Nach 18 Jahren DFB: Prominenter Rücktritt nach WM-Debakel
"Mein Wirken war stets getrieben von der Überzeugung, mein Bestes für den DFB und die Nationalmannschaften zu geben", so Bierhoff, "umso mehr schmerzt mich das Abschneiden in Russland und Katar!" Bei den WM-Turnieren von 2018 und 2022 war Deutschland jeweils in der Vorrunde gescheitert. "Ich mache den Weg frei für neue Weichenstellungen."
Im Zuge des kompletten Neustarts nach den EM-Debakeln von 2000 und 2004 war Bierhoff gemeinsam mit Jürgen Klinsmann und Joachim Löw zum DFB gekommen; Bierhoff als Team-Manager, Klinsmann und Löw für das Trainerteam. Sie drehten in der sportlichen Leitung beim DFB alles um, setzten Talentesichtung und Ausbildung auf strukturierte Beine, setzten auf aktiven, spielerischen Fußball anstatt des robusten Kämpfer-Kicks zuvor. Mit Erfolg: Bei der Heim-WM 2006 sowie bei der WM 2010 erreichte Deutschland mit attraktivem Fußball das Halbfinale, bei der EM 2008 ging es ins Finale und 2014 wurde Deutschland ein verdienter Weltmeister.
Zu viel Marketing, zu wenig Erfolg
In den folgenden Jahren wurde die Kritik an Bierhoff, dessen Job 2018 vom "Team-Manager" zum "Direktor Nationalmannschaften und Akademien" aufgewertet wurde, immer lauter. Allzu sehr schob er der zuvor frischen, jugendlichen Truppe das Image einer kühlen, unnahbaren Konzern-Abordnung zu. Die Marketing-Maßnahmen wirkten immer abgehobener, die aggressive Vermarktung unter dem gekünstelten Namen "Die Mannschaft" wurde von den Fans auf breiter Basis abgelehnt. Toni Kroos verlieh der Entfremdung 2018 Ausdruck, in dem er sagte: "Viele Leute in Deutschland freuen sich, wenn wir ausscheiden!"
Gleichzeitig machte er seinem persönlichen Freund Jogi Löw stets die Mauer, auch als eine Trennung längst unumgänglich schien - nach dem starken EM-Turnier von 2016 (unglückliches Aus im Halbfinale) wäre ein guter Zeitpunkt für einen neuen Impuls auf der Trainerbank gewesen, nach dem Vorrunden-Aus 2018 hielt Bierhoff eisern an Löw fest und erst der freiwillige Abgang des "Bundes-Jogi" nach der erneut verunglückten EM 2021 (einem peinlichen 0:6 in Spanien im Vorfeld inklusive) zwang Bierhoff zum Handeln. Auch die katastrophale Krisen-Kommunikation bei den Erdogan-Fotos von Özil und Gündogan 2018 sowie jene mit dem "OneLove"-Armband 2022 fiel auf Bierhoff zurück.
Vor der Heim-EM 2024
Bierhoffs DFB-Vertrag wäre noch bis zur EM 2024 gelaufen, die wiederum in Deutschland stattfindet. Es ist also nicht anzunehmen, dass Bierhoff der Rücktritt vor so einem Höhepunkt leicht gefallen ist. Er könnte aber Bundestrainer Hansi Flick den Posten für diese Heim-EM gerettet haben: Sollte Flick nicht auch selbst gehen (wovon eher nicht auszugehen ist), kann ihn nur Bierhoffs Nachfolger entlassen. Und bis dieser in Amt und Würden ist, kann es dauern - und ob dann nicht die Zeit bis zur EM zu kurz ist für einen Wechsel auf der Trainerbank?