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Carl Maria von Webers romantische Oper eröffnet 78. Bregenzer Festspiele.
Carl Maria von Webers romantische Oper eröffnet 78. Bregenzer Festspiele.
Carl Maria von Webers romantische Oper eröffnet 78. Bregenzer Festspiele.
Anja Köhler

„Der Freischütz“ erstmals auf der Seebühne

23.11.2023 um 19:33, Weekend Magazin Vorarlberg
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Die 78. Bregenzer Festspiele bieten von 17. Juli bis 18. August 2024 ein vielschichtiges und abwechslungsreiches Programm für mehr als 210.000 Besucher:innen.


Mit Carl Maria von Webers Der Freischütz, eine der populärsten Opern im deutschsprachigen Raum und gleichzeitig ein Werk, das noch nie auf der Bregenzer Seebühne zu sehen war, kehrt Regisseur Philipp Stölzl 2024/25 nach Bregenz zurück. Nach seinem gefeierten Rigoletto, dem Spiel auf dem See 2019/21, ist die romantische Oper rund um den jungen Amtsschreiber Max, der seine Seele für ein irdisches Glück verkauft, bereits die zweite Inszenierung des Münchners am Bregenzer Bodensee. Stölzl zeichnet dabei nicht nur für die Regie, sondern auch für Bühnenbild und Lichtdesign verantwortlich. Es dirigiert Conductor in Residence Enrique Mazzola, der auch bei Rigoletto die musikalische Leitung innehatte. Der Freischütz eröffnet am 17. Juli 2024 die 78. Bregenzer Festspiele.

Für das Spiel auf dem See 2024 sind an 26 Abenden insgesamt 185.000 Tickets aufgelegt (inkl. Generalprobe und Young People’s Night), davon ist derzeit rund ein Viertel gebucht. Insgesamt sind für mehr als 80 Veranstaltungen in der nächstjährigen Festspielsaison rund 213.000 Tickets aufgelegt.

Rossinis „Jugendmeisterwerk“ Tancredi im Festspielhaus

Am 18. Juli 2024 feiert Gioachino Rossinis „Jugendmeisterwerk“ Tancredi im Festspielhaus Premiere. Es ist ein packender Opernthriller der Gefühle, mit dem sich der erst 20-jährige Gioachino Rossini 1813 von Venedig aus an die Spitze der italienischen Komponisten seiner Zeit katapultierte. Obwohl ein Frühwerk, zeugt Tancredi mit seinen schwungvollen Melodien und den rauschenden Finali bereits eindeutig vom musikalischen Einfallsreichtum Rossinis. Inszeniert wird diese Oper über Liebe, Vertrauen und die Unmöglichkeit, in Krisenzeiten glücklich zu werden, von Jan Philipp Gloger. Die musikalische Leitung übernimmt Yi-Chen Lin, die dem Publikum der Bregenzer Festspiele als Dirigentin von Giacomo Puccinis Madame Butterfly in Erinnerung ist.

Menschliche Sprachlosigkeit und
geheimnisvolle Wesen auf der Werkstattbühne

Die beiden Uraufführungen Unmögliche Verbindung des tschechischen Komponisten Ondřej Adámek und Hold Your Breath der irischen Komponistin Éna Brennan machen die Werkstattbühne wieder zum einzigartigen Spielort für zeitgenössisches Musiktheater. Unmögliche Verbindung rückt am 27. Juli 2024 das Scheitern zwischenmenschlicher Kommunikation in den Mittelpunkt. In Hold Your Breath, entstanden im Bregenzer Opernatelier in Zusammenarbeit mit dem Kunsthaus Bregenz, finden sich am 15. August 2024 die Menschen mit einer geheimnisvollen Kreatur konfrontiert, deren Bewegungen alle ergreift und verändert.

Das Musiktheater Unmögliche Verbindung zeichnet in einer Abfolge von Szenen etliche Momente nach, in denen menschliche Kommunikation scheitert, erschwert oder verhindert wird. Sei es im Dialog mit sich selbst, mit einem Gegenüber oder angesichts eines Kollektivs: In Situationen emotionaler Überforderung fühlen sich Menschen oftmals sprachlos. Der deutsche Regisseur und Autor Thomas Fiedler und der tschechische Komponist und Dirigent Ondřej Adámek haben dieses neue performative Musiktheaterwerk eigens für das Ensemble Modern konzipiert und komponiert. Bühne und Kostüm stammen von Christian Wiehle.

Hold Your Breath ist im Bregenzer Opernatelier in einem mehrjährigen Arbeitsprozess zwischen der irischen Komponistin Éna Brennan, dem britischen Regisseur und Librettisten Sir David Pountney und dem aus Portugal stammenden bildenden Künstler Hugo Canoilas entstanden. Der ehemalige Intendant der Bregenzer Festspiele hat sämtliche Ideen in einer ergreifenden Geschichte gebündelt, die klangliche, räumliche und szenische Vorgänge erweckt.

Franui zu Gast mit Hotel Savoy:
Operettenträume im Exil

In Joseph Roths frühem Roman Hotel Savoy wird die gleichnamige Herberge zur Metapher für eine durch den Ersten Weltkrieg aus den Fugen geratene Welt. Exil und Verlorenheit, Träume und Hoffnungen verbinden in der gleichnamigen Hybridoperette der Musicbanda Franui aber nicht nur die Romanfiguren; auch durch die Lebensschicksale vieler herausragender Komponist:innen der Zeit zwischen 1900 und 1935 zieht sich eine entscheidende gemeinsame Erfahrung: die Vertreibung durch die Nationalsozialist:innen. Franui hat die größten Hits dieser „Silbernen Operettenära“ musikalisch bearbeitet und „rekomponiert“: So ist eine Musik entstanden, die in Kenntnis dieser Lebensgeschichten anders und aufregend neu gehört werden kann. Premiere von Hotel Savoy, einer Produktion des Schauspiels Stuttgart und der Staatsoper Stuttgart, ist am 21. Juli im Theater am Kornmarkt.

Opernstudio: ironische Situationskomik
und lautmalerische Effekte

Mehr als 100 Jahre liegen zwischen Gioachino Rossinis erster öffentlich aufgeführter Oper Der Ehevertrag (La cambiale di matrimonio) und dem Einakter Gianni Schicchi aus Giacomo Puccinis Il trittico. Beiden Werken gemein ist ein Gespür für ironische Situationskomik und witzige lautmalerische Effekte. Die Grande Dame der Opernwelt, Kammersängerin Brigitte Fassbaender, wird diese witzige wie ungewöhnliche Kombination im kommenden Sommer mit den jungen Sänger:innen des Opernstudios in Szene setzen. Am Pult der Brite Leo McFall, Chefdirigent des Symphonieorchesters Vorarlberg, der mit diesem Doppelabend erstmals die musikalische Leitung einer Opernproduktion bei den Bregenzer Festspielen übernimmt. Premiere ist am 12. August im Theater am Kornmarkt.

Großartige Gäste im Schauspielprogramm

Osterzeit ist Schauspielzeit am Bodensee: Auch in diesem Jahr gastiert das Wiener Burgtheater am Osterwochenende im Festspielhaus. Zu sehen ist am 30. und 31. März 2024 die Komödie Der Menschenfeind des französischen Dramatikers und Regisseur Jean-Baptiste Poquelin, genannt Molière (1622–1673). Es inszeniert Burgtheater-Direktor Martin Kušej, das Bühnenbild stammt von Martin Zehetgruber. Molières Der Menschenfeind kratzt genussvoll am Lack der Oberfläche und schaut hinter die glanzvolle Party-Fassade einer Gesellschaft, die so tut, als würden Kategorien wie Moral oder Wahrheit als Konsens des Zusammenlebens tatsächlich existieren.

Ebenfalls zu Gast ist das Deutsche Theater Berlin, das nach der kurzfristigen Absage im Vorjahr Heinrich von Kleists Lustspiel Der zerbrochne Krug in einer Inszenierung von Anne Lenk zeigt. Neue Termine im Theater am Kornmarkt sind der 18. und 19. Juni 2024. Was Kleists 1811 uraufgeführtes Drama rund um den Dorfrichter Adam zur Komödie macht, ist vor allem die Dreistigkeit, mit der hier vom Patriarchat Macht ausgeübt, Positionen gesichert und Verhältnisse zementiert werden.

„Deal or no deal“ lautete 2023 das Thema des Wettbewerbs der Österreichischen Theaterallianz in Anlehnung an Carl Maria von Webers Der Freischütz. Als Siegerstück ging Josef Maria Krasanovskys Mondmilch trinken hervor. Die Uraufführung dieser Koproduktion mit dem klagenfurter ensemble und dem Theater KOSMOS in Bregenz findet am 1. August im Theater KOSMOS statt. Mondmilch trinken wird anschließend auch an den weiteren Spielstätten der Theaterallianz zu erleben sein.

Orchesterkonzerte: beliebte Konzertstücke
vom 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart

Symphonische Meisterwerke und neu zu entdeckende Klänge geben einander die Hand: Die vier Orchesterkonzerte lassen den Reichtum der Musik vom 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart lebendig werden. Mit Ludwig van Beethovens Pastorale, Robert Schumanns „Rheinischer“ und Gustav Mahlers 1. Symphonie stehen im kommenden Sommer drei der wohl beliebtesten Konzertstücke auf dem Programm. Ergänzt werden sie von Werken Carl Maria von Webers, Antonín Dvořáks und Igor Strawinskis sowie Emilie Mayers, die, als „weiblicher Beethoven“ betitelt, in der Mitte des 19. Jahrhunderts mit ihren Kompositionen zahlreiche Erfolge erzielte.

Gerngesehene Gäste am Dirigentenpult des Festspielhauses sind Enrique Mazzola als Conductor in Residence am 28. Juli 2024 und Leo McFall als Chefdirigent des Symphonieorchesters Vorarlberg am 18. August 2024. Am 22. Juli 2024 gibt die litauische Dirigentin Giedrė Šlekytė ihr Debüt in Bregenz und am 5. August 2024 ist erstmals der designierte Chefdirigent der Wiener Symphoniker Petr Popelka zu Gast am Bodensee. An diesem Abend feiert auch das neue chorsymphonische Stück Love and the Fever von Thomas Larcher, ein Auftragswerk des Mitteldeutschen Rundfunks, der Bregenzer Festspiele, der Filharmonie Brno und der NTR ZaterdagMatinee, seine Österreichische Erstaufführung.

Im Rahmen der 2022 ins Leben gerufenen Orchesterakademie der Bregenzer Festspiele und der Wiener Symphoniker in Zusammenarbeit mit der Stella Vorarlberg Privathochschule arbeiten junge Musiker:innen im Alter zwischen 17 und 27 Jahren mit dem israelischen Dirigenten Daniel Cohen und die Sopranistin Marlis Petersen eine Woche lang an ihrem ersten gemeinsamen Konzert. Auf dem Programm stehen diesmal Arnold Schönberg, Richard Strauss und Béla Bartók, zu hören am 11. August 2024 im Festspielhaus.

„Ohne Frack und Taktstock“ präsentieren Mitglieder der Wiener Symphoniker in der beliebten Reihe Ganz persönlich am 27. Juli, am 3. und 10. August 2024 im Seestudio in wechselnden Kammermusik-Besetzungen ihre Lieblingskompositionen.

Im Konzert im KUB ist am 6. August das Vokalensemble The Present zu erleben: Carl Maria von Webers Der Freischütz hat Hanna Herfurtner, eine der Sängerinnen des Ännchens auf der Seebühne, und ihr Vokalensemble The Present zu einem vielfältigen Programm inspiriert.

Poetisches und Musikalisches im Seestudio

Überraschende Blickwinkel des Festspielprogramms an der Schnittstelle von Kammermusik und Literatur findet man in jedem Sommer in der Reihe Musik und Poesie. Am 28. Juli sind zwei Vorarlberger Künstler zu Gast: der „Meister des Erzählens“ Michael Köhlmeier und Komponist Markus Nigsch. Auf dem Programm steht die Uraufführung von Nigschs Auftragswerks Landkarte eines Verbrechens. Am 4. August ist jene Gruselgeschichte aus dem 1810 erschienenen Gespensterbuch zu hören, die Carl Maria von Weber zu seiner Oper Der Freischütz inspiriert hat. Es liest Sarah Viktoria Frick, am Klavier Sergey Tanin. Und am 11. August 2024 lautet der vielsagende Titel „Ich pfeif’ auf die Sobotka“. Nikolaus Habjan, einer der besten Kunstpfeifer weltweit, präsentiert in einem halsbrecherisch gepfiffenen Abend die beliebtesten Arien aus der Welt der Oper und Elisabeth Sobotkas ganz persönliche Lieblingsnummern.

Junge Festspiele: Magische Blasmusik
und eine zappelige Holzpuppe

Das Kinder- und Jugendprogramm Junge Festspiele bietet erneut eine große Auswahl und einen niederschwelligen Zugang zu Kunst und Kultur, darunter den „Dauerbrenner“ Young People’s Night. Schon im Juni 2024 unter anderem die magische Blasmusik-Show Zirkus Luft-i-Kuss in Zusammenarbeit mit dem Vorarlberger Blasmusikverband und Christof Dienz Kinderoper Pinocchio.

Die Bregenzer Festspiele 2024 finden von 17. Juli bis 18. August statt. Tickets und Infos unter www.bregenzerfestspiele.com und Telefon 0043 5574 4076.

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