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HERBERT NEUBAUER / APA / picturedesk.com

Politiker – aus Idealismus oder Eitelkeit?

12.05.2022 um 09:51, Alexandra Nagiller
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Donald Trump bringt sich für die nächste Präsidentschaftswahl in Position, auch Silvio Berlusconi hat mit einer Rückkehr in die Politik geliebäugelt. Und Sebastian Kurz tritt am Wochenende am ÖVP-Parteitag auf. Was macht den Job so unwiderstehlich?

Am Samstag, 14. Mai, ist es soweit, Sebastian Kurz wird sich zum ersten Mal seit seinem Abgang aus der Politik wieder öffentlich zu Wort melden: am ÖVP-Parteitag in Graz. Eine Rückkehr in die Politik bedeutet das zwar noch nicht, doch die große Bühne dürfte der gefallene Ex-Kanzler sicherlich genießen. Denn wie Dominik Meier, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Politikberatung, betont: „Politik funktioniert über Macht. Und Macht ist wie eine Droge, von der man nur sehr schwer loskommt.“

Im Rampenlicht

Und tatsächlich: wer es einmal bis ganz oben geschafft hat, der will diese Macht auch nicht mehr missen. Denn auch wenn der Schritt in die Politik meist aus Idealismus passiert, können diese Prinzipien leider ganz schnell in den Hintergrund treten. Und manche Paradebeispiele sind natürlich auch ganz auf den Machtaspekt fixiert, so etwa Italiens umstrittener Ex-Regierungschef Silvio Berlusconi, der 85-jährig nun noch einen Anlauf als Staatspräsident machen wollte – das nun aber auf Eis gelegt hat. Ob ganz freiwillig, weiß man nicht – seine Entscheidung wurde nämlich nur verlesen, ohne seine Anwesenheit.
Andere Maßstäbe. In Sachen Skrupellosigkeit spielt aber natürlich Donald Trump in vorderster Reihe mit  – der auch schon fleißig an seinem Comeback arbeitet. Trump nutzt Bidens Schwäche skrupellos aus: Nur mit ihm könne die USA gerettet werden. Sein eigenes soziales Netzwerk Truth Social soll sein Sprachrohr sein – die Chancen stehen aber gut, dass auch Twitter künftig wieder eine gewichtige Rolle Spielen wird – wenn Neo-Eigentümer Elon Musk seine Prinzipien von absoluter Redefreiheit tatsächlich umsetzt.

Startpunkt Idealismus

Dennoch sind diese Beispiele nicht Abbilder dessen, wofür Politiker stehen – auch wenn gerade solche Figuren den Ruf des Berufsstandes extrem geschädigt haben, wie Politberater und Buchautor Dominik Meier bestätigt: „Man darf natürlich nicht vergessen, dass Politiker auch nur Menschen sind. In so gut wie allen Fällen geschieht der Schritt in die Politik aus Idealismus, um etwas zu verändern. Ansonsten würde man auch den Job mit all seinen Herausforderungen nur schwer ertragen.“ Denn die eine Sache sei die Emotionalisierung und Polarisierung, die zugenommen hat, aber auch die öffentliche Wahrnehmung mache es immer schwerer: „Man kann nicht mal über eine rote Ampel gehen, das Privatleben wird kaum mehr respektiert, viele Beziehungen scheitern auch. an diesem Stress.“

Politik funktioniert anders

Eine weitere Herausforderung sei es zudem, die Spielregeln der Politik zu verstehen, so Meier: „Die ersten vier Jahre in der Politik sind de facto Lernjahre. Das wichtigste Buch ist immer die Geschäftsordnung des Parlaments, denn Hierarchien und Prozesse sind essentiell. Aber auch der permanente öffentliche Druck, immer sofort auf alles eine Antwort haben zu müssen, und die Dynamiken der Macht sind etwas völlig anderes als die Arbeit in der Privatwirtschaft. In einem Unternehmen sagt der Chef, was gemacht wird, in der Politik geht es immer um Konsens. So passiert es dann mitunter, dass ein Politiker seine Argumentation ändert und die Wähler das dann nicht verstehen. Aber ein Konsens muss oft erst langwierig gefunden werden.“

Die dunkle Seite

Politiker stehen also unter extremem Druck – nochmals mehr in so herausfordernden Zeiten wie diesen. „Gerade deshalb ist aber Reflexion noch wichtiger – auch wenn sie aktuell manchmal zu kurz kommt. Denn nicht alles, was legal ist, ist legitim“, so Meier. Das sieht auch Beate Wimmer-Puchinger, Präsidentin Berufsverband Österreichischer PsychologInnen, so: „Nur weil ich etwas will, alles in Bewegung zu setzen und auch fragwürdige Winkelzüge einzusetzen, geht natürlich gar nicht. Aus Eitelkeit braucht man im Moment auf jeden Fall nicht in die Politik gehen. Es ist zudem sicherlich überdurchschnittlich Resilienz gefragt. Als Traumberuf, wie damals Alfred Gusenbauer das Kanzleramt bezeichnet hat, dürfte es heute wohl kaum ein junger Mensch sehen.“

Frauenpower?

Und auch für Frauen ist der Job als Politikerin nicht gerade reizvoll: „Der Weg nach oben ist ein Hürdenlauf. Und Frauen werden hier leider oft unterschätzt bzw. kommen unter die Räder. Zudem sind sexistische verbale Angriffe keine Seltenheit“, so Beate Wimmer-Puchinger. Dabei könnten gerade Frauen aktuell viel bewegen, wie sie meint. Das sieht auch Dominik Meier ähnlich: „Angela Merkel hat bewiesen, dass Erfolg in der Politik nichts mit dem Geschlecht zu tun hat.“ Ein wichtiges Kriterium, an dem man Spitzenpolitiker übrigens messen kann, ist deren Abgang. Und auch hier zeigt die  frühere deutsche Bundeskanzlerin laut Meier wie das geht: „Angela Merkel hat das perfekt gemacht: ,Jetzt ist Schluss, ich bin raus‘ – das ist eine klare Haltung und zeugt von einem verantwortlichen, reflektierten und konsequenten Rücktritt.“ Da können sich wohl einige Politiker noch etwas abschauen

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