Sind Bio-Lebensmittel gesünder?
Viele wollen ein hohes Alter erreichen und dabei möglichst lange gesund und fit bleiben – sowohl körperlich als auch geistig. Bis zu einem gewissen Grad lässt sich dies durch den Lebensstil beeinflussen. Vor allem die tägliche Auswahl dessen, was wir essen, kann negative oder positive Auswirkungen auf die Gesundheit haben. Diesen Umstand macht sich auch die Lebensmittelindustrie zunutze, die mithilfe dieser Methode ihre Erzeugnisse bewirbt. Aber sind biologisch erzeugte Lebensmittel eine wirksame Methode, um gesund zu bleiben oder handelt es sich dabei nur um eine weitere Werbestrategie? Um diese Frage zu beantworten, hilft es, ein paar grundlegende Dinge zum Thema biologisch erzeugte Nahrungsmittel zu wissen.
Was bedeutet Bio?
Bio-Produkte stammen aus kontrolliert biologischer Landwirtschaft. Diese steht vor allem für einen umweltverträglicheren Umgang mit dem Boden und den Pflanzen. Unter anderem dürfen keine chemisch synthethischen Spritzmittel oder Dünger eingesetzt werden. Gentechnisch modifizierte Pflanzen werden ebenfalls nicht verwendet. Sobald ein Produkt zu mindestens 95 Prozent aus Bio-Lebensmitteln besteht, darf es auch offiziell als „bio“ gekennzeichnet werden. Verschiedene Gütesiegel wie das EU-Biozeichen oder das AMA-Biozeichen garantieren die Einhaltung der Vorschriften des Biolandbaus.
Sind in Bio-Produkten weniger Pestizidrückstände?
Der vorrangige Grund, der für die Überlegenheit von biologisch erzeugter Nahrung sprechen soll, ist der geringere Pestizidgehalt. Einige Studien liefern Hinweise darauf, dass durch deren Verzehr am Ende auch weniger Pestizide in den Körper gelangen. Das spricht offensichtlich erst einmal für Bio – aber Achtung! Es bedeutet nicht zwingendermaßen, dass eine Ernährung aus biologisch angebauten Nahrungsmitteln auch gesünder ist.
Erstens gelten in der Europäischen Union für alle Lebensmittel bestimmte Rückstandshöchstwerte. Durch regelmäßige Kontrollen wird sichergestellt, dass die Pestizidrückstände die festgelegten Grenzwerte nicht übersteigen. Ein geringer Schadstoffgehalt gilt als gesundheitlich unbedenklich.
Zweitens weist ein hoher Prozentsatz der Lebensmittel ohne Bio-Zertifikat eigentlich kaum oder gar keine Pestizidrückstände auf. So wurden etwa 2018 in 51 Prozent aller analysierten Proben keine messbaren Rückstände nachgewiesen. Das liegt daran, dass in der konventionellen Landwirtschaft nicht zwangsläufig schädliche Spritz- und Düngemittel zum Einsatz kommen. Nahrungsmittel wie Wassermelone, Orange oder Kiwi, bei denen die Schale nicht mitgegessen wird, schneiden in Bio-Qualität kaum besser ab als ihre herkömmlich erzeugten Gegenstücke. Die Pestizide gelangen nämlich gar nicht erst in den essbaren Teil der Frucht. Nicht außer Acht gelassen werden darf außerdem, dass Bio nicht zu 100 Prozent vor potenziell schädlichen Rückständen in den Pflanzen schützt. Grenzen die Felder zweier Landwirte, von denen einer schädliche Pestizide verwendet, und der andere nicht, aneinander, wird davon auch ein kleiner Teil (zum Beispiel durch den Wind) in die Pflanzen der näheren Umgebung gelangen. Schadstoffe können zudem durch andere Quellen - wie etwa Abgase oder Luftverschmutzung - ebenso gut in Bio-Produkten vorkommen.
Drittens ist noch nicht abschließend geklärt, wie genau Pestizide im Körper wirken. Da mögliche Effekte aller Wahrscheinlichkeit nach zumindest nicht förderlich für die Gesundheit sind, ist es zwar nicht verkehrt, so wenig als möglich davon zu sich zu nehmen. Es heißt aber nicht, dass ein geringerer Pestizidgehalt in den Lebensmitteln wirklich einen Einfluss auf die Entstehung von Krankheiten oder auch nur das generelle körperliche Befinden haben. So könnte es genauso gut sein, dass Pestizidrückstände unterhalb der Grenzwerte überhaupt keinen Effekt auf uns haben, genau wie beispielsweise eine geringe Aufnahme von gesättigten Fettsäuren nicht schädlich ist.
Ist Bio wirklich gesünder?
Neben dem niedrigen Gehalt an Pestizidrückständen soll ein Mehr an sekundären Pflanzenstoffen und anderen Nährstoffen für die positive Wirkung in Bio-Produkten verantwortlich sein. Bisherige Untersuchungen konnten die beiden letzteren Behauptungen allerdings nicht bestätigen.
Laut der NutriNet-Santé-Studie von "Baudry et al." soll bei einer Ernährung, die überwiegend auf Lebensmittel aus biologischem Anbau setzt, das Krebsrisiko um 25 Prozent sinken. Diese und andere Einzelstudien werden häufig kritisiert. In der genannten französischen Studie wurde beispielsweise der Schadstoffgehalt der Nahrung nicht untersucht. Eine Schwierigkeit für alle diese Studien liegt darin, dass es gerade, wenn es um Ernährung geht, unzählige Faktoren die Ergebnisse beeinflussen können. Denn Personen, die gehäuft biologisch erzeugte Lebensmittel kaufen, haben häufig einen höheren Bildungsstand und generell ein stärkeres Interesse an gesunder Ernährung. Sie sind häufiger Nichtraucher und sportlich aktiver. Ob Bio-Produkte die Wahrscheinlichkeit für Krebs wirklich verringern, bleibt daher bis jetzt weiterhin unklar.
Gesund essen ist nicht gleichbedeutend mit Bio
Eine Ernährung, die die Gesundheit fördern soll, ist am Ende viel mehr als die Wahl von Lebensmitteln aus biologischer Produktion. Sie besteht vorrangig aus energiearmen Getränken, Gemüse, Obst, vollwertigen Getreide (produkten), Hülsenfrüchten und Nüssen. Ein hoher Anteil an unverarbeiteten pflanzlichen Lebensmitteln garantiert die Aufnahme von essenziellen Nährstoffen, einen hohen Gehalt an Ballaststoffen und anderen wertvollen Substanzen, wie etwa Antioxidantien. Ob die Lebensmittel, in denen diese Nährstoffe enthalten sind, biologisch angebaut wurden oder nicht, ist dabei nicht ausschlaggebend.
Zur Autorin
Woher kommen unsere Lebensmittel? Was ist in ihnen enthalten? Was machen sie mit uns? Fragen, die Passion Author Lily Winter bewegen. Auf www.weekend.at teilt die Lehramtsstudentin (Biologie und Umweltkunde) mit Ausbildung in veganer Ernährungsberatung ihr Wissen rund um dieses so wichtige Thema.