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Steht nach FTX-Pleitier Sam Bankman-Fried mit Changpeng "CZ" Zhao das nächste Krypto-Wunderkind vor den Scherben seines Schaffens?
Steht nach FTX-Pleitier Sam Bankman-Fried mit Changpeng "CZ" Zhao das nächste Krypto-Wunderkind vor den Scherben seines Schaffens?
BENOIT TESSIER / REUTERS / PICTUREDESK.COM

Alles sehr kryptisch

07.12.2023 um 08:00, Jürgen Philipp
min read
Nach FTX wird nun intensiv gegen den Marktführer bei Kryptowährungstransaktionen, Binance, ermittelt. Fällt damit ein weiterer Dominostein?

Changpeng Zhao, Gründer von Binance, der nach Handelsvolumen größten Kryptobörse der Welt, habe 1989 das erste Mal frische Milch getrunken. Das war einige Wochen nach dem Massaker am Tian’anmen-Platz in Peking. Zhao, von seinen Fans „CZ“ genannt, flüchtete von China nach Kanada zu seinem Vater, der in der Kulturrevolution vertrieben wurde. Der Rest ist Geschichte. Der heute 46-Jährige gründete Binance 2017 und stieg zu einem der reichsten Menschen der Welt auf. Von Forbes wird er auf Rang 180 gelistet und ist damit die Nummer eins der Kryptobranche. Doch nun könnte Unheil auf den Elon-Musk-Freund und „X“ (ehemals Twitter)-Investor zukommen.

FTX-Crash: Hat sich „CZ“ zu früh gefreut?
Binance profitierte anfangs noch von der FTX-Pleite. Nun gehen ehemalige FTX-Kunden einen Schritt weiter und führen eine Sammelklage gegen Binance. Der Vorwurf: CZ soll FTX-Token liquidiert, eine Panik ausgelöst und so den Zusammenbruch von FTX befeuert haben. Zudem werfen sie ihm unlauteren Wettbewerb und Monopolisierung vor. Tatsächlich lief Binance in Richtung Monopol. Nach der FTX-Pleite wurden 70 Prozent aller Kryptowährungstransaktionen von Zhaos Unternehmen abgewickelt, aktuell nur mehr weniger als 50 Prozent. Das ist zwar noch immer ein gigantischer marktbeherrschender Wert, für „to big to fail“ reicht es aber offensichtlich nicht.

Rückzug aus Europa
So klagte die US-Börsenaufsichtsbehörde, und auch das US-Justizministerium scheint in den Binance-Bilanzen zu wühlen. Die Vorwürfe: Veruntreuung von Kundengeldern in den USA. CZ wird zudem vorgeworfen, nicht registrierte Wertpapiere verkauft zu haben. Das hatte auch Auswirkungen auf Europa. Binance zog sich sukzessive – auf Druck der Regulierungsbehörden oder freiwillig – aus
Europa zurück. Auch in Österreich wurde der Lizenzantrag bei der FMA wieder revidiert. In Spanien, Italien und Frankreich wird bereits wegen des Verdachts auf Geldwäsche gegen Binance vorgegangen, ebenso in Australien. In Großbritannien wurde dem Unternehmen die Registrierung bei der Finanzaufsicht verwehrt. Die Märkte Zypern und Kanada brachen zusammen. Binance musste sich zudem auf US-Druck aus Russland zurückziehen. Mittlerweile hat das Unternehmen sein Headquarter in die Arabischen Emirate verlegt und fokussiert sich auf den asiatischen Markt. Ob Zufall oder nicht: Die VAE haben kein Auslieferungsabkommen mit den USA.

Scheitert Binance von innen, außen oder gar nicht?
Doch auch innerhalb des Unternehmens brodelt es. 1.500 Mitarbeiter wurden entlassen, führende Köpfe flüchteten in Scharen. Das einstige Wunderkind CZ hat seine Strahlkraft verloren. Wie würde sich nun eine eventuelle Pleite des Giganten auf den Markt auswirken? Wie schon bei der FTX- Pleite könnte der Bitcoin-Kurs massiv verlieren. Händler würden sich laut WSJ auf einen Ausfall bereits vorbereiten. Sie könnten Vermögenswerte von Binance rasch abziehen. Ironie des Schicksals: Es war ausgerechnet CZ, der nach der Pleite von FTX Ende 2022 einen Fonds ankündigte, um Vertrauen zurückzugewinnen und einen Dominoeffekt zu verhindern. Nun ist ausgerechnet Binance zu einem entscheidenden Dominostein geworden. Ein Wanken oder gar Umfallen dieses Steinchens könnte die ganze Branche destabilisieren, doch das Motto „No risk, no fun“ ist in der Kryptowelt ohnehin Alltag.