Kindererziehung: Aus Erfahrung wird man klug
Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Das ist bei jedem schon mal so gewesen. Doch man möchte doch gerne seine Erfahrungen weitergeben, gerade an seinen Nachwuchs. Ob die das dann so hören wollen, ist eine andere Sache.
Eltern haben Erfahrung
Es ist eine ganze Generation zwischen mir und meinen Kindern. Und ich hab die Zeit als Kind, Jugendlicher und junger Erwachsener schon hinter mir. Da gab es eine Menge Erlebnisse und Dinge, die ich machen konnte. Natürlich haben mir meine Eltern auch gute Ratschläge und Weisheiten mit auf den Weg gegeben. Ein paar hab ich angenommen, viele hielt ich für nicht so schlau. Ich wollte es anders, besser oder gerade erst recht anders machen.
Was man selbst getan hat, bleibt auch viel besser abgespeichert. Doch als Mutter oder Vater hat man das Bedürfnis, seinen Kindern zu sagen, was man weiß bzw. schon erlebt hat. Und ob es gut oder schlecht ausgegangen ist. Man ist besorgt um das Wohl seiner Schützlinge und möchte ihnen gerne die eine oder andere nicht so toller Erfahrung ersparen.
Tipps, die keiner hören will
„Sei nicht so pessimistisch“ – das war die Antwort meines Teenagers, dem ich eine – wie ich fand – hilfreiche Weisheit mitgeben wollte. Ein Zimmer ist in null Komma nix renoviert. Streichen, Boden legen, ein bisschen spachteln und verputzen, abgeschliffen und schon kann man spätestens in einer Woche einziehen.
Meine Erfahrung sagte, es kommt darauf an, ob das Grün und Blau noch durch schimmert, nach dem ersten Anstrich. Der alte Boden muss zuerst raus und entsorgt werden, bevor man sich an das Verlegen des Neuen machen kann. Er muss auch zugeschnitten werden und kommt nicht einfach aus der Packung auf den Untergrund. Dann kommt noch etwas sauber machen dazu, der ganze Staub und Dreck verschwindet nicht von alleine. Das nimmt Zeit in Anspruch. Und es gilt zu bedenken, dass so ein Teenager auch nicht um acht Uhr schon aufsteht und den ganzen Tag bis spät abends der Renovierung widmet. Da ist ja noch ein Game, wofür er sich schon verabredet hat.
Wie mit der Zimmerneugestaltung, meinen klugen Ideen und Bedenken zur Zeitplanung dazu, geht es mit anderen Dingen auch. Festes Schuhwerk am Festival, wenn alles in Regen und Matsch versinkt, ist schlauer als die hübschen Sneakers. Drei Tage nasse Füße ist sehr unangenehm. Nicht nur für alte Leute. Doch wenn man gut aussehen möchte, muss man das selber rausfinden!
Erfahrung macht klug
Die nassen Schuhe oder der falsche Zeitplan ist nun nicht so eine dramatische Sache. Vor allem ist dann der ignorierte Rat der Eltern auch nicht so schlimm. Das merken sich die Kinder dann sicher besser. „Lass es mich doch so machen, wie ich es für richtig halte!“ – wenn sie aber alles unbedingt selbst erfahren müssen, tue ich mir als Mama schon ein bisschen schwer.
Schlägereien, Überfallen werden, Unfälle mit schlimmen Folgen – das wünschen wir unseren Liebsten nicht. Da will man schon gerne seinen Erfahrungsschatz, sein Wissen teilen. Doch Jugendliche gehen sorgloser durch die Welt, weil sie eben noch nicht so viel selbst gesehen haben. Es gibt auch viele schöne Erlebnisse, die sie machen werden; es wird allerdings auch ein paar lehrreiche geben. Hoffentlich nichts allzu Schreckliches.
Den eigenen Weg finden
Als Eltern wollen wir in unsere Kinder vertrauen. Irgendwann kommt die Zeit des Loslassens und auch die Zeit, ihnen die Möglichkeit zu geben, ihre eigenen Erfahrungen zu machen; ihren eigenen Weg zu gehen, mit und ohne Ratschläge unsererseits.
Wir sollten uns wieder darauf einlassen, trotz unserer Erfahrungswerte Dinge mit mehr Unvoreingenommenheit an zu gehen. Das würde uns eventuell zu ein paar neuen Eindrücke verhelfen und uns jung halten!
Zur Autorin
Wer wie Judith Locher Mutter von drei Söhnen ist, schöpft aus einem großen Fundus, wenn es um das Thema "Männer im Alltag" geht. Mit Augenzwinkern und einer Prise feinem Humor teilt die Oberösterreicherin ihre Erlebnisse und Erkenntnisse auf www.weekend.at.