Steuerlast am Bierdeckel errechnen
Wenn Gründer zu Ihnen kommen, was sind deren größte Sorgen?
Der Großteil der Gründer, die sich erstmalig selbstständig machen, hat Schwierigkeiten, sich einen Überblick zu verschaffen. Steuern, SV-Recht, Gewerberecht, Finanzrecht – es gibt so viele verschiedene Punkte. Das ist für jemand Unbedarften unüberschaubar. Es ist auch schwer, sich da hineinzulesen. Die WKO und die Gründungsberatung sind da sehr unterstützend, doch etwas zu theoretisch. Es gibt auch Förderungen, die wieder auf viele Stellen aufgeteilt sind. Dazu ist unser Abgabenrecht hoch komplex. Es müsste locker möglich sein, auf einem Bierdeckel meine Steuerlast auszurechnen. In Österreich gibt es unzählige Ausnahmen, Frei- oder Absetzbeträge, Bonus da, Bonus dort, doch wenn man die nicht permanent verfolgt, hat man ein Problem. Es wäre einfacher, ich setze die Steuerlast so an, dass es weniger Bonus oder Freibeträge gibt und ich dafür von Haus aus weniger zahle.
Würde bei dieser fehlenden Übersicht nicht eine verpflichtende Unternehmerprüfung helfen?
Ich bin kein Freund davon, Bürgern permanent etwas vorzuschreiben. Es soll jeder mündige erwachsene Bürger selbst entscheiden, wo er Vorbereitung braucht und wo nicht. Doch Gründen und wirtschaftliches Wissen sollten in die Schulbildung einfließen. Nur wenige Schulzweige vermitteln betriebswirtschaftliches Wissen, und das ist oft zu wenig praxisorientiert. Das wäre ein Wissen, das auch jedem Unselbstständigen in seinem Leben helfen würde.
Welche Motivation haben Gründer aus Ihrer Sicht und gibt es so etwas wie einen typischen Gründer?
Sie wollen Unabhängigkeit. Sie wollen nicht mehr für jemand anders arbeiten und fühlen sich bis zu einem gewissen Grad eingeengt. Sie wollen die Letztentscheidung selbst treffen und sich entfalten. Das ist die hauptsächliche Motivation von Gründern, die zu uns kommen. Es gibt dabei keinen gewissen Typus von Mensch. Gründer sind ganz unterschiedlich und bilden einen Querschnitt der Bevölkerung.
Was sind allgemein gesprochen die häufigsten Gründungsfehler?
Man muss am Anfang Entscheidungen mit Tragweite treffen, etwa ob ich sofort UST-pflichtig sein möchte. Das kann je nach Situation ein Vor- oder Nachteil sein. Da können schon Fehler passieren. Viele Gründer arbeiten noch nebenbei. Macht für sie eine Kleinunternehmerregelung Sinn? Eine Menge Fragen und Entscheidungen also. Dazu braucht es Fachleute. Es macht sogar einen Unterschied, ob ich Privatpersonen als Kunden habe oder im B2B-Bereich tätig bin. Eine weitere Fehlerquelle ist die Rechtsform. Da geht es nicht nur um das Finanzielle, sondern auch um einen gewissen Schutz. Habe ich ein Geschäftsmodell, wo ich geschützt werden muss, oder habe ich solche Gefahren nicht? Eine Ein-Mann-GmbH ist zwar für ein klassisches Kleinunternehmen steuerlich nicht günstiger, aber möglicherweise zu empfehlen, wenn es ein gewisses finanzielles Risiko hat. Vor einem solchen könnte eine GmbH unter Umständen besser schützen. Bei einer OG oder KG muss man von Anfang an ein eventuelles Exit-Szenario im Vertrag berücksichtigen. Das ist wie ein Ehevertrag. Am Anfang sind noch alle voller Euphorie, aber da gibt es meist noch kein Vermögen, das es zu verteilen gilt. Auch in vielen GmbHs gibt es keine Trennungsszenarien. Doch was ist, wenn einer aussteigen und die Anteile seinem Nachbarn verkaufen will? Wie wird die GmbH bewertet? Dazu gibt es verschiedene Betrachtungsweisen. Je besser der Vertrag bei der Gründung ausgestaltet ist, desto weniger Probleme gibt es nachher.
Nach einem Jahr geben rund 15 Prozent aller Gründer wieder auf. Wie erklären Sie sich das?
Unternehmen die es so kurzfristig nicht mehr gibt, sind meistens solche, die einfach ins Blaue etwas probiert haben und die teilweise keinen Unternehmensplan hatten. Ich rede niemanden drein, ob sein Produkt funktioniert oder nicht, das ist nicht meine Aufgabe, aber wenn überhaupt kein Plan da ist, etwa wie sie Kunden finden wollen, wird es schwierig. Unternehmen, die innerhalb der ersten fünf Jahre aufgeben, sind klassischerweise jene, deren Konzept nicht aufging bzw. die nicht genau geplant haben. Ein Knackpunkt ist das dritte Jahr, wenn die Zahlungen an das Finanzamt oder die Sozialversicherung angepasst werden. Das ist für viele nicht stemmbar. Am Anfang sind Steuern und SV-Beiträge noch niedrig und sie sind dann überrascht. Ich empfehle daher, dass man zumindest ein Drittel der Einkünfte zur Seite legen soll.
Wie gründerfreundlich würden Sie Österreich im Allgemeinen einstufen?
Ich glaube schon, dass Österreich auf allen Ebenen gewillt ist, junge Unternehmen und Gründer zu unterstützen. Es sollte aber statt vielen Anlaufstellen nur eine geben, von der aus alles koordiniert wird. Da spreche ich zwar gegen mein Geschäft, aber da läge das größte Verbesserungspotenzial. Solche über Jahrzehnte eingefahrene Strukturen zu ändern, ist eine große Herausforderung. Wie man solche über Jahrzehnte eingefahrenen Strukturen ändern kann, weiß ich nicht. Das redet sich von außen leichter, als es ist. Man muss auch die Behörden in Schutz nehmen, weil sie uns alle schützen. Wenn jemand etwa ein Gastgewerbe anmeldet und dann kommt die Lebensmittelbehörde, ist das für den Einzelnen zwar lästig, hat aber seinen Sinn.