Welche Grenzen Piloten bei Kunstflügen gesetzt sind
Piloten führen bei Kunstflügen im Zuge von Loopings, Rollen und Co. bewusst abnormale Flugzustände herbei, die unter anderen Umständen jeder am liebsten vermeidet. Ob Trudeln, Steilkurve oder Rückenflug - die enormen G-Kräfte (jene physikalische Belastung, die wirksam wird, sobald sich die Richtung, Größe oder Geschwindigkeit abrupt ändern), die in diesen Momenten auf den Körper wirken, stellen alles andere in den Schatten. Und das auch noch über die Hochachse, also die Achse von Kopf bis Fuß, anstatt über eine von vorne kommende Angriffsfläche, wie wir das vom Auto oder Fahrrad kennen! Aus diesem Grund werden übrigens Astronauten beim Raketenstart so in Stellung gebracht, dass die Kraft von vorne auf ihren Oberkörper wirkt.
Die eigenen Grenzen kennen
Kunstfliegen ist Adrenalin pur! Jeder, der Achterbahnen liebt, wird dieses Erlebnis vergessen, sobald er das erste Mal im Sturzflug nach unten im Flieger sitzt. Die doppelten G-Kräfte, die einen förmlich in zwei Teile zu ziehen scheinen. Vom Magen ganz zu schweigen!
Wussten Sie, dass aufgrund der massiven körperlichen Belastung selbst erfahrene Kunstflug-Piloten nie länger als maximal eine Dreiviertelstunde am Stück trainieren können? Nicht verwunderlich, dass bei „Passagieren“ neben Übelkeit und Orientierungsverlust häufig auch ein Redout oder Blackout erfolgen.
Bemerkenswert ist, dass ein Blackout meistens bei vollem Bewusstsein stattfindet. Buchstäblich wird einem schwarz vor Augen, bevor man ohnmächtig wird. Vor allem bei Außenloopings tritt wiederum das Redout ein - man sieht im wahrsten Sinne des Wortes rot, bevor man das Bewusstsein verliert. Beides bedingt durch den Blutmangel im Gehirn. Denn beim Abfangen eines Sturzfluges wird extrem viel Blut in kurzer Zeit in die Beine gepresst. Das Greyout, das dem vorangeht, macht sich bereits durch eine massive Einschränkung des Blickfeldes und der Farbwahrnehmung bemerkbar, bevor es zum eigentlichen Blackout oder Redout kommt.
Unterwegs in 3D - der pure Ausnahmezustand
Neben diesen organischen Belastungen kommt hinzu, dass unser Körper nur begrenzt geübt ist, sich im dreidimensionalen Raum zu orientieren. Der Mensch ist aufgrund seiner üblichen Fortbewegungsweise für das Fliegen gar „nicht geschaffen“, und für Kunstflüge erst recht nicht. Dies klingt zunächst absurd, da unsere gesamte Welt 3D ist. In unserem Alltag jedoch sind wir daran gewöhnt, uns in der Ebene zu bewegen - ohne rapide Ausreißer nach oben oder unten, das heißt, eine Achse unseres Koordinatensystems ist in der Regel Null. Im Flugzeug dagegen variiert diese Komponente. Unser Körper kommt mit einer Position im Raum, der einer Achterbahn gleicht, nur bedingt klar.
An die Grenzen gehen
All das sollte niemanden darin hindern, einen Kunstflug zu erleben. Vor allem, wenn Sie mal so richtig das Adrenalin spüren, Ihre Grenzen ausloten oder einfach mal ausprobieren wollen, wie es Ihrem Körper beim Kunstflug so ergeht, buchen sie doch einfach einmal eine Stunde mit einem erfahrenen Piloten. Der perfekte Ersatz für jede Droge dieser Welt! Man hat das gleiche Hochgefühl - körperliche Nachwehen inklusive. Belohnt wird man aber mit einer unvergleichlichen Erfahrung. Also hinein ins Abenteuer!
Zur Autorin
Als Philosophie-Absolventin weiß Passion Author Julia Deutschmann, wie es sich anfühlt, gedanklich abzuheben und die Welt von oben zu betrachten. Seit sie ihre Leidenschaft fürs Fliegen entdeckt hat, hat das Wort „abheben“ für sie eine neue Dimension erreicht. Auf www.weekend.at erzählt sie von ihren Flugabenteuern. Alles anschnallen bitte!