Brutaler Übergriff: FPÖ-Security attackiert ORF-Reporter
ORF-Reporter und Kabarettist Peter Klien ist es gewohnt auszuteilen – und zeitweise dafür auch selbst einzustecken. Was ihm bei einer FPÖ-Veranstaltung im steirischen Hartberg wiederfahren ist, ist aber selbst für den Außeneinsatz-erprobten ORF-Mann Neuland.
Letzten Sonntag hab ich das FPÖ-Oktoberfest in Hartberg besucht. Gilt das schon als Kuschelkurs mit der Partei? Mehr gibt es heute Abend um 23:25 Uhr in @gnoe (ORF 1) #gnoe pic.twitter.com/bCdlXOPAFn— Peter Klien (@peter_klien) October 6, 2023
Keine (Presse-)Freiheit bei FPÖ
Nach einem Jahr Pause besucht Peter Klien in seiner Rolle als wohl nervigster Polit-Reporter des Landes mal wieder eine FPÖ-Veranstaltung. "Ich hoffe ja, dass mir nur Hass entgegenschlägt und nicht eine Faust", eröffnet Klien seinen Beitrag in Kassandra-Manier.
Freiheitliche Heimat-Tour
Das Frühschoppen am Hartberger Oktoberfest kennzeichnet den Startschuss für die freiheitliche "Heimat-Tour". Eine Gelegenheit, die sich die FPÖ-Spitze vom steirischen Parteichef Mario Kunasek, über Generalsekretär Michael Schnedlitz, EU-Abgeordneten Harald Vilimsky bis hin zum Vorsitzenden Herbert Kickl nicht entgehen ließ.
Klien im Schwitzkasten
Der Versuch Kliens, an den FPÖ-Chef selbst heranzukommen, endet unschön. "Das möchte ganz Österreich wissen, Herr Kickl", sagt Klien als er den Bereich betritt, in dem Kickl Autogramme gibt, "Wie sie die Frau Glawischnig geküsst haben, war das mit Zunge?" Ein Sicherheitsmann setzt Kliens Versuch, eine Antwort zu bekommen, ein brutales Ende. Im Schwitzkasten wird der Reporter rausgezerrt.
"Verschwinde!"
Der gesamte Übergriff ist auf Kamera festgehalten. "Um Gotteswillen, na servas", kommentiert Klien den unsanften Rausschmiss. "Da geht's zu bei euch. Harmlose Frage ..." Weder Vilimsky noch Kickl geben Klien an diesem Tag ein Interview. Auch ein weiterer Versuch Kliens im Festzelt endet handgreiflich. "Verschwinde, dich will hier keiner haben", drängt ein Security Klien nach draußen."Der Volkskanzler möchte mit dem Volk nicht sprechen", lautet Kliens Resüme.
ORF: Völlig inakzeptabel
Im ORF hat man kein Verständnis für den Vorfall. "Völlig inakzeptabel", so das Urteil. "Die Redaktionsvertretung verurteilt es auf das Schärfste, wenn auf Parteiveranstaltungen die körperliche Integrität von Journalistinnen und Journalisten verletzt wird. Da stellt sich die Frage: Wie weit wird die FPÖ und ihre Anhänger noch gehen?", fragt sich der ORF-Redaktionsrat.
Angriff auf Demokratie
Nicht nur der öffentlich-rechtliche Rundfunk ortet einen bedenklichen Angriff auf Pressefreiheit und Demokratie in Österreich. Auch von der Regierung hagelt es harsche Worte für den Übergriff. "Wer Gewalt gegen Journalistinnen und Journalisten ausübt, gefährdet unsere Demokratie und freie Gesellschaft", so Medienministerin Susanne Raab (ÖVP). "Kickl zeigt einmal mehr, dass er unsere Pressefreiheit mit Füßen tritt und eine Gefahr für Österreich darstellt." Die Grünen sehen eine Grenze überschritten. "Die Pressefreiheit ist heilig, egal um welche Art von Journalismus es sich handelt", hält die Klubobfrau Sigrid Maurer fest.
Kritik an Kickl
Neben ernsten Worten müssen die FPÖ und ihr Chef auch jede Menge Kritik bis Spott für ihre Dünnhäutigkeit einstecken. "Kabarett und Satire mögen feine Klingen sein, feindliche Angriffe aber sind sie nicht", sagt NEOS-Vorsitzende Beate Meinl-Reisinger. "Das müssen gerade auch die, die gerne austeilen, einstecken können." Justizministerin Alma Zadic (Grüne) attestiert: "Lieber Herbert Kickl, Hand aufs Herz: So schlimm sind Interviews mit Peter Klien auch wieder nicht. Sie machen sogar Spaß, wenn man über sich selbst lachen kann. Einfach mal ausprobieren."
Lieber Herbert Kickl, Hand aufs Herz: So schlimm sind Interviews mit @peter_klien auch wieder nicht. Sie machen sogar Spaß, wenn man über sich selbst lachen kann. Einfach mal ausprobieren#Servicetweet #GewaltistkeineLösung#Pressefreiheit pic.twitter.com/MwciD0du1c— Alma Zadic (@Alma_Zadic) October 6, 2023
FPÖ: "Wehleidige Inszenierung"
Bei der FPÖ wiederum kann man die Aufregung nicht verstehen. Der Vorfall sei "inszeniert" gewesen. "Diesem ORF ist wirklich nichts mehr zu peinlich", holt FPÖ-Mediensprecher Christian Hafenecker zum Gegenschlag aus. "Diese wehleidige Inszenierung von Klien und dem ORF passen aber gut in das jämmerliche Bild, das der Staatsfunk abgibt." Der Security-Mann habe nur seine Arbeit gemacht. Klien habe versucht, den Backstagebereich und FPÖ-Bus zu "stürmen" – dort habe er ohne Genehmigung nichts zu suchen, so Hafenecker.
Polizei ermittelt
Obwohl keine Anzeige vorliegt, hat die Polizei mittlerweile Ermittlungen aufgenommen.
Offenbar wurde niemand verletzt und vor Ort auch keine Anzeige erstattet. Wir haben die Ermittlungen nun dennoch aufgenommen. Der Sachverhalt wird überprüft und ggf. Anzeige an die zuständigen Behörden erstattet.— Polizei Steiermark (@PolizeiStmk) October 6, 2023