Freiwilliger Sozialer Dienst: Mit Herz und Seele
Wer hat sie noch nicht erlebt – und gehört: Ältere Semester, die sich lautstark über DIE Jungen von heute beschweren. Wohlstandsverwahrlost seien sie. Verantwortungslos. Narzistisch. Nur auf Spaß aus … Dabei scheint der Ego-Individualismus gerade bei den Teens und Twens zu schwinden. Fehlende Solidarität? Fehlanzeige! Das bestätigen aktuelle Studien der Jugendkulturforschung. Deren Tenor: Spätestens seit Corona steigt der Wunsch, einen Beitrag für andere zu leisten. Ein Befund, den der Verein zur Förderung freiwilliger sozialer Dienste teilt
Hoffnung geben
Das Freiwillige Soziale Jahr boomt, bestätigt Elisabeth Marcus, Geschäftsführerin Verein zur Förderung freiwilliger sozialer Dienste. „Die Zahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer hat sich in den letzten zehn Jahren verdreifacht.“ Auch während der Pandemie sei das Interesse groß gewesen. Mittlerweile begleitet der Verein über 650 Einsätze im Jahr. „Besonders begehrt ist der Kinder- und Jugendbereich“, sagt Marcus. Vor allem in den Ballungsräumen sei der Zulauf groß.
Melden würden sich junge Menschen bis 24 Jahre, aus den vielfältigsten Gründen. Der Großteil habe ein realistisches Bild vom Aufgabengebiet und bringe die nötige physische und psychische Belastbarkeit mit, so die Geschäftsführerin. Wer offen für Neues ist, Freude an der Zusammenarbeit mit Menschen hat und sich im Rahmen von Seminaren bilden und austauschen will, kann sich bewerben. „Wer mitmacht, wird zum Hoffnungsträger für die Menschen vor Ort – und bekommt sehr viel Zuneigung und Bestätigung zurück“, sagt die Geschäftsführerin. „Nebenbei lernt man auch sehr viel über sich selbst.“ Erfahrungen, die prägen.
Mitarbeiter von morgen
Viele kommen auch, um zu bleiben. Das hat sich mittlerweile an vielen Einsatzstellen herumgesprochen. „75 Prozent aller, die ins Freiwillige Soziale Jahr einsteigen, entscheiden sich später für eine Ausbildung in einem ähnlichen Umfeld“, weiß Marcus. „Wer in seinem Einsatz viel Wertschätzung erfährt, will oftmals direkt zu seinem FSJ-Partner zurück.“
Schwierige Finanzierung
Das Institut SORA hat im Auftrag des Sozial- und Umweltministeriums das FSJ evaluieren lassen. Die Ergebnisse decken sich mit den Rückmeldungen im Verein. Als schwierig werden von den Befragten allerdings die finanziellen Rahmenbedingungen empfunden. Auch die Insiderin bestätigt: „Im Moment muss man es sich leisten können, als junger Erwachsener, aber auch als Einsatzstelle, ein FSJ finanzieren beziehungsweise anbieten zu können.“ Sie hofft auf Nachbesserungen vom Bund. „Wir wünschen uns Wohnungszuschüsse, wie es sie in Deutschland gibt. Mit dem Taschengeld und der Familienbeihilfe allein ist das FSJ für alle, die schon alleine leben, derzeit nicht leistbar.“
FSJ: Wer macht mit?
Hauptsächlich sind es Jugendliche zwischen 18 und 24 Jahren, die sich für das FSJ interessieren. Ihre Beweggründe sind so unterschiedlich wie sie selbst: Manche überbrücken die Zeit zwischen Matura und Ausbildung, andere nehmen sich nach der Schule eine Auszeit. Für junge Männer ist es ein sinnvoller Ersatz für den Zivildienst. Viele wollen Erfahrungen im Sozialbereich sammeln und überprüfen, ob sie für diesen Job wirklich geeignet sind.