Tech-Blog: Huawei Watch 3 Pro - Harmonie am Handgelenk?
Die erste Smartwatch der Chinesen erschien 2015 und lief damals mit Googles Android Wear (jetzt Wear OS). Auch die Watch 2 lief damit. Beide Geräte waren damit echte Smartwatches mit voller Funktionalität und App-Kompatibilität. Danach kam der Streit mit den USA und Huawei schwenkte um. Die Wearables wurden mit LiteOS ausgeliefert. Einer sehr abgespeckten Software, die auch keine App-Installation zuließ. Die Geräte waren somit eher Fitnesstracker als richtige Smartwatches. Einen Vorteil gab es jedoch: Die Akkulaufzeiten der LiteOS-Geräte waren hervorragend. Bis zu zwei Wochen ohne Ladekabel waren möglich.
Diese Zeiten sind jetzt allerdings wieder vorbei, denn die Huawei Watch 3 Pro ist eine waschechte Smartwatch mit Apps, Fitnessfunktionen, eSIM und dementsprechend auch leider etwas kürzerer Akkulaufzeit. Als Premiere ist die Uhr das erste Huawei Gerät in Österreich mit HarmonyOS - aber bedeutet das Harmonie am Handgelenk?
Technik und Design - edel und schnell!
Schon beim Auspacken des Testgeräts wird es edel! Das Gehäuse besteht aus Titan und Keramik, das Band ist aus Leder. Hier wurde geklotzt und nicht gekleckert. Mit 63 Gramm fühlt sich die Uhr auf dem Handgelenk auch nicht besonders schwer an. Auf der rechten Seite befinden sich zwei Knöpfe, einer davon ist drehbar (ähnlich wie bei der Apple Watch) und der andere ein normaler Druckknopf. Mehr Knöpfe gibt es nicht. Insgesamt ist die Watch 3 Pro eine der hochwertigsten Smartwatches, die ich je an der Hand hatte. Beim Design hat Huawei alles richtig gemacht.
Die Technik ist ebenso auf dem Stand der Zeit. Ein hauseigener HiSilicon Prozessor treibt die Watch an. 2GB RAM und 16 GB Speicher stehen am Datenblatt. Die Uhr beherrscht Bluetooth, WLAN und NFC. Der optische Pulsmesser ist auf der Rückseite angebracht. Neben Herzfrequenz wird auch das Stresslevel und VO2 gemessen. Neu ist auch eine Messung der Hauttemperatur. Höhenmesser, Barometer (Luftdruck) und viele weitere Sensoren machen die Huawei Watch 3 Pro zum allumfassenden Fitnesscompanion. GPS, Kompass, Beidou, Galileo und GLONASS sorgen für perfektes Tracking. Der Akku wird bei der Watch 3 Pro kabellos geladen, ein Ladekabel liegt bei. Der Screen ist rund 1,4-Zoll groß und löst mit 466x466 Pixel auf. Es handelt sich natürlich um einen OLED-Touchscreen, der sehr hell wird und eine sehr schöne Darstellung aller Inhalte ermöglicht.
An der Hardware gibt es gar nichts auszusetzen. Huawei verbaut Flaggschiff-Komponenten und die Uhr ist stets schnell und lässt sich ohne Ruckler bedienen. Sowohl per Touch, als auch mit den Knöpfen. Das war bei den LiteOS Geräten oft nicht der Fall. Hier leistet die Huawei Watch 3 Pro absolutes Flaggschiffniveau und ist auf Augenhöhe mit allen anderen Smartwatches ihrer Liga.
Software - zu viel Apfel gegessen?
Eine der wichtigsten Fragen ist natürlich: Wie schlägt sich HarmonyOS? Und die Antwort darauf ist: Sehr gut! Es ist ein schönes und performantes Betriebsystem geworden. Aber es sieht, zumindest auf der Watch 3 Pro, dem Apple Watch OS sehr sehr ähnlich. Chinesische Firmen geraten ja immer wieder in den Verdacht, dass sie gerne erfolgreiche Produkte kopieren. Hier ist ganz klar - da dürften ein paar Apple Watches auf den Tischen der Huawei Softwareentwickler gelegen sein.
Diese Praktik mag man gut oder nicht so gut finden. Ich für meinen Teil finde die Bedienung der Apple Watch mit ihren vielen Icons ohne Beschriftung etwas wenig intuitiv und selbiges trifft leider auch auf die Hauwei Watch 3 Pro zu. Wer auf den drehbaren oberen Knopf drückt wird mit einer Phalanx von Icons konfrontiert und wenn man die Apps nicht in- und auswendig kennt wird es schwer. Einstellungen, Telefon, Health oder App Store sind noch zu erahnen. Bei den restlichen Icons ist dann oft Trial & Error angesagt. Das mag bei einer Uhr in ihrer 6. Generation schon funktionieren. Bei Gen 1 eines noch dazu neuen Betriebssystems bedarf es einiger Einarbeitungszeit.
Sehr positiv ist die Möglichkeit Apps aus der Huawei AppGallery zu installieren. Diese Option hat bei den LiteOS-Geräten gefehlt. Trotzdem ist man hier auf das, zugegebenermaßen stetig wachsende, Huawei Ökosystem angewiesen. Android- oder iOS-Apps laufen auf der Watch 3 Pro nicht. Gibt es die eigene LieblingsApp nicht in der Huawei AppGallery, dann gibt es sie auch nicht auf der Watch, respektive dem Huawei Gerät ohne PlayServices. Dieses Faktum muss dem potentiellen Käufer bewusst sein. Als Companion auf dem Smartphone dient die Huawei-Health App, die gibt es für Android und iOS.
Fazit - endlich Smart mit weniger Akkulaufzeit und zum saftigen Preis!
Huawei macht bei der Watch 3 Pro fast alles richtig. Smarte Funktionen und wunderschönes Design sorgen endlich wieder für Smartwatch-Feeling von Huawei am Handgelenk. Auch die Software ist gelungen, wiewohl man bei Apple kopiert hat. Die Einschränkungen, die ein Android-loses Ökosystem mit sich bringt treffen im geringeren Maße aber auch auf die Watch 3 Pro zu. Apps zu installieren ist möglich, aber eben nur jene aus der Huawei AppGallery und jene die für die Watch 3 Pro gedacht sind. Dazu kommt eben, dass viele Funktionen viel Saft brauchen und die Akkulaufzeit natürlich darunter leidet. Meiner Erfahrung nach muss die Watch 3 Pro mit ein wenig Tracking und vielen aktivierten Smart-Funktionen mindestens alle drei Tage ans Ladegerät. Aber auch hier gilt: Die Anwendungsszenarien sind sehr unterschiedlich und manche schaffen es fünf Tage+ aus der Watch herauszuquetschen. Außerdem verspricht Huawei ständige Optimierungen per Software. Alleine in meinem Testzeitraum kamen vier Updates!
Preislich orientieren sich die Chinesen auch ordentlich nach oben. Während die LiteOS Geräte (Watch GT 2, Watch GT 2e, usw...) mittlerweile, je nach Modell, zwischen 90 und 200 Euro zu haben sind, beginnt der Einstieg in die Watch 3-Welt erst ab 369 Euro für die normale Watch 3. Für die von mir getestete Pro-Version werden mindestens 449 Euro fällig. Die Elite-Version der Watch 3 Pro mit Titan-Armband kostet 549 Euro. Zumindest bei den Pro-Versionen bekommt man jedoch eine superedle Smartwatch mit vielen Funktionen. Dafür halte ich den Preis für gerechtfertigt. Wer allerdings nicht so viel "Smart" braucht und eher einen edlen und langatmigen Fitnesstracker sucht, ist mit der Watch GT 2 Pro meiner Meinung nach besser bedient und spart Geld.
Die Watch 3 Pro bekommt von mir dennoch sehr gute 8 von 10 Bewertungspunkte und ist eine der spannendsten und hochwertigsten Smartwatches im bisherigen Jahr. Wer vorhat sich im Huawei-Ökosystem namens HarmonyOS einzuigeln, der kommt an der Watch nicht vorbei. Alle anderen müssen eventuell mit ein paar Einschränkungen umgehen, die so ein Wirtschaftskrieg zwischen den USA und China mit sich bringt. Darunter leiden tun nämlich eh hauptsächlich wir Konsumenten - danke für nichts, Donald und Xi!
Bis zum nächsten Mal!
Redaktioneller Hinweis: Das Testgerät wurde mir von Huawei Austria für einen begrenzen Zeitraum zur Verfügung gestellt. Der Testbericht entsteht unabhängig und wird vor Veröffentlichung nicht an Huawei zur Freigabe gesendet.
Weekend-Redakteur Lukas Steinberger-Weiß ist ein Technik-Freak sondergleichen. Wobei ihn die Bezeichnung „Nerd“ nicht beleidigt, sondern ehrt. Er saugt alle Neuheiten in sich auf und ist immer am neuesten Stand, liebt Computerspiele, beschäftigt sich ausführlich mit den neuesten Smartphones und den dazugehörigen Gadgets und ist ein Experte für Unterhaltungselektronik. In seinem Blog testet er Spiele, Konsolen, Smartphones, Gadgets und vieles mehr und lässt die Leser an seiner Faszination für die spannende Technik-Welt teilhaben.