Millionen-Coup: Steuerfahndung schlägt zu
Die Steuerfahndung im Amt für Betrugsbekämpfung hat 2022 für Steuernachzahlungen von rund 30 Millionen Euro gesorgt. Zusätzlich zu den Nachzahlungen drohen den Steuerhinterziehern Strafen bis zu 60 Millionen Euro. Der Großteil der Fälle konzentriert sich dabei auf die Branchen Getränkegroßhandel und Gastronomie, die Dienstleistungsbranche sowie die Baubranche.
Grenzüberschreitender Betrug
"Verstärkte kriminelle Aktivitäten sind im Bereich des grenzüberschreitenden Umsatzsteuerkarussellbetruges in der KFZ-Branche im Luxusbereich sowie bei Nahrungsergänzungsmitteln für die Fitnessbranche feststellbar", erklärt Christian Ackerler, Leiter der Steuerfahndung. "Aktuell sind auch Betrugsmethoden in der Dienstleistungs- und Reinigungsbranche spürbar."
Scheinrechnungen und Schwarzgeld
Dabei werden durch die Schaffung eines (Schein) Firmengeflechts Dienstleistungsaufträge an mehrere Subebenen verteilt. Die Firmen dieser Subebenen verschaffen den Firmen der höheren Ebenen "Schwarzgeld" in bar, indem sie Scheinrechnungen ausstellen und anschließend Kick-back-Zahlungen leisten. Zusätzlich melden diese Firmen die Mitarbeiter unrichtig bei der Sozialversicherung an. Die angewendeten Stundenverrechnungssätze der verschiedenen Ebenen decken dabei nicht einmal die Eigenkosten ab und damit verschafft man sich den angestrebten unlauteren Wettbewerbsvorteil. Dadurch kommt es einerseits zu Steuerhinterziehung und andererseits zu Sozialbetrug.
Schmutzige Methoden bei Reinigungsfirma
Ein Beispiel dafür ist ein oberösterreichisches Unternehmen in der Reinigungsbranche. Dieses schickte während der viele seiner Arbeitskräfte in Kurzarbeit, während laut Transparenzdatenbank im Jahr 2020 rund drei Millionen Euro an COVID 19-Förderungen an das Unternehmen ergingen.Tatsächlich wurde allerdings im Jahr 2020 annähernd der gleiche Umsatz und Gewinn wie 2019 erzielt – dem umsatzstärksten Jahr seit Bestehen des Unternehmens. Um den gleichen Umsatz erzielen zu können, wurden Aufträge an Subunternehmen weitergegeben, welche wiederum mangels Personal ihrerseits Aufträge an weitere Sub-Subunternehmen vergaben.
Steuer- und Sozialbetrug
Während diese Unternehmen zwar über Personal verfügten, wurden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nur geringfügig oder gar nicht zur Sozialversicherung angemeldet. Um die Arbeitskräfte schwarz entlohnen zu können, wurden von den Scheinunternehmen Eingangsrechnungen für diverse Leistungen eingebucht. Der ausgewiesene Betrag wurde überwiesen, das Geld bar behoben und umgehend nach Abzug einer Provision an den Einzahler retourniert. Somit hatte der wiederum Bargeld zur Verfügung, um die Arbeitskräfte schwarz zu zahlen.Die nicht oder nur geringfügig angemeldeten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer konnten in weiterer Folge, aufgrund ihrer vermeintlich prekären Einkommenslage, zu Unrecht Sozialleistungen beziehen.
Gastro-Unternehmen schmeckt Registrierkasse nicht
Auch in der Gatro wurde nicht immer korrekt gebuchaltet. Ausgehend von Ermittlungen der Steuerfahndung West bei einem Registrierkassenprogrammierer, der manipulierbare Software für Gastronomieunternehmen erstellt hatte, wurden auch dessen Kunden näher unter die Lupe genommen. Wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung durch eine entsprechend manipulierte Registrierkassa konnte schließlich bei einem Gastro-Unternehmen ein Finanzstrafverfahren in Höhe von rund 300.000 Euro eingeleitet werden.
Betrug bei Nahrungsergänzungsmitteln
Das Streben vieler Menschen nach besserer Fitness und Gesundheit machte sich ein betrügerischer Unternehmer zu Nutze, indem er aus einem Lager in Wien Nahrungsergänzungsmittel bzw. arzneiähnliche Produkte verkaufte – allerdings ohne Umsatzsteuer zu erklären bzw. zu entrichten. Der 63-jährige Österreicher, der 20 Jahre lang einen Online-Shop betrieb, zog schließlich wegen Provisionszahlungen an vermittelnde Ärzte in Deutschland, welche in bar bezahlt wurden, die Aufmerksamkeit der Ermittler auf sich.
Internationales Verwirrspiel
Die Verkäufe der Ergänzungsmittel erfolgten vor allem nach Deutschland sowie innerhalb Österreichs – sowohl an Privatpersonen, als auch an andere Unternehmen. Auf keiner der Rechnungen war allerdings die notwendige Umsatzsteuer ausgewiesen. Als Verkäufer der Waren trat offiziell ein Unternehmen mit Anschrift in den Niederlanden auf, während auf der Ware selbst eine Firma in den USA als Hersteller genannt wurde. Bei den Ermittlungen der Steuerfahndung wurde schließlich festgestellt, dass – entgegen der offiziellen Angaben – der tatsächliche Versand der Ware aus dem österreichischen Zentrallager erfolgte. Die voraussichtliche Nachforderung der Umsatzsteuer beläuft sich auf rund 400.000 Euro und ist zur Gänze einbringlich. Das volle Ausmaß der ertragsteuerlichen Auswirkungen wird noch ermittelt, zudem ist auch noch die Höhe der Strafe ungewiss, da aller Wahrscheinlichkeit nach mit einem Geständnis des Täters zu rechnen ist.
Getränkehändler zu hoher Geldstrafe verurteilt
Im Jahr 2018 begann die Ermittlung der Steuerfahndung gegen einen Getränkehändler aus einer Salzburger Wintersportregion. Bei Durchsuchungen in Gastronomiebetrieben wurden Lieferscheine dieses Getränkehändlers vorgefunden, auf denen teilweise ein anderer Nummernkreis angegeben war. Die Lieferscheine dieses zweiten Nummernkreises fehlten auf den offiziellen Rechnungen des Großhändlers und somit bestand der Verdacht, dass nicht nur ein Teil schwarz eingekauft bzw. verkauft wurde, sondern auch, dass ein größer angelegtes Betrugskonstrukt vorlag.
Millionenstrafe
Nach zahlreichen Telefonüberwachungen, Observationen und Hausdurchsuchungen wurde tatäschlich ein komplexes Betrugsmodell aufgedeckt. Die Ermittlungen der Steuerfahndung und die abgabenrechtlichen Prüfungen bei 15 Gastronomiebetrieben führten zu einem Mehrergebnis in Höhe von über 6,9 Millionen Euro und zu strafbestimmenden Wertbeträgen von 6,4 Millionen Euro. Vom Landesgericht Salzburg und den Spruchsenaten wurden bisher insgesamt Geldstrafen in Höhe von 8,6 Mio. Euro verhängt. Mit der Verurteilung der Verantwortlichen des Salzburger Getränkehändlers und des Verbandes durch das Landesgericht Salzburg am 22. März dieses Jahres konnte das komplexe Ermittlungsverfahren der Steuerfahndung endgültig abgeschlossen werden. Die Täter wurden dabei zu Geldstrafen in Höhe von insgesamt 3 Millionen Euro verurteilt.