Wifo-Chef warnt vor Gas-Triage im Herbst
Es war eine Hiobsbotschaft, die WIFO-Chef Gabriel Felbermayr am Sonntag in der ORF-Pressestunde verkündete: die aktuelle Inflationsprognose für 2022 musste von 5,8 Prozent auf nunmehr 6,5 Prozent korrigiert werden. Zum Vergleich hatte sich die Inflation im Vorjahr bei 2,8 Prozent eingependelt, 2020 hatte sie nur 1,4 Prozent betragen. Aber in diesen Jahren gab es halt noch keinen Krieg. Und niemand dachte ernsthaft daran, dass die Abhängigkeit Europas von russischen Rohstoffen je zum Problem werden könnte.
Wer wird abgedreht, wer muss sparen?
"Wir könnten besser informiert sein“, lautete Felbermayrs diplomatische Antwort auf die Frage, ob er Notfallpläne der Regierung für einen russischen Erdgas-Lieferstoff kenne. "Wir wissen nicht wirklich Bescheid.“ Es sollte aber einen detaillierten Plan geben, sagte der Ökonom. "Wenn man glaubt, in der Hitze des Gefechts die Verteilung demokratisch festzulegen, dann wird man sich wundern", sagte Felbermayr, der nicht ausschloss, dass eine Rationierung im Chaos enden könne.
Die Erdgas-Triage
Aus der Sicht Felbermayrs müssen prioritäre Sektoren festgelegt werden. Zuerst die privaten Haushalte, dann der Stromsektor und die Lebensmittelproduktion. Innerhalb dieser privilegierten Bereiche müsse dann auch noch ein Verteilungsschlüssel geschaffen werden. Auch Auktionen von Gas-Kontingenten seien denkbar, so Felbermayr. Was die Auswirkungen eines Rohöl-Embargos betreffe (eine derartige Maßnahme wird bekanntlich von der EU diskutiert), sei Österreich eher auf der sicheren Seite, da die ÖMV ihr Öl in erster Linie aus Kasachstan bekomme. Allerdings hätten die Russen die Möglichkeit, die betreffende Pipeline zu unterbrechen, da sie über russisches Staatsgebiet führe.
Gaskraftwerke sind lebenswichtig
Es ist nicht das erstmal, dass das Wifo der Regierung einen Gas-Notfallplan nahelegt. Hauptproblem werde sein, dass sich jede Branche im Falle des Falles zur „kritischen Infrastruktur“ zählen würde, sagte Felbermayr bereits vor zwei Wochen im Ö1-Morgenjournal. Der Wifo-Chef zählte in erster Linie die 59 heimischen Gaskraftwerke dazu. "Ohne Gas kann die Stabilität der Netze nicht gewährleistet werden in Österreich und in Deutschland." Was man aber nicht unbedingt brauche, sind laut Felbermayr beheizte Schwimmbäder im Winter.