Bürgermeister Luger: wollen Industriestadt bleiben
CHEFINFO: Sie sind in der Ära des Bürgermeisters Franz Hillinger aufgewachsen. Sind die Herausforderungen heute andere als damals?
Klaus Luger: Die wesentlichen Aufgaben haben sich nicht geändert. Wo ich die großen Unterschiede sehe, ist im gesellschaftlichen Klima. In den Siebzigerjahren war das Image von Politikern besser, das Vertrauen in ihre Gestaltungsfähigkeit höher und der Optimismus in der Bevölkerung war größer.
Tun sich Kommunalpolitiker in dieser Beziehung leichter?
Luger: Natürlich, man ist näher an der Bevölkerung. Ich spreche beim Gang über die Landstraße mit Verkäufern von Obdachlosen-Zeitungen und etwas später vielleicht mit den CEOs unserer Industrie. Stadtpolitik ist weniger ideologisch getrieben und sucht parteiübergreifend pragmatische Lösungen.
Wenn ich frage, ob Sie eher Verwalter oder Gestalter sind, dann ist die Antwort also klar?
Luger: Ich neige nicht zum Verwalter und zur Bürokratie. Es ist mein Anspruch, eine Stadt eher wie ein Manager zu führen und unterschiedliche politische Parteien für eine gemeinsame Politik zu gewinnen.
Bei welchem Thema ziehen alle Parteien im Rathaus an einem Strang?
Luger: Ein Credo verbindet uns alle: Wir wollen Industriestadt bleiben. Das war noch nie so ausgeprägt wie jetzt, weil wir erkennen, wie wichtig die Umstellung auf CO2-neutrale Stahl- und Chemieproduktion ist. Wenn uns das nicht gelingt, dann sind wir als Industriestadt spätestens im Jahr 2050 Geschichte. Deshalb geht bei uns so viel weiter, weil wir in Wirklichkeit um unsere DNA kämpfen. Deshalb arbeiten wir auch daran, bis 2040 klimaneutral und eine weltoffenere Stadt als heute zu werden. Beides ist entscheidend, um künftige Arbeitskräfte von außen zu gewinnen und junge, engagierte, auch leistungsbewusste Menschen in der Stadt zu halten. Internationalität ist das Um und Auf für die Zukunft einer Stadt. Dass wir am richtigen Weg sind, zeigen Unternehmen, die sich hier weiterentwickeln, bewusst ihren Firmenstandort in Linz behalten und nicht, wie das vielleicht noch vor zehn Jahren der Fall gewesen wäre, nach Wien absiedeln.
Stadtentwickler Andreas Kleboth meinte, Linz habe jetzt die einzigartige Chance, zur modernsten Stadt Österreichs aufzusteigen. Geht sich das in Ihrer Amtszeit noch aus?
Luger: Ich glaube, das sind wir schon, wenn auch nicht in allen Segmenten. Eine Millionenmetropole wie Wien spielt in einer anderen Liga. Wir haben es aber geschafft, die Stadt in den letzten Jahren massiv weiterzuentwickeln, indem wir auf Innovation, Digitalisierung, Industrie oder moderne Kunst gesetzt haben. Hier tun sich historisch gewachsene Städte wie Salzburg und Graz viel schwerer. Dass Linz mit Innovation verbunden wird, liegt weniger an meiner Person, sondern an Konzernen wie der voestalpine, an der Tabakfabrik Linz oder dem Ars Electronica Center. Das ist ein Gesamtgeflecht, dem ich in meiner gewählten Periode sehr gerne angehöre und weiter angehören werde.
Linz hat einige Stadtentwicklungsvorhaben wie das Projekt Neuland am Hafen, das Quadrill am Gelände der Tabakfabrik oder die Post City am Bahnhof. Welches ist das wichtigere?
Luger: Diese Projekte hängen inhaltlich zusammen. Es ist das Ökosystem mit vielen unterschiedlichen Playern, um das uns andere beneiden. Beim Quadrill geht es darum, die Synergien mit der Tabakfabrik und dem Hafen zu nützen. Ein Riesenpotenzial, was die Innovation betrifft. Der Linzer Hauptbahnhof wird ein wichtiges Statement im Kampf um Arbeitskräfte sein. So wie der Hauptbahnhof in Wien ein Zentrum von Dienstleistungsunternehmen geworden ist, wird das auch in den nächsten Jahren mit der Post-City passieren. Die strategische Bedeutung ist für Linz enorm wichtig.
Sie haben die Zukunft und die Jugend erwähnt. Worauf muss sich die Stadtentwicklung einstellen?
Luger: 50 Prozent von Linz sind Grünfläche. Das wird oft vergessen und ist ein Asset. Wenn wir das behalten wollen, wird der Wohnbau stärker in die Höhe gehen müssen. Gleichzeitig entsteht bei den jüngeren Menschen die Nachfrage nach guter Infrastruktur beim öffentlichen Nahverkehr und sie wollen sich verstärkt mit dem Rad in der Stadt bewegen. Dies zu berücksichtigen wird die Herausforderung der Zukunft sein.