KI-Anwendungen: Smarte Finanzströme
OpenAI ist das derzeit wohl bekannteste KI-Unternehmen der Welt. Vor einem Jahr veröffentlichte es den Bildgenerator DALL-E und im November den Bot ChatGPT. Seither ist einer breiteren Öffentlichkeit bewusst, was künstliche Intelligenz (KI) zu tun vermag. Inzwischen hat Microsoft in das von Sam Altman (37) gegründete Social Start-up zehn Milliarden Dollar investiert und nutzt es für seine Suchmaschine Bing. Unter den Internet- und Softwaregiganten ist ein regelrechter Wettlauf um neue und effizientere KI-Anwendungen entstanden, die bald große Teile unseres Lebens beeinflussen werden, sind KI-Stars wie der 39-jährige Richard Socher überzeugt. „Etwa 80 Prozent der menschlichen Tätigkeiten in jeder Branche könnte KI übernehmen“, sagt der Deutsche, der im Silicon Valley forscht.
Erfolgreich bei großen Datenmengen
Dabei ist KI bereits seit Jahren überall dort erfolgreich im Einsatz, wo große Datenmengen verarbeitet werden müssen und Menschen an ihre Grenzen stoßen. Ein sehr gutes Beispiel ist hier der gesamte Finanzbereich. KI kann dabei helfen, komplexe Daten schnell und präzise zu analysieren und so Entscheidungen zu treffen, die auf fundierten Daten und Analysen basieren. Dies kann dazu beitragen, dass Anlageentscheidungen fundierter getroffen werden können.
Finanzwesen fährt „autonom“
„Digitale Innovation verändert heute das Finanzwesen wie vor 200 Jahren die Dampfmaschine die Industrie“, sagt Joachim Wuermeling, Vorstand der deutschen Bundesbank, der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Wobei die digitale Transformation eine völlig andere Nummer im Finanzwesen ist, als analoge Prozesse im traditionellen Sinn zu „digitalisieren“. Wie beim Auto sei es etwas grundlegend anderes, den Tacho digital anzuzeigen, als autonom zu fahren. Kryptoanlagen, verstärkte Prozesse der IT-gesteuerten Kreditvergabe und neue Anbieter wie Big Techs seien erst der Anfang dieser Entwicklung. Künstliche Intelligenz, Big Data und Quantencomputer stecken ja noch in den Kinderschuhen, sagt Wuermeling.
Machine Learning aus Hagenberg
Bei hiesigen Banken kann man diese Entwicklung nur bestätigen. Beim Kepler-Fonds der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich etwa arbeitet man mit dem Team von Ulrich Bodenhofer, Professor für Artificial Intelligence an der Fachhochschule Hagenberg, zusammen. Mittels Machine Learning, einem wichtigen Teilbereich der KI, sollen frühzeitig negative Unternehmensentwicklungen erkannt werden. Aus großen Mengen an Fundamentaldaten, makroökonomischen Kennzahlen und Stimmungsindikatoren werden Wahrscheinlichkeiten für zukünftige Kursbewegungen von Unternehmen abgeleitet.
Mensch trifft Letztentscheidung
„Wir erhalten dank KI wertvolle Hinweise, welche Aktien aufgrund ihrer fundamentalen Situation von vornherein besser gemieden werden sollten. Der Mensch lässt sich aber nicht ersetzen, er muss die Letztentscheidung treffen“, sagt Andreas Lassner-Klein, Geschäftsführer der Keppler-Fonds Kapitalanlagegesellschaft. Die Verwendung von KI bei der Geldanlage ist aber auch mit Risiken verbunden. KI-Systeme können beispielsweise anfällig für Fehlentscheidungen sein, wenn sie auf falschen oder unvollständigen Daten trainiert werden. Zudem können sie auch Verzerrungen und Vorurteile aufgrund der verwendeten Daten oder Algorithmen aufweisen.
Vorsprung auf Finanzmärkten
An europäischen Börsen oder im Dow Jones können Fondsmanager kaum noch Wissensvorsprünge generieren, weil die Marktpreise schnell und präzise alle verfügbaren Informationen widerspiegeln. Dennoch kann man mit dem Einsatz KI-basierter Systeme punkten. Sie haben die Fähigkeit, große Datenmengen in kurzer Zeit zu analysieren und Muster zu erkennen, die für menschliche Analysten schwer zu erkennen sind.
Keine Garantie mit KI
Allerdings müssen Anleger vorsichtig sein, wenn sie auf KI-basierte Analysen setzen. Denn letztlich gibt es keine Garantie dafür, dass KI-basierte Systeme die zukünftige Entwicklung der Finanzmärkte richtig vorhersagen können. Auch KI-Systeme können durch unvorhergesehene Ereignisse, wie zum Beispiel politische Entwicklungen oder Naturkatastrophen, beeinträchtigt werden. Es ist daher wichtig, KI-Analysen mit einer fundierten Risikomanagementstrategie zu kombinieren und auch menschliche Analysen und Urteilsvermögen einzubeziehen, um einen umfassenden Ansatz zur Entscheidungsfindung zu gewährleisten.
Ein Assistent, der dich kennt
Dass ChatGPT erst der Anfang eines riesigen KI-Booms ist, davon ist auch Ari Popper, CEO und Gründer von SciFutures überzeugt. Der Futurologe meint, dass in Zukunft jeder seine ganz persönlichen KI-Assistenten haben wird, „der dir aufgrund deiner Daten hilft, Entscheidungen zu treffen. Damit wird die künstliche Intelligenz auch zum Einkaufsberater. Unternehmen werden sich bald fragen müssen, wie sie in diesem Umfeld ihre Produkte präsentieren können. Das ist ein völlig neues Denken“, sagt Popper.
Individuelle KI
Das kalifornische Start-up personal.ai arbeitet bereits an diesen Lösungen. „Stellen Sie sich vor, Sie hätten sofort die Antwort auf alles, was Sie einmal wussten, oder könnten sich an jedes Detail Ihrer Unterhaltungen erinnern, ohne endloses Blättern oder Suchen“, heißt es bei personal.ai. Im Unterschied zu KI-Bots, die allgemeine Daten verwenden, basiert die persönliche KI auf den jeweils individuellen Daten und den gesendeten Nachrichten. Dass sich die KI zum Begleiter in Finanzfragen entwickelt, ist nicht weit hergeholt. „Kann ich mich nächste Woche mit meiner Freundin treffen und essen gehen?“, würde man keinen Bankberater fragen. Aber der KI-Assistent gibt nicht nur Auskunft über die Budgetlage, sondern macht auch gleich Restaurantvorschläge.