umarmten." Unter weiter: "Ich fand es toll. Weder Opfer und schon gar nicht die Familie Fuchs hätten je den Mut aufgebracht, den Kontakt zu suchen." Vera Russwurm habe "das Genre des TV-Talk in Österreich definiert und geprägt, ihr Name wurde zur Marke. Ich bedanke mich für die jahrzehntelange Zusammenarbeit auf diesem Gebiet", so ORF-Generaldirektor Roland Weißmann.
Kritik an ÖVP-Nähe
Kritik hat die heute 63-Jährige vor allem dafür geerntet, dass sie einige ÖVP-Veranstaltungen moderierte. Etwa jene unter dem Titel "Veränderung hat begonnen" im Jahr 2018, bei der Ex-Kanzler Sebastian Kurz gefeiert wurde. 2006 hat sie von der Volkspartei sogar ein Angebot erhalten, als Überraschungskandidatin in die Politik zu wechseln. Diesen Vorschlag hat Vera Russwurm jedoch abgelehnt.
Sendeplatz für Info-Magazin
Der ORF hält in einer Aussendung fest, dass man sich weiterhin eine Zusammenarbeit mit Russwurm vorstellen könne, etwa in Form von "TV-Specials". Auf dem Vera-Sendeplatz am Freitag um 21.20 Uhr plant der öffentlich-rechtliche Sender ein neu entwickeltes Info-Magazin.