Insolvenz - Eigenverwaltung ist die Minderheit
Die Signa Holding hat ein Insolvenzverfahren mit Eigenverwaltung beantragt. Wie kann man sich das vorstellen?
Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung sind die deutliche Minderheit. Laut KSV gab es 2022 nur 28 Verfahren in Eigenverwaltung, 308 ohne. Mit einer Mindestquote von 30 Prozent binnen zwei Jahren ist sie auch teurer. Weiters ist es schwieriger festzustellen, ob die nötige Transparenz gegeben ist, da das Management selbst die Geschäfte führt und der Insolvenzverwalter, salopp gesagt, mehr eine Aufsichtsfunktion hat. Umgekehrt führt der Insolvenzverwalter bei Verfahren ohne Eigenverwaltung vorübergehend die Geschäfte. Die Verfügungsgewalt über die Insolvenzmasse geht vom Schuldner auf den Insolvenzverwalter über. Dieser prüft u. a. auch die Werthaltigkeit der Vermögenswerte und ordnet sie zu. Gerade bei den Verflechtungen der Signa ist es wichtig, dass ein externer Kontrolleur genau hinsieht. Transparenz schafft Vertrauen und genau das braucht Signa jetzt für eine positive Sanierung. Die Selbstverwaltung kann auch schnell entzogen werden.
Was bedeutet das für Banken, Lieferanten und Tochtergesellschaften?
Die Gefahr sind weitere Insolvenzen der Subfirmen und Lieferanten. Vermutlich gab es auch Geschäfte innerhalb des Firmengeflechts, kürzlich geschlossene Deals könnten im Verfahren rückabgewickelt werden, dann wäre das Geld des Käufers weg, zusätzlich müsste er die Immobilie zurückgeben und etwaige Forderungen im Insolvenzverfahren anmelden. Rückabwicklungen erhöhen das Risiko von Folgeinsolvenzen. Gläubigerbegünstigung wird damit ausgeschlossen. Aber auch Baufirmen, Lieferanten, Behörden und Kommunen könnten durch die Finger schauen. Die Banken als Gläubiger haben bessere Karten, weil sie im Grundbuch besichert sind, wobei fraglich ist, ob noch das Verhältnis Immobilienwert zu Sicherheit passt aufgrund der Preisentwicklungen. Eigenkapitalgeber sind gegenüber Fremdkapitalgebern im Insolvenzverfahren nachrangig gestellt.
Ihr Verband sieht die geplante Harmonisierung des Insolvenzrechts der EU-Kommission äußerst kritisch. Worum geht es da?
Die EUKommission möchte einheitliche Rahmenbedingungen für das Insolvenzrecht, das macht auch Sinn. Österreich hat ein gutes Insolvenzrecht, kurze Verfahrensdauern, hohe Quoten und eine gute Sanierungskultur, quasi Best Practice. Leider droht ein Paradigmenwechsel, weg vom Gläubiger hin zum Schuldnerschutz. Kritisch sehen wir das verwalterlose Verfahren von Kleinstunternehmen, welches hohes Missbrauchspotenzial aufweist.
Wie wird sichergestellt, dass alle Gläubiger dieselben Infos erhalten?
Die Forderungsfeststellung übernimmt der Schuldner selbst. Der springende Punkt ist, dass dieses vereinfachte Verfahren bis zu 90 Prozent aller Insolvenzverfahren betreffen könnte. Gläubiger können zwar beantragen, dass ein Insolvenzverwalter bestellt wird, bei Massearmut müsste er aber diesen auch bezahlen. Grundsätzlich sollen Schuldner eine zweite Chance bekommen, aber sie sollen nicht so bevorteilt werden, dass weitere Probleme entstehen. Genau das muss man befürchten.