Laufen im Winter: Die besten Experten-Tipps
„Aus medizinischer Sicht spricht nichts gegen Laufen im Winter. Schon gar nicht in Österreich, wo wir uns temperaturtechnisch meist um den Gefrierpunkt bewegen und äußerst selten minus 20 ° C erreichen“, erklärt Sportmediziner und Kardiologe Professor DDr. Josef Niebauer, Vorstand des Instituts für Sportmedizin am Uniklinikum Salzburg. Ganz im Gegenteil sogar! Regelmäßiger Sport an der frischen, kalten Luft stärkt das Immunsystem und der Körper ist besser gerüstet, um Viren und Bakterien abzuwehren – auch in Zeiten von Corona keine schlechte Vorsorge. „Zu Beginn der Pandemie war häufig zu hören, dass die Ansteckungsgefahr bei Joggern höher sei, da mehr Aerosole ausgeschnauft und weiter in der Luft verbreitet werden würden. Mittlerweile weiß man, dass das so nicht stimmt und die Ansteckungsgefahr nahezu gegen Null geht“, weiß Niebauer. Somit ist auch die Parade-Ausrede vom Tisch! Jetzt heißt es nur noch den inneren Schweinehund überwinden und runter von der Couch. Damit auch wirklich nichts schief geht, sollte man die wichtigsten Tipps für ein erfolgreiches Lauftraining im Winter beachten.
1. Muskeln aufwärmen
Wie auch bei Motoren ist von einem Kaltstart abzuraten. Um Verletzungen wie Zerrungen und Muskelverhärtungen zu vermeiden, sollten die Muskeln gerade bei frostigen Temperaturen vor dem Lauf gezielt erwärmt werden. „Die ersten Minuten locker loslaufen und die Geschwindigkeit erst später hochschrauben oder mit leichten Dehn- und Gymnastikübungen im Wohnzimmer starten“, weiß Sportmediziner Josef Niebauer.
2. Richtig atmen
Die Atemorgane langsam in Fahrt bringen, entweder durch leichtes Traben oder „Eingehen“, bevor man in den normalen Laufschritt übergeht. Wer bei Kälte schwerer Luft kriegt, kann auch mit einem Halsschlauch („Buff“) für Abhilfe sorgen und ihn während des gesamten Trainings über Mund und Nase ziehen. So gelingt die Lufterwärmung besser und die Bronchien sind keiner starken Reizung durch kalte und trockene Luft ausgesetzt.
3. Zwiebelprinzip
In punkto Kleidung verschiedene, locker sitzende Schichten je nach Bedarf anziehen. Wie im Sport üblich, sollten Hose, Shirt & Co aus Funktionsmaterial bestehen – so wird der Schweiß abtransportiert und eine Auskühlung vermieden. Gut zu wissen: Wer in den ersten zehn Minuten friert und erst danach „auftaut“, ist richtig gekleidet. Wussten Sie, dass viel Körperwärme über den Kopf abgegeben werden? Daher sind Haube oder ein breites Stirnband sowie ein Schlauchschal, der den Nacken warmhält, ratsam. No-Go: Baumwollkleidung - diese nimmt Schweiß auf und kühlt dadurch den Körper aus.
4. Die richtigen Treter
„Nicht zu eng binden, damit der Fuß gut durchblutet wird und warm bleibt“, rät Sportmediziner Josef Niebauer. Laufschuhe mit gutem Profil und wasserabweisendem Material (z. B. Goretex) verwenden.
5. Immer locker bleiben
Wem das Joggen im Winter schwerer fällt, der sollte es etwas langsamer angehen und keinen übertriebenen Ehrgeiz an den Tag legen. Sprich: Kürzere Einheiten, weniger Tempo-Läufe, kein Intervalltraining. Als Ausgleich für reduzierte Laufeinheiten bieten sich anschließende Indoor-Kraftübungen wie Liegestütze, Sit-ups und ähnliches an. Am besten nützt man dafür die Nachschwitz-Phase und geht erst anschließend unter die Dusche.
6. Erkältung im Anmarsch?
Die Nase rinnt ein wenig, der lockere Husten nervt – ab ins Bett, oder doch nicht? „Wird man von einer leichten Erkältung heimgesucht, fühlt sich aber sonst nicht angeschlagen, so sind kleine und langsame Jogging-Runden nicht nur okay, sie können sogar die Genesung fördern und Abwehrkräfte zusätzlich stärken“, erklärt Niebauer. Kommt Fieber ins Spiel, heißt es allerdings „Bettruhe“ – auch für die geübtesten Sportler.
Was isst man am besten vor dem Laufen im Winter?
Am Tag vor einer Trainingseinheit können Sie ruhig etwas mehr als gewöhnlich essen. Morgens und abends ein zusätzlicher fettarmer Joghurt sind kein Problem. Der Körper hat bei den kalten Temperaturen einen höheren Energiebedarf, um sich vor einer Unterkühlung zu schützen. Wer seinen Abwehrkräften etwas gutes tun möchte, kann seine Energiereserven vor dem Training noch mit ein wenig Obst auffüllen.
Warum Sport bei Kälte?
Falls Sie sich fragen, warum Sie Ihren guten Freund, den inneren Schweinehund, aus seiner liebgewonnen Kuscheldecke zerren sollen: Da gibt es einige Argumente, die für Sport bei Kälte sprechen:
- Frost schont das Herz: Der Körper muss bei niedrigen Temperaturen für die Thermoregulation weniger Energie aufwenden. Je mehr Sie sich körperlich anstrengen, desto mehr Wärme erzeugt der Körper. Ist es draußen warm, muss Ihr Körper überschüssige Wärme loswerden, und die Herzfrequenz steigt. Bei Kälte muss das Herz für die gleiche Leistung weniger pumpen, und die Belastung sinkt.
- Kälte macht schneller: Vor allem für Ausdauersportler interessant! Bei Kälte bringen wir mehr Leistung. Forscher haben die optimale Trainingstemperatur auf 5 Grad Celsius festgelegt. Bei einem Vergleich von Marathon-Ergebnissen sieben verschiedener Städte haben sie herausgefunden, dass die schnellsten Zeiten bei Temperaturen zwischen 1 und 10 Grad Celsius erreicht werden. Sobald die Temperaturen ansteigen, werden die Zeiten wieder schlechter. Der Grund dafür ist, dass höhere Außentemperaturen einerseits den Kreislauf stärker belasten, und die Muskeln weniger Sauerstoff bekommen. Bei Kälte wird die arbeitende Muskulatur stärker durchblutet, und die Leistungsfähigkeit steigt an.
- Minusgrade machen happy: Training bei kalten Temperaturen macht glücklich. Das frostige Ausdauertraining regt die Produktion des Glückshormons Serotonin an. Eine US-Studie der Duke University in Durham/North Carolina hat ergeben, dass 30 Minuten Kardiotraining zwei Mal wöchentlich über einen Zeitraum von vier Monaten ausreicht, damit sich die Laune der Testpersonen deutlich messbar verbesserte.
- Training bei Kälte stärkt die Abwehr: US-Forscher an der Appalachian State University haben festgestellt, dass Sport im Winter das Immunsystem positiv beeinflusst. Die Erkältungsanfälligkeit von 1.000 Testpersonen während der kälteren Jahreszeit wurde dabei in Relation zu deren Ausdauersportpensum gesetzt. Jene, die im Freien Sport betrieben, litten nur halb so häufig an Erkältungen wie jene, die ihrem inneren Schweinehund nachgaben und dem Sport die kalte Schulter zeigten. Wenn die sportlichen Probanden doch mal erkrankten, dauerten die Erkältungen bei ihnen nur halb so lange wie bei den weniger sportlichen Kollegen. Eine mögliche Erklärung dafür: Die Temperaturunterschiede zwischen drinnen und draußen fördern die Durchblutung und stärken das Immunsystem, das so schneller mit den Krankheitserregern fertig wird.
Welche Effekte bewirkt Laufen im Winter?
Im Winter lieber im Warmen bleiben statt die Ohren bei Minustemperaturen steif zu halten? Nicht unbedingt, meinen Frauen und Männer, die es wissen müssen. Warum Marathonläufer und Extremsportler auf Workout im Winter schwören.
1. Widerstand
Wer sich bei Wind und Wetter im Freien aufhält und obendrein bewegt, härtet sich gegen Temperaturschwankungen ab, wird unempfindlicher gegen Erkältungen und stärkt seine Abwehrkräfte. Vorausgesetzt, man trägt wärmende, atmungsaktive Kleidung und schützt ausreichend Kopf, Ohren, Hände, Füße und Nase.
2. Flexibilität
Mehr denn je ist der Körper jetzt gefordert, vor allem im Gelände: Matschiger Boden, Eis und Schnee, unter dem sich Unebenheiten und Steine befinden können, fördern die Beweglichkeit und das Reaktionsvermögen des Körpers.
3. Konzentration
Workout im Winter erfordert volle Konzentration auf das Hier und Jetzt - physisch, aber auch mental. Die perfekte Möglichkeit, Geist und Körper miteinander in Einklang zu bringen und das Optimum aus sich herauszuholen.
4. Kraft
Ein wahrer Kraftakt, den erhöhten Widerstand beim Laufen zu überwinden: Die Lauftechnik passt sich unwillkürlich an die veränderten Bodenverhältnisse an. Der Trainings-Effekt ist enorm: Die Beinmuskeln werden stärker gefordert, dadurch besser geformt und stärker trainiert. Ein Mehr an Kraft, das bei Lauf-Bewerben den Unterschied machen kann, wenn's hart auf hart geht.
5. Härte
Es gibt nicht mehr viel unter der Sonne, was einem nach dem Winter-Training aus der Puste bringen kann. Ein Unterschied, den man nachhaltig spürt!
Wem Laufen nicht genug ist
Wer konsequent über mehrere Wochen im Winterwetter durchhält, gilt als unschlagbar und erspart sich aufgrund des gesamten Körpereinsatzes im Grunde zusätzliches Indoor-Training. Wer darauf dennoch nicht verzichten oder Abwechslung in sein Workout-Programm bringen will, setzt am besten auf Cross Country-Skiing oder Schneeschuh-Touren. Ähnlich wie Laufen trimmen sie die Beinmuskulatur, fördern die Körperhaltung und kommen auf einen ähnlichen Kalorienverbrauch. Vom Frischluft-Faktor ganz abgesehen ...
Alternativen zum Laufen im Winter?
Bei kalten Temperaturen empfiehlt es sich, auf Sportarten zu setzen, die den Körper und die Muskulatur gleichmäßig beanspruchen. Vor allem Ausdauersportarten wie Laufen, Nordic Walking, Spazieren, Langlaufen und Wandern eignen sich hervorragend, um den inneren Schweinehund aus seiner Kuscheldecke hervorzulocken. Der Vorteil dieser ruhigen Ausdauersportarten ist die gleichmäßige Belastung, man atmet weniger schnell und nicht so tief ein und bekommt in der Regel ausreichend Luft durch die Nase. Dadurch werden die Schleimhäute in Mund und Rachen vor Austrocknung und Krankheitserregern geschützt.