Chloé Zhao – die erst zweite Frau, die je einen Regie-Oscar bekam
Mit ihrem Film „Nomadland“ sorgt Chloé Zhao schon länger für Schlagzeilen. Zuletzt erhielt sie für ihr Drama bei den Oscarverleihungen 2021 nicht nur den heiß begehrten Oscar für die beste Regie, sondern auch den Oscar für den besten Film. Ebenso wurde die schauspielerische Leistung der Hauptdarstellerin Frances McDormand mit einem Oscar gewürdigt.
Der Film „Nomadland“ erzählt von Outsidern, von Menschen, die in der Gesellschaft keinen Platz mehr finden. Zhaos Blick auf diese Menschen ist von einer großen Liebenswürdigkeit und Feinfühligkeit gekennzeichnet. Doch wer ist die Regisseurin, die erst als zweite Frau überhaupt einen Oscar für die beste Regie bekam und – ebenso als erst zweite Frau seit 38 Jahren – mit dem Golden Globe für die beste Regie ausgezeichnet wurde?
Chloé Zhao – eine Nomadin
Die 39-jährige Zhao wurde in Peking geboren. Ihre Eltern ließen sich scheiden, ihr Vater heiratete erneut und so bekam Zhao eine bekannte Sitcom-Schauspielerin als Stiefmutter und begann schon früh, sich für Filme zu interessieren.
Wie bei den Menschen in ihrem Film, durchlief auch Zhao in ihrem Leben viele Stationen: Sie war in England in einem Internat, ging zur Highschool in L.A., studierte Politikwissenschaft in Massachusetts und Filmproduktion in New York. Ihr Lebenslauf zeigt: Sie weiß, wovon sie in ihren Filmen berichtet, kennt sich aus mit dem Gefühl, ein Außenseiter zu sein und nirgendwo richtig dazuzugehören.
Eine mutige Stimme für mehr Gleichberechtigung
Unabhängig und feministisch – so beschreibt Chloé Zhao sich selbst. Die Regisseurin, die mit ihrem Lebensgefährten in L.A. wohnt, hat sich stets für die Rechte der Frauen eingesetzt. Ihr Sieg bei den Oscars ist ein entscheidender Schritt für mehr Gleichberechtigung und Diversität im Filmbusiness. Denn was Gleichstellung angeht, hat die Branche einiges aufzuholen: Bei all den unzähligen Filmpreisverleihungen der letzten beinahe hundert Jahre wurden Frauen nicht nur bei der Vergabe von Auszeichnungen undWürdigungen zumeist übergangen, nein, auch erhalten sie nach wie vor geringere Gagen als ihre männlichen Kollegen.
Gender Pay Gap in der Filmbranche
Besonders in der schillernden Glitzerwelt Hollywoods tritt die Ungleichbehandlung von Mann und Frau ausnehmend stark zutage. Um dieses Gender Pay Gap in Hollywood in Zahlen zu verdeutlichen: Laut Forbes verdienten 2020 die hundert bestbezahlten Schauspieler insgesamt rund 545,5 Millionen Dollar. Die hundert bestbezahlten Schauspielerinnen hingegen kamen auf im Vergleich sehr bescheiden wirkende 78,5 Millionen Dollar.
Hin zu mehr Diversität und Vielfalt
Auch wenn es noch viel zu tun gibt, um eine echte Gleichstellung in der Filmbranche zu erreichen, der richtige Weg scheint eingeschlagen. Denn dieses Jahr haben, nach der in den letzten Jahren immer lauter werdenden Kritik, große Filmpreise wie Oscars und Golden Globes ein Augenmerk auf mehr Diversität und Vielfalt geworfen. Noch nie wurden so viele Preise an People of Color oder an Frauen vergeben wie 2021. So ging unter anderem auch der Oscar für das beste Drehbuch an eine Frau, ebenso gewannen mit Jamika Wilson und Mia Neal zum ersten mal zwei Women of Color den Oscar für die beste Maske.
Man darf gespannt sein, was das Jahr 2022 bringen wird – und sich die Zeit bis dahin mit dem einen oder anderen Film versüßen.
Zur Person
Die aus Südtirol stammende Schriftstellerin Isabel Folie ist Mitglied des intermedialen Kunstkollektiv Grauer Greif. Im Herbst 2021 ist ihr erster lyrischer Kurzprosa-Band "In meiner Mitte Kohle, in meinen Armen der Wind" erschienen. Als "Passion Author" für www.weekend.at schreibt sie regelmäßig über Frauen in der heutigen Gesellschaft.