Failed Startups: Gescheitert? Na und!
Hinter Startups stecken immer Menschen, die sich mit voller Energie für die Zukunft einsetzen, und da die Zukunft kaum vorhersehbar ist, ist Scheitern unvermeidlich. Neun von zehn Startups scheitern. Doch darüber hüllt man den Mantel des Schweigens. Alleine das Wort „Startup“ weckt in den meisten Menschen einen Hauch von Partyfeeling, bunten Büros mit Flippern, Billard- oder Wuzeltischen, Chefs, die mit ihren Mitarbeitern per Du sind, spannenden Investorenverhandlungen und Millionenbeträgen, die in nur wenigen Minuten ihren Besitzer wechseln. „In der Startup-Welt ist nicht alles hip und cool. Es geht in erster Linie um harte Arbeit. Startups machen nicht Party, sondern gehen täglich in einen Überlebenskampf und stellen sich täglich dem innovativen und kreativen Druck.“ Das wird in der breiten Diskussion gerne ausgespart.
Ohne Birkenstocks in die Zukunft
Julia Stöhr weiß genau, was Startup-Leben bedeutet. Sie hat von einem weißen Blatt Papier aus ein Produkt erschaffen, das unter dem Namen „ aergo“ die Schuhindustrie revolutionieren sollte. „Die Idee war, einen Schuh zu entwickeln, der sich wie eine Art Mini- Trampolin mit Gestrick zu 100 Prozent an den Fuß anpasst. Der Fuß wird unterstützt und Knie und Wirbelsäule werden entlastet.“ Stöhr wollte mit ihrem Produkt vor allem Menschen, die beruflich viel auf den Beinen sind, etwa in der Gesundheits- oder Pflegebranche, etwas Gutes tun. Und tatsächlich, sogar die Birkenstock-Dynastie wurde auf die Gmundnerin aufmerksam. Sie konnte ein Tochterunternehmen des Gesundheitsschuhimperiums als Entwicklungspartner gewinnen. Doch leider nicht lange. Stöhrs „aergo“ kam zum Stehen statt ins Laufen. Sie musste sich nach Alternativen umsehen und gleichzeitig die Produktentwicklung vorantreiben.
Startup ärgere dich nicht
Überzeugt von ihren aergos steckte sie nicht nur viel privates Kapital in ihre Innovation, sondern lukrierte auch Fördergelder. Ein oft unterschätzter finanzieller Druck: „Als Ein-Frau-Unternehmen geht dir da irgendwann die Kraft aus. Das war ein bisschen wie ,Mensch ärgere dich nicht‘. Du musst immer wieder zurück an den Start.“ Sie ging zurück, suchte neue Produktionspartner, investierte weiter und verlor. Mittlerweile hat sie die Schulden getilgt und kann mit Abstand auf ihr Startup-Dasein zurückblicken. „Es war unterm Strich ein Erfolg für mich. Ich sehe daher kein Scheitern, sondern einen Erfahrungswert.“
Reden wir darüber
Markus Weißenbek kann Ähnliches berichten. Mit seinen Kollegen Alexander Kopp und Florian Latifi gründete er Sylagon, eine revolutionäre Plattform, die Daten automatisiert visualisieren sollte. Die drei kannten sich von der JKU. Weißenbek kannte das Startup-Umfeld bereits. Anfang 2021, inmitten der Pandemie, ging es mit Vollgas los. „Plötzlich kamen klassische Fragen auf, wie: Was ist unser Businessmodell? Welchen Nutzen bieten wir? Und: Wer will dafür Geld bezahlen? Wir standen da und wussten keine Antworten. Wir hatten ein Thema, wir hatten eine Lösung, aber wir hatten noch keine Zielgruppe. Wir sind wie im Film ins offene Messer gelaufen.“ Es ging also wieder zurück an den Start. Es gab so viele Red Flags, die wir lange nicht gesehen haben. Wir kamen drauf, dass unser Businessmodell, wie wir es gedacht haben, nicht umsetzbar ist.“ Doch bei Sylagon kam es zu einem Happy End. „Wir können richtig gut Applikationen umsetzen und haben auf eine klassische Softwarefirma – Bytegrasp – umgegründet.“ Mittlerweile haben die Gründer erste Aufträge umgesetzt und Umsätze erzielt.