Klimacentvater Johann Punzenberger
Weekend: Stichwort Klimaneutralität?
Johann Punzenberger: Es geht um nichts weniger als die Rettung unseres Planeten – und das müssen wir hier in Vorarlberg vorleben, ohne auf andere Länder zu verweisen. Wenn wir bis 2040 klimaneutral sein wollen, müsste zu diesem Zeitpunkt der CO2-Preis unendlich hoch sein. Reine Willenserklärungen reichen nicht mehr, eine Kostenwahrheit – Stichworte Atom, Gas, Kohle Öl,Treibstoffe – muss seitens der Politik hergestellt werden. Beim Klimacent handelt es sich um eine freiwillige CO2-Abgabe für die im Betrieb verursachten CO2 Emissionen, um Klimaschutz voranzutreiben. Der Klimacent steht für eine klimaneutrale und zukunftsorientierte Lebens- und Wirtschaftsweise, er beschleunigt, motiviert und bündelt das Engagement einzelner.
Weekend: Sie sind Initiator der Klimacent-Plattform?
Johann Punzenberger: Ich habe das Projekt auf den Boden gebracht und etabliert, mittlerweile wird die Plattform für die Klima- und Energieregionen Österreichs ausgerollt. Die Notwendigkeit unseres Tuns ist im IPCC-Bericht (International Panel of Climate Chance) nachzulesen – wir stehen bereits an den Kipppunkten mit dauerhaften Klima-Extremen. Diese Dringlichkeit wird der Bevölkerung von der Politik leider nicht vermittelt bzw. zugemutet.
Weekend: Wer kann mitmachen?
Johann Punzenberger: Jede Organisation, Gemeinde, jeder Betrieb und jede Person – mit einem selbstbestimmten Beitrag oder auf Basis eines Audits mit € 50.-/to CO2. Es geht darum, über das eigene Vorbild gesetzliche Rahmenbedingungen zu ermöglich. Wirtschafts- und Arbeiterkammer sind dabei, auch das Land Vorarlberg hat sich - als erstes österreichisches Bundesland – bereits dazu bekannt. Gemeinwohlbetriebe wie Müller Wohnbau, Biobauer Karl Lingenhel sowie 36 Gemeinden sind ebenfalls Unterstützer der Klimacent-Plattform. Wir sind in Vorarlberg ein innovativer Standort, um effizient und nachhaltig zu wirtschaften. Ziel ist, dass weniger CO2 produziert wird, und wir eine Vorzeigeregion werden.
Weekend: Funktionieren Einsparungen ohne Komfortverlust?
Johann Punzenberger: Ich habe ohne eigenes Auto einen höheren Gewinn an Lebensqualität. Ich komme mit dem Bus von Schoppernau stressfrei ans Ziel und kann mit WLAN sogar arbeiten. Oder ich nutze ein Carsharing-E-Auto. Allein von Benzin auf E-Autos umzusteigen ist nicht die Lösung, wir müssen die Mobilität anders denken und gemeinsame Nutzungskonzepte umsetzen.
Weekend: Welche Konzepte sind sinnvoll, welche nur Marketinggags?
Johann Punzenberger: Mit Speiseöl aus ganz Wien einen einzigen Flug CO2-neutral zu verkaufen ist keine intelligente Lösung. Es ist grundsätzlich genug erneuerbare Energie vorhanden, um ein gutes Leben für alle zu ermöglichen, jedoch nur, wenn diese effizient eingesetzt und gerecht verteilt wird. Wir könnten alle gut im Einklang der natürlichen Grenzen leben. Es geht darum zwei Drittel der Energie die wir derzeit verschleudern durch sinnvollere innovativere Systeme zu kompensieren. Wir können, wenn wir wollen! Klimacent-Unterstützer:innen lenken ihre Zahlung in selbstgewählte Projektfonds wie Wald und Holz, Gemeinwohl-Ökonomie, Biolandbau etc. Mehr Informationen finden Sie auf www.klimacent.at
Zur Person: JOHANN PUNZENBERGER
- Klimacent-Initiator
- Jahrgang 1961
- seit 40 Jahren verheiratet, 2 Söhne, 2 Enkel
- Werdegang: Studium Bauingenieur, Personal- und Organisationsentwicklung. Ziviltechnikerprüfung, seit 1999 Geschäftsführer der ARGE erneuerbare Energie Vorarlberg; www.aeev.at
- Hobbies: Gärtnern, Lesen, in der Natur bewegen, Musizieren