Peter Filzmaier: "Luft nach oben"
CHEFINFO: Bei der Nationalratswahl im September hat die SPÖ trotz des LIVA-Skandals kaum Stimmen verloren. Einige feierten das als Erfolg. Ist die Wahl im Jänner gelaufen?
Peter Filzmaier: Natürlich nicht. Nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich, und diese beiden Wahlen haben ja ganz offensichtlich große Unterschiede. Beim Nationalrat war es eine Parteienwahl, um das Bürgermeisteramt findet eine Personenwahl statt. Die Wahlbeteiligung und damit jene, welche tatsächlich ihre Stimme abgeben, werden erheblich voneinander abweichen. Und bei einer Stichwahl kommt es sowieso zu neuen Konstellationen der Wahlteilnahme sowie möglichen Wahlempfehlungen.
Worauf kommt es für die Kandidaten bei diesem Wahlkampf an?
Filzmaier: Kandidaten müssen ein klares Imageprofil aufbauen, wofür sie stehen und was sie politisch für ein Typ sind. Zielgruppe jedes Kandidaten sind dabei nur Wählergruppen, die bereits in die entsprechende Richtung tendieren, vielleicht aber auch zu Hause bleiben. Generell gehe ich von einem Mobilisierungswahlkampf als entscheidendem Faktor aus, weil eben alle Kandidaten bei ihrem Image noch Luft nach oben haben.
Der Erfolg der Underdogs ist seit dem Aufstieg der Softkommunisten ein neues Phänomen. Zählt Persönlichkeit mehr als Partei?
Filzmaier: Ganz so einfach ist es nicht. Es ist ja beim Thema leistbares Wohnen nicht nur Elke Kahr, sondern schon bei ihrem Vorgänger als Stadtrat Ernest Kaltenegger die KPÖ zu einer Marke geworden. Stadtrat Pammer als Kandidat kann ja zum Beispiel auch kommunizieren: „Wählt mich, damit der Weg der SPÖ-Bürgermeister in Linz weitergeführt wird“, da würde er nicht alle Wahlkampfbotschaften auf -seine Person fokussieren. Michael Raml wiederum möchte durchaus von der -Marke seiner Partei FPÖ profitieren, die für Veränderung stehen will. Am ehesten hat sich Martin Hajart von -seiner Partei ab-gegrenzt, ihm erscheint das Image als ÖVP-Parteikandidat offenbar weniger erfolgversprechend.
Sozialdemokratische und bürgerliche Hochburgen bröckeln. Ist das der Wählermobilität geschuldet?
Filzmaier: Jenseits von Skandalen im jeweiligen Einzelfall sind die gesellschaftlichen Gruppen vielfältiger geworden. Die SPÖ etwa kann vielleicht in Linz als Industriestadt noch mehr Arbeiterpartei sein als anderswo, doch irgendwann geht sich die Konzentration auf eine solche Stammwählerschaft rechnerisch nicht mehr aus. Weil in der modernen Dienstleistungsgesellschaft und durch die Digitalisierung klassische Arbeiter immer weniger werden. Schon heute ist sogar in Linz der typische SPÖ-Wähler eher bereits ein Ex-Hackler in Pension.