Frauen-Wehrpflicht: Kommt jetzt das Österreich-Jahr?
- Aktueller Wehrdienst
- Alternative: Zivildienst
- Frauen-Wehrpflicht: „Österreich-Jahr“ für alle
- Klares Nein aus der Politik
Erich Cibulka, Präsident der Österreichischen Offiziersgesellschaft, will die Wehrpflicht nicht länger auf Männer beschränkt wissen. „Man könne sehr innovativ denken und die Wehrpflicht nicht auf die männlichen Staatsbürger einschränken. Also eine Wehrpflicht für Frauen einführen”, schlägt er in einem Interview mit der Tageszeitung Presse vor.
Die öffentliche Reaktion gebe ihm recht, betont Cibulka gestern Abend in der ZIB 2. Es habe erstaunlich viel Zustimmung gegeben, mehrfach habe das Telefon geläutet. „Also offensichtlich trifft das Thema auf Interesse”, sieht sich Cibulka bestätigt. Leserumfragen diverser Tageszeitungen hätten Zustimmung zwischen „60 und 75 Prozent“ ergeben, so der Präsident der Offiziersgesellschaft.
Aktueller Wehrdienst
Derzeit dauert der Grundwehrdienst sechs Monate und ist für taugliche Männer ab dem 18. Lebensjahr verpflichtend. Die Ausbildung umfasst eine militärische Basisschulung, danach folgen Einsätze im Katastrophenschutz, in der Logistik oder beim Grenzschutz. Eine verpflichtende Übungspflicht für Milizsoldaten besteht derzeit nicht, sie wurde 2006 abgeschafft. Die monatliche Grundvergütung beträgt aktuell 605,60 Euro zuzüglich Verpflegungsgeld; Unterkunft und Versicherungsschutz sind werden gestellt.
Frauen können seit dem 1. April 2023 freiwillig zum Grundwehrdienst einrücken. Bislang haben das rund 400 bis 500 Frauen getan.
Alternative: Zivildienst
Wer aus Gewissensgründen keinen Wehrdienst leisten möchte, kann einen Antrag auf den neun Monate dauernden Zivildienst stellen. Aktuell leisten 11.798 junge Männer den Zivildienst ab, wie Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm (ÖVP) kürzlich bekanntgab. Die Bedarfsdeckung liege bei „stabilen 90,6 Prozent“. Vor allem das Rettungswesen profitiert: 41,6 Prozent der Zivildiener wurden dorthin zugewiesen, weitere 24,55 Prozent in die Sozial- und Behindertenhilfe. Altenbetreuung (11,24 %) und Krankenanstalten (9,43 %) folgen. Den Bedarf decke man auch durch „Personen, die ein freiwilliges soziales Jahr absolvieren“ sowie „ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“.
Frauen-Wehrpflicht: „Österreich-Jahr“ für alle
Von der aktuellen Wehrhaftigkeit Österreichs zeichnet Cibulka unterdessen ein düsteres Bild: „Unsere Armee ist unvorbereitet, untrainiert und hat einen geringen Kampfwert“, warnt er bereits 2024 in einem Kommentar.
Kern von Cibulkas Reformidee ist das sogenannte „Österreich-Jahr“. Dieses solle für Männer und Frauen gleichermaßen gelten. Sein Vorschlag: „Der Wehrdienst wäre dann zum Beispiel auf acht Monate Grundwehrdienst und vier Monate Übungen aufgeteilt.“ Die Übungen sollten jährlich zehn Tage betragen und sich über zwölf Jahre erstrecken – bis ins Alter von rund 30 Jahren. „Das ist also vom Fitnessgrad her gut jetzt für die soldatische Aufgabenstellung, aber umgekehrt auch für den einzelnen durchaus gut leistbar“, ist er überzeugt. Für den Zivildienst schlägt er – bei Beibehaltung des Männerbezugs – 15 Monate vor. „Wenn es dazu käme, dass die Männer und die Frauen gleich behandelt werden, dann sollten auch Zivil- und Wehrdienst gleich behandelt werden.“
Klares Nein aus der Politik
Die Reaktion auf Cibulkas Vorschlag fällt über die Parteigrenzen hinweg eindeutig aus. Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP): „Eine Wehrpflicht für Frauen ist im aktuellen Regierungsprogramm nicht vorgesehen“, betont Tanner. Im Gespräch mit weekend.at verweist sie auf bestehende Ungleichheiten. „Die Frage nach einem verpflichtenden Grundwehrdienst für Frauen in Österreich ist erst dann zu stellen, wenn wir gleichberechtigt sind. Und das sind wir nicht.”
Auch SPÖ und Grüne lehnen ab. Erst müsse es Fortschritte bei der Gleichstellung geben. Bei den NEOS hält man sich eher bedeckt und verweist auf die Wehrpflichtkommission, der sie nicht vorgreifen wollen.
Die FPÖ sieht die Zeit noch nicht gekommen. Wie Cibulka spricht sich Verteidigungssprecher Volker Reifenberger aber für längere Grundwehrdienste und verpflichtende Übungen aus.