Sieg der Impfgegner? Verweigerer nehmen zu
Corona hat in Österreich wieder fünf Stellen. Mehr als 12.500 Neuinfektionen wurden am 29. Juni gemeldet, erneut eine deutliche Steigerung zur Vorwoche. Trotzdem wollen sich nicht etwa mehr, sondern weniger Menschen einen weiteren Stich verpassen lassen. Das ist das Ergebnis einer Umfrage.
Die vierte Impfung muss allerdings auch nicht jetzt sofort sein, so das NIG (Nationales Impfgremium) heute: Eine allgemeine Empfehlung haben die Expertinnen für gesunde, immunkompetente Menschen nicht gegeben. Menschen ab 65 Jahren und Risikopersonen sollten sich die weitere Corona-Auffrischungsimpfung dagegen baldmöglichst holen.
Das Nationale Impfgremium empfiehlt ab sofort eine Auffrischungsimpfung für alle ab 65 und für Risikopersonen. Frühestens 4, jedenfalls aber 6 Monate nach der 3. Impfung oder einer Infektion soll die Auffrischungsimpfung erfolgen. 1/3
— Johannes Rauch (@johannes_rauch) June 30, 2022
40 Prozent gegen (weitere) Impfung
Die aktuelle "Heute"-Umfrage zeigt, dass weite Teile der Bevölkerung derzeit sogar bis in den Herbst hinein die vierte Impfung ablehnen. Volle 40 Prozent der Befragten lehnen jede Impfung für sich ab. Darunter nicht nur Radikalverweigerer, die bisher komplett umgeimpft sind, sondern auch Grundimmunisierte: Ein Viertel der bereits Geimpften steht einem weiteren Stich ablehnend gegenüber.
Die Gründe
Über die Gründe lässt sich nur spekulieren. Oft hört man, man wolle auf den nächsten, verbesserten Impfstoff warten. Das trifft allerdings auf diejenigen nicht zu, die auch für Herbst eine Impfung kategorisch ausschließen.
Haben Gegner gewonnen?
Haben etwa Impfkritiker und Verschwörungstheoretiker mit ihrem Dauerfeuer, vor allem auf Social Media, einen Sieg errungen? Das ist nicht auszuschließen. Einer von zahllosen Tweets:
Und wieviele Leben hat der Impfstoff gekostet? Und dazu noch die Maßnamen die wir nicht gebracht hätten würde der sog. Impfstoff wirken 🤓
— Gizmo1337 (@Gizmo13371) June 30, 2022
Rational erklärbar ist es jedenfalls nicht, sich drei Mal impfen zu lassen – und dann eine Vollbremsung hinzulegen.
Doch Mediziner kennen das Phänomen der mangelnden "Compliance", auf deutsch in etwa Therapietreue. Sie bezeichnet die Bereitschaft eines Patienten, sich gegen eine (chronische) Erkrankung zur Wehr zu setzen.
Glaubenssätze und Einstellungen
Ärzte hadern seit jeher mit nachlassender Compliance. Die Liste der Gründe ist gut untersucht und wird neben Bequemlichkeit oder Vergesslichkeit von "Einstellungen und Glaubenssätzen" angeführt, die ein "konsequentes Umsetzen der Empfehlungen behindern" können. Das spricht für die Theorie der erfolgreichen Anti-Impfkampagne durch Gegner.
Aber: Auch fehlende Symptome können dazu verleiten, die Therapie nicht konsequent zu befolgen. Anders gesagt: All jene, die sich gerade (oder nach einer Covid-Erkrankung wieder) gut fühlen, "spüren" die Notwendigkeit nicht. Das Gespenst der Pandemie, das weite Teile der Bevölkerung heimgesucht und zur Impfung gemahnt hat, scheint seinen Schrecken verloren zu haben. Experten mahnen: Es ist die trügerische Ruhe vor dem Sturm.