Weltraum-Business 2.0
In den ersten Tagen der russischen Invasion tauchte mit Starlink unerwartet ein Name auf, der den bedrängten Ukrainern Hilfe aus dem All verheißt. Das Satelliten-Internet des amerikanischen Unternehmens SpaceX könnte tatsächlich zu einem kriegsentscheidenden Faktor werden. Denn es sichert die Breitband-Internetversorgung im Land trotz zunehmender Zerstörung der Infrastruktur. Hinter Starlink und SpaceX steht Tesla-Gründer Elon Musk. Mit seinen 2.000 Hightech- Trabanten ist Starlink das größte Satellitennetzwerk aller Zeiten. Es ist daher ein vielversprechendes Geschäftsmodell. Denn nur rund zehn Prozent der Erdoberfläche verfügen über Handyempfang. Der weltweite Markt wird auf eine Billion US-Dollar geschätzt.
Kleiner, stärker, billiger
SpaceX ist nicht das einzige Startup mit einem Faible für Geschäfte in der Schwerelosigkeit. In Österreich liefert das Aerospace-Unternehmen FACC AG ab Oktober 2022 erstmals Teile für die neue Trägerrakete Ariane 6 – eine Art europäisches Gegenmodell zu SpaceX. Weil die Triebwerke in der Ukraine gebaut werden und die Abschussrampen in Russland stehen, drohen jedoch wichtige Projekte der europäischen Raumfahrtbehörde ESA zu stocken. Profitieren könnten davon Startups, die auf Microlauncher-Technologien setzen. In Deutschland sind mit Isar Aerospace, Hyimpulse und Rocket Factory Augsburg (RFA) gleich drei Technologie- Gründer mit Kleinraketensystemen am Start. Im neuen Werk von Isar Aerospace in der Nähe von München arbeiten 200 Personen an der 28 Meter langen zweistufigen Rakete „Spectrum“. Deren Jungfernflug ist für Ende des Jahres im norwegischen Andøya geplant. Der erste kommerzielle Flug mit Satelliten an Bord soll bereits 2023 stattfinden. Kleiner, leistungsfähiger und billiger ist nicht nur das Erfolgsrezept der Smartphone-Industrie, sondern auch der Raumfahrt. Punkto Miniaturisierung sind die Europäer gut im Rennen. Von sich reden machte das Startup Astrocast mit Sitz in Lausanne. Das börsennotierte Schweizer Unternehmen schießt Nano-Satelliten ins All und bringt damit das Internet of Things (IoT) zum Laufen. In zwei Jahren soll ein Netzwerk mit 100 IoT-Satelliten für Unternehmen eine leistbare Alternative zu Wireless-Netzwerken bieten.
In den Orbit oder zum Mond
Wer allerdings ein wahrer Startup-Gründer ist, denkt über den Orbit hinaus. So will Elon Musk mit Starlink seine Marsreisen finanzieren. Die US-Raumfahrtbehörde NASA plant mit der Superrakete „Artemis“ den ersten Mondflug seit fast 50 Jahren. Ein Ziel der neuen Mondmission ist es, eine dauerhafte Station für Astronauten am Mond zu etablieren. Die Module für das Mond-Habitat könnten von dem riesigen 3D-Drucker des Startups ICON (iconbuild.com) kommen. Mit seinem „Project Olympus“ hat ICON eine Auszeichnung an der 3D-Printed Habitat Challenge der NASA für die vollständig versiegelte Struktur des Gebäudes erhalten. Mondbewohner sind extremen Temperaturen und Strahlungen ausgesetzt. Zum Bau sollen auch Materialien vor Ort wie Mondgestein und Eis aus Kratern verwendet werden können. Auch das deutsche Unternehmen Levity denkt weit voraus. Es plant den Bau einer lunaren Satellitenplattform, mit der Kunden ihre Fracht zum Mond transportieren können. Das Zehnmannteam aus Bremen sieht sich als „New-Space-Spedition zum Mond“. Der erste Demoflug ist für 2026 geplant. Die Kleinsatelliten werden mit Microlauncher in die Erdumlaufbahn gebracht. Luftschlösser im All? Möglich. Andererseits hat das Beratungsunternehmen PwC die Marktpotenziale am Mond in den kommenden zwei Jahrzehnten auf 55 bis 100 Milliarden Euro taxiert. Echtes Neuland ist auch der Weltraumtourismus. Auf diesem Feld misst sich Elon Musks SpaceX mit Blue Origin von Amazon- Boss Jeff Bezos und Virgin Galactic, gegründet 2004 von Richard Branson. Ein Ticket kostet zwischen 250.000 und 500.000 US-Dollar.