Wieso wir öfter masturbieren sollten
Obwohl es fast jeder tut, wird nie darüber gesprochen: die Rede ist von Masturbation. Laut dem Amorelie Sexreport 2020/21, einer Umfrage von 2000 Personen aus Österreich, Deutschland und der Schweiz, befriedigen sich rund ein Drittel mehrmals pro Woche oder sogar täglich. Wenig überraschend: Männer masturbieren weitaus häufiger als Frauen.
Masturbation Gap
Der sogenannte Masturbation Gap wirft die Frage nach dem Warum auf. Die klinische Sexualpädagogin Barbara Thönnessen hat darauf folgende Antwort: „Männer haben einen anderen Hormonhaushalt. Durch das Testosteron reagieren sie oft stärker und aggressiver und brauchen die Selbstbefriedigung als Ventil zur Entspannung. Der Penis ist auch visuell repräsentativer als die Vulva. Männer haben ihr Geschlecht mehrmals am Tag in der Hand, sie bauen somit eine viel engere Beziehung dazu auf.“ Somit wären wir bei Problem Nummer eins. Die weiblichen Geschlechtsteile werden nicht nur vom Körper versteckt, sondern oft auch von der Gesellschaft ignoriert. Oder habt ihr schon jemals mit eurer Mutter oder Großmutter über Vulva, Vagina und Klitoris gesprochen? Der Penis ist hingegen oft zu sehen. Zweites Problem: Das Patriachat wertet Frauen ab. Bekommt man mit, dass man weniger wert ist, nur weil nichts zwischen den Beinen hängt, leidet die Selbstachtung enorm. Und Nummer drei: Der religiöse Einfluss ist nach wie vor stark in unseren Köpfen präsent. Die Kirche sieht Selbstbefriedigung als Sünde. Mythen wie „Masturbation macht blind“ wurden den Menschen eingetrichtert und sorgen noch heute dafür, dass viele sich schmutzig fühlen, sobald sie nur an Selbstbefriedigung denken.
"Sie dürfen sich selbst erlauben, etwas zu tun, was ihnen andere Menschen verboten haben und sie werden weder blind noch taub noch mit Krankheiten bestraft."
Barbara Thönnessen über Masturbation und Religion
Nur keine Scheu
Gut aber, dass schlechte Gewohnheiten abtrainiert werden können. Um etwas Neues zu lernen, braucht es drei Bereiche: das Visuelle, das Haptische und das Emotionale. Ersteres wird durch die obige Empfehlung abgedeckt. Dann geht es ans Eingemachte: nämlich sich selbst zu spüren. Wobei die Lust noch gar nicht im Vordergrund steht, viel mehr die Entdeckung des eigenen Körpers. Und wir versprechen – tastet man sich erst einmal ran, lässt der Genuss nicht lange auf sich warten. Doch wie baut man eine emotionale Bindung zum Geschlecht auf? „Indem man genau darauf achtet, was man bei den verschiedenen Berührungen spürt. Viele denken schlecht über ihre eigene Vulva, finden sie hässlich. Doch berühre ich mich regelmäßig, auch an den Armen, Beinen oder Brüsten, beginnt sich etwas in mir zu verändern“, so Thönessen. Das Fazit? Ein besseres Bewusstsein für den eigenen Körper und das eigene Bedürfnis.
Abtauchen
Hat man sich selbst einmal zum Höhepunkt gebracht, finden viele Frauen Masturbation oft besser als Sex. „Circa 30 % schaffen es beim Geschlechtsakt zu kommen, 70 % hingegen vor allem bei der Selbstbefriedigung“, erläutert die Expertin. Das hat einen Grund: Die meisten befriedigen sich selbst oberflächlich, das heißt sie streicheln ihre Schamlippen oder üben Druck auf die Klitoris aus. Nur wenige tauchen ihre Finger wirklich in ihre Vagina ein. „Das führt unter anderem dazu, dass viele Frauen gar keine so große Lust auf den vaginalen Akt haben. Sie empfinden wenig“, so Thönnessen. Werden jedoch die Tiefenrezeptoren stimuliert, wird auch der Genuss verstärkt.
Lieber Toys statt Boys
Frauen helfen beim Masturbieren gerne mit Sexspielzeug nach. Laut dem Report besitzen rund 62 % der weiblichen Befragten ein Toy. Vibratoren und Co. bringen das Spiel mit sich selbst zwar auf eine neue Ebene, sollten aber auch hin und wieder zur Seite gelegt werden. „Manchmal kann es passieren, dass Frau dann nur mehr durch das Toy kommt“, erklärt die Expertin. Und das wollen wir verhindern, denn der Frauenkörper alleine ist schon das ideale Lustspielzeug.