ZIB2: Wolf zeigt keine Gnade mit angezählter Rendi-Wagner
Die unter Dauerbeschuss stehende Parteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner hat für den ZIB2-Besuch harte Bandagen aufgezogen. Nicht nur für ihren stärksten internen Widersacher Hans Peter Doskozil findet sie scharfe Worte. Auch gegenüber Moderator Armin Wolf, der die angezählte SPÖ-Chefin alles andere als mit Samthandschuhen anfasst, gibt sie sich kämpferisch bis offen angriffig. Das gelingt nur bedingt. Zum Teil nimmt das hitzige Gefecht leicht kafkaeske Züge an. Etwa als Rendi-Wagner Fragen beantwortet, die nie gestellt werden oder als sie versucht, den Spieß umzudrehen und Wolf selbst zum Befragten zu machen. Ein Kampf in sieben Runden über die aktuellen Kernthemen der SPÖ-Krise.
1. Die Verantwortung: "Ich habe nicht aufgezeigt"
"Man g'winnt gemeinsam, man verliert gemeinsam", so Pam. "Ein gemeinsamer Erfolg braucht auch einen gemeinsamen Willen", setzt Rendi-Wagner gleich noch einen zweiten Kalenderspruch nach. Am wichtigsten sei ein Stopp der internen Diskussionen.
Ganz so einfach lässt Wolf die Parteichefin aber nicht aus: "Peter Kaiser hat gestern gesagt: Ich bin Parteichef. Ich nehme die Verantwortung auf mich. Sie sind Bundesparteichefin. Ist das nicht Ihre Verantwortung?" 2018 habe Rendi-Wagner auf Bitte der Partei von Christian Kern übernommen. "Ich habe damals nicht aufgezeigt", sagt Rendi-Wagner. Auch 2021 habe sich niemand anders bereit erklärt, den Job zu übernehmen. Das zu betonen sei ihr wichtig, denn "immer nur schießen, hinter dem Vorhang oder hinter der Hecke hervor, schadet der Partei".
2. Die Führung: "Keine Diktatorin"
Wolf erinnert: Als Parteivorsitzende trage Rendi-Wagner die Verantwortung, dass die Partei geschlossen auftrete und ein ordentliches Bild abgebe. Ja, pflichtet Rendi-Wagner bei, aber die SPÖ sei eine demokratische Organisation.
Dass nicht gemeinsam gearbeitet würde, sei auch nicht erst seit gestern ein Problem, sondern passiere schon seit Jahren. Als Vorsitzende sei es ihre Verantwortung voranzugehen, so Rendi-Wagner. Dahinter brauche es das Zutun und die Verantwortung aller Teil- und Landesorganisationen.
3. Die Impffrage: "Haben es nicht gewusst"
Wolf nimmt Rendi-Wagner bei der Impffrage in den Schwitzkasten. "War die Impfpflicht aus heutiger Sicht ein Fehler? Sie haben ja ohne Not zugestimmt?" Rendi-Wagner redet sich um Kopf und Kragen, um die Frage nicht beantworten zu müssen. Wolf lässt sie nicht aus und hakt mehrmals nach, um doch noch eine Antwort aus der sichtlich aufgebrachten Ärztin herauszubekommen. "Also damals war es aus Ihrer Sicht kein Fehler?" Nein, mit dem damaligen Kenntnisstand war die Entscheidung richtig, lässt sich aus der Antwort heraushören.
4. Die Fehlerkultur: Fehlanzeige
Was darauf folgt ist ein fast schon kafkaeskes Aneinander-vorbei-reden von Wolf und seinem Studio-Gast. "Haben Sie andere Fehler als Parteivorsitzende gemacht?", will Wolf von Rendi-Wagner wissen und meint damit offensichtlich nicht nur die ohnedies heißdiskutierte Corona-Vergangenheitsbewältigung. Viermal hakt der Moderator nach bis, Rendi-Wagner selbst nachfragt: "Welche Fehler?" Wolf zitiert den aktuellen Profil-Leitartikel zur Kärnten Wahl:
Dass mangelhafte Kommunikation, die Besetzung der Parteizentrale oder gar eigene Fehler Schuld an den schlechten Umfrage- und Wahlergebnissen der SPÖ haben könnten, will die SPÖ-Chefin nicht gelten lassen. "Das ist alles wurscht, solange wir es nicht schaffen, Interna nicht in der Öffentlichkeit zu diskutieren." Eine Neubesetzung der Parteizentrale steht für sie nicht zur Debatte.
5. Das Stimmpotenzial: Schwarzer Peter an rote Genossen
Dann geht es ans Eingemachte. Wolf kommt auf die aktuelle Themenlage zu sprechen, die für Kernthemen der Sozialdemokratie aktuell wie gemacht scheint - ein wunder Punkt. Rendi-Wagner lässt Wolf die Frage nicht zu Ende bringen. "Ich muss Sie jetzt stoppen, bevor Sie fünf Minuten Fragen wieder stellen." Die SPÖ habe ein Potenzial von 30 Prozent, betont Rendi-Wagner, das hätten Umfragen im vergangenen Sommer belegt. Dass man das Niveau nicht halten konnte, sei in den internen Diskussionen "vonseiten des Burgenlands zum Beispiel" begründet.
6. Die Schuld-Frage: Aufforderung zum Duell
"Machen wir es doch konkret: Doskozil ist schuld?", will Wolf wissen. Rendi-Wagner verweist sie auf die von ihm in Auftrag gegebene Umfrage zu möglichen SPÖ-Spitzenkandidaten. Die Ergebnisse habe er just am Tag nach dem SPÖ-Themenrat zur Energiewende publiziert. "Finden Sie, dass das ein solidarisches, gemeinsames an einem Strang ziehen ist?", sieht die Parteivorsitzende die SPÖ-Politik von Doskozil torpediert. Für spätestens nächste Woche kündigt die Rendi-Wagner die Einberufung des Parteipräsidiums an. Sie fordert ihre Parteikollegen auf, aufzuzeigen und offen zu sagen: "Ich bin cooler, ich weiß alles besser, meine Themen sind besser, die Partei ist schlecht."
7. Die Kanzler-Frage: Kampfgeist
Bei einem vorgezogenen Parteitag, den zuletzt auch die Jugendorganisation der SPÖ forderte, plant Rendi-Wagner wieder anzutreten. Sie ist überzeugt, in dieser Funktion einen Beitrag leisten zu können. Ans Aufgeben denkt sie gar nicht.