Unternehmensvererbung: Zeit, das Steuer abzugeben
Die sogenannte Generation der „Babyboomer“ wird der Wirtschaft in vielen Belangen fehlen. Von der bevorstehenden Pensionierungswelle werden auch viele Firmeninhaber und Geschäftsführer erfasst werden. Doch bevor es so weit ist, sollte das Unternehmen ins Trockene gebracht werden. Und damit übernehmen die Nachfolger das Ruder. Doch worauf muss man achten, damit am Ende der eigene Betrieb nicht kentert?
Seniorchef als Mentor
Auf jeden Fall soll die Übergabe planvoll – also zu Lebzeiten – geschehen. „Einerseits besteht die Gefahr, dass Menschen in höherem Alter sehr oft nicht mehr erkennen, dass Strategieänderungen notwendig sind“, erklärt Andreas Mitterlehner, Managing Partner, Steuerberater und Head of Corporate Tax bei Icon Wirtschaftstreuhand GmbH, „andererseits sollen die Kinder in ihren besten Jahren gefordert werden.“ So wird ihnen auch die Chance gegeben, ihre eigenen Visionen einzubringen. Außerdem können Seniorchefs ihre Nachfolger weiterhin begleiten und bei echten Fehlentwicklungen notfalls eingreifen. Diese Unterstützung kann sehr hilfreich sein. „Jedoch ist es noch wichtiger, dass die Übergeber den Fähigkeiten und Begabungen ihrer Nachfolger vertrauen und sie diese das auch spüren lassen.“
Steuerlich ungefährlich
Steuerlich ist die Lage in Österreich für Unternehmer, die ihren Betrieb übergeben, recht vorteilhaft. Erbschafts- und Schenkungssteuer gibt es hierzulande nicht. Grundsätzlich treten die Übernehmer in die steuerliche Rechtsposition der Übergeber ein. Man spricht von „Buchwertfortführung“. Bei Liegenschaften im übertragenen Vermögen kann jedoch Grunderwerbsteuer anfallen. Hier ist es ratsam, die Grunderwerbsteuerfreibeträge des Grunderwerbsteuergesetzes zu beachten. „Sie ermöglichen in vielen Fällen, die Grunderwerbsteuer zu vermeiden“, erklärt Mitterlehner.
Ende des Familienunternehmens
Niemand kann gezwungen werden, ein Unternehmen fortzuführen, und so gibt es in manch einer Familie keine geeigneten oder gewillten Kandidaten. Möchten oder können die eigenen Kinder den Betrieb nicht weiterführen, gibt es unterschiedliche Lösungen. Stiftungen sind zwar nur noch in Ausnahmefällen steuerlich von Vorteil, wenn große Vermögen zusammengehalten werden sollen, sind sie dennoch eine Alternative. Daneben steht auch der Verkauf zur Verfügung. Doch soll bereits der bisherige Besitzer verkaufen oder erst die Kinder? „In der Regel ist der Verkauf durch den bisherigen Besitzer die steuerlich günstigere Regelung“, weiß Mitterlehner. Denn in bestimmten Konstellationen kann die Anwendung des Hälftesteuersatzes auf den Veräußerungsgewinn beansprucht werden. „Dies ist etwa bei der Übergabe von Einzelunternehmen oder Personengesellschaftsanteilen der Fall, wenn der Steuerpflichtige das 60. Lebensjahr vollendet hat und gleichzeitig seine aktive Erwerbstätigkeit einstellt.“ Unter den gleichen Voraussetzungen kann auch, wenn Anteile an Kapitalgesellschaften verkauft werden, unter Umständen Geld gespart werden. Bei einer vorhergehenden Umwandlung in eine Personengesellschaft kann der Veräußerer den Hälftesteuersatz anwenden. „Gleichzeitig kann der Erwerber von Personengesellschaftsanteilen die abgegoltenen stillen Reserven nach dem Erwerb in Form der Abschreibung steuerlich verwerten.“ Eine Win-win-Situation.
Dating App für Unternehmer
Manchmal lohnt es sich sogar, aus einer Not eine Tugend zu machen und frischen Wind in den Betrieb zu holen. Angehende Unternehmer sollten sich solche Chancen ebenfalls nicht entgehen lassen. Im Gegensatz zum Gründen muss man nicht erst in mühseliger Arbeit das Unternehmen aufbauen. Prozesse und Strukturen sind bereits vorhanden. Lieferanten und ein Kundenstock können übernommen werden. Damit sich alte Chefs und Neo-Unternehmer am Ende auch finden, gibt es in Zeiten des Onlinedatings eigene Vermittlungsbörsen für Firmeninhaber und solche, die es noch werden wollen. Eine bietet die Wirtschaftskammer an. Unternehmerisches
Verkuppeln sozusagen.
Damoklesschwert Erbschaftssteuer
Viel wird gemutmaßt über eine Rückkehr der Erbschafts- und Schenkungssteuer, seit SPÖ-Parteivorsitzender Andreas Babler das Thema wieder aufs Tapet gebracht hat. Derzeit ergibt sich bei Unternehmensvererbung im Todesfall und bei der Schenkung zu Lebzeiten steuerlich kein Unterschied. „Sollten wieder eine Erbschaftssteuer und Schenkungssteuer eingeführt werden, kann es sinnvoll sein, geplante Übertragungen vorzuziehen“, sagt Mitterlehner. Der Experte sieht aber ohnehin keinen Bedarf nach einer solchen Abgabe: „Aus unserer Sicht sind die derzeit erhobenen Ertragsteuern ausreichend.“ Eine Erbschaftssteuer wäre aus seiner Sicht für den Wirtschaftsstandort Österreich schädlich. Die erfolgreiche Fortführung durch die nächste Generation würde man damit auf jeden Fall erschweren. Entschieden wird über die Erbschafts- und Schenkungssteuer aber sowieso erst im Herbst in den Wahlkabinen und später von politischen Entscheidungsträgern.