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Ein Zecke, die in der Haut eines Menschen steckt.
Im Salzburger Bluntautal wurde ein infizierter Gamsbock erschossen.
Im Salzburger Bluntautal wurde ein infizierter Gamsbock erschossen.
iStock.com/Ian_Redding

Zeckenalarm in Österreich: Neues Virus breitet sich aus

28.01.2025 um 15:02, Simone Reitmeier
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In den Alpen wurde bei Gämsen ein bisher unbekanntes Zeckenvirus entdeckt. Ob es eine Gefahr für den Menschen darstellt, ist noch unklar.

Ein internationales Forscherteam hat ein neues Zeckenvirus entdeckt. Gefunden wurde der neue Krankheitserreger in erkrankten Gämsen und anhaftenden Zecken aus Österreich und Italien. Welche Folgen das für Mensch und Tier hat, ist derzeit noch unklar.

Gamsbock in Salzburg infiziert

2017 hat ein Jäger im Salzburger Bluntautal nahe Golling einen Gamsbock erlegt, der ein auffälliges Verhalten an den Tag legte. Der Gang des siebenjährigen Tieres war unsicher, den Kopf hat es unnatürlich schief gehalten. Nach einer genauen Untersuchung identifizierte der Wiener Virologe Norbert Nowotny im Gehirn der Gams ein bislang unbekanntes Zeckenvirus. Gegenüber der APA erklärt er, es sei noch unklar, ob dieses „Alpine Gämsen Enzephalitis Virus“ auch für Menschen gefährlich ist.

Virus bereits weit verbreitet

Sechs Jahre später entdeckte man auch in Italien infizierte Gämsen. In der Region Piemont wurde 2023 ein Bock (5 Jahre alt) tot aufgefunden. In der Lombardei tauchte ebenfalls ein fünfjähriger Gamsbock mit Bewegungs- und Koordinationsstörung, Muskelzuckungen und unnatürlichem Fluchtverhalten auf. An beiden Tieren befanden sich noch Zecken, in denen das unbekannte Virus nachgewiesen wurde. Daraus schließen die Forscher, dass sich der Erreger bereits über einen weiten Raum – bis zu 390 Kilometer Luftlinie – ausgebreitet hat. Deutlich weicht auch die Höhe der Fundorte voneinander ab, sie reicht von 761 über 1.200 bis zu 1.700 Höhenmetern.

Subtyp der Flaviviren

Das Virus zählt zu den sogenannten Flaviviren, von dem in Mitteleuropa bislang nur einer vorgekommen ist: das Frühsommer-Meningoenzephalitis-Virus, weitläufig besser bekannt unter FSME. Bei fehlender Impfung verursacht es lebensgefährliche Gehirnhautentzündungen. Laut Nowotny sei der Erreger, der „Alpine chamois encephalitis virus“ (ACEV) getauft wurde, jedoch enger mit dem vor allem auf den Britischen Inseln vorkommenden Louping-Ill-Virus als mit FSME verwandt. Und dieser führt nur sehr selten zu Krankheiten bei Menschen, am häufigsten sind Schafe betroffen. „Die von den Gämsen stammenden Virusstämme […] bilden mit dem Spanischen Ziegenenzephalitis-Virus eine unabhängige genetische Gruppe, die sich deutlich von den anderen Louping Ill-Viren unterscheidet“, erklärt Nowotny.

Infektionen bei Menschen

Während im ersten Fall keine Zecken mehr an der Gämse hafteten, befanden sich bei den Tieren aus Italien noch Blutsauger. Bei dem Typ handelt es sich um „Ixodes ricinus“, besser bekannt als der häufig vorkommende „Gemeine Holzbock“. „Sollten etwa auch Ziegen oder Schafe für dieses neu entdeckte Virus empfänglich sein, bestünde auch die Gefahr von Infektionen des Menschen durch den Genuss von Rohmilch-Produkten dieser Tierarten“, betont Nowotny. Noch sei aber unklar, ob der Mensch für das Virus überhaupt empfänglich ist und Symptome zeigt. Man wisse auch nicht, ob es schon einmal eine menschliche Infektion gegeben hat. Weitere Untersuchungen seien daher unbedingt nötig.

Die Studie unter Leitung der Veterinärmedizinischen Universität Wien wurde in der international renommierten Fachzeitschrift „Viruses“ veröffentlicht.

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