Unimarkt: „Wir leben Lokalität”
CHEFINFO: Was war die Motivation, sich auf dieses Abenteuer im doch sehr stark umkämpften Markt der Lebensmittelhändler einzulassen?
Andreas Haider: Alles, was groß ist und immer größer wird, bietet immer Nischenanbietern eine Chance und genau so muss man das auch in unserem Bereich sehen. Die Menschen kommen immer mehr darauf, dass wenn einige immer größer werden, andere immer abhängiger werden. Sie fragen sich, ob es gut ist, wenn alles in einer Hand liegt. Darum positionieren wir uns bewusst mit Regionalität und im ländlichen Raum. Wir sind anders als die anderen und das lässt uns positiv in die Zukunft schauen. Deshalb ist es für mich auch kein Abenteuer, sondern eine gute Weiterführung unserer bereits eingeschlagenen Strategie.
CHEFINFO: Wie besteht man neben den Großen, wie hebt man sich von ihnen ab?
Haider: Das Thema „Regionalität“ ist für uns keine Marketingaussage: Wir leben Lokalität. Unsere Umsätze erzielen wir zu über 80 Prozent mit österreichischen Produkten. Unser Schwerpunkt ist, dass wir kleinstrukturierten Unternehmen und Produzenten am jeweiligen Standort, wo sie auch sesshaft sind, die Möglichkeit geben, mit Unimarkt eine gute Partnerschaft einzugehen. Wir haben mittlerweile in allen unseren Standorten 20 bis 30 Quadratmeter Regionalplätze. Wir sind stolz darauf, dass wir 80 bis 90 Prozent unserer Umsätze mit bekannten Marken machen und nur einen geringen Eigenmarken-Anteil haben. Ein Thema sind sicher auch die Franchise-Partnerschaften. Der Unternehmer ist ein Teil der Gemeinde, der Community und des Umfeldes. Er kann die Wünsche und Bedürfnisse der Konsumenten befriedigen, weil er Entscheidungsbefugnis hat und nicht erst die Konzernzentrale um Erlaubnis fragen muss.
CHEFINFO: Ist die Regionalität beim Einkauf und Transport eine größere Herausforderung?
Haider: Ja definitiv, es braucht im Hintergrund deutlich mehr Ressourcen. Es ist komplexer und aufwändiger, aber es ist ein faireres Miteinander zwischen Handel und der Industrie bzw. Handel und kleinstrukturierten Produzenten. Wir vereinnahmen die lokalen Produzenten nicht. Wir haben mit ihnen ein klares Übereinkommen, damit in Summe die Wertschöpfungskette auch gerecht verteilt ist.
CHEFINFO: Merken Sie in den letzten Jahren einen Auftrieb durch die Themen Nachhaltigkeit und Regionalität, die durch Corona nochmals weiter in den Vordergrund gerückt sind?
Haider: Ja, darum haben wir bereits vor fast zehn Jahren ganz klar damit begonnen, die regionalen Produkte ins Zentrum unserer Märkte zu stellen. Durch die Krise sind die Menschen noch einmal mehr sensibilisiert auf diese Themen, das ist für uns nichts Neues, sondern einfach eine Fortschreibung des bereits eingeschlagenen Weges.
CHEFINFO: Was können Supermärkte gegen Lebensmittelverschwendung tun?
Haider: Da wage ich zu behaupten, dass wir bei diesem Thema Pioniere waren. 1999 waren wir Mitinitiatoren der SOMA Sozialmärkte, weil wir uns damals schon gefragt haben, was wir mit den guten Lebensmitteln machen können, um sie nicht wegwerfen zu müssen. Wir haben 2014 zusammen mit Rudi Anschober eine Kampagne namens „Das ist doch noch gut“ gestartet, bei der wir in Schulen dafür sensibilisiert haben, bei Lebensmitteln nicht nur auf das Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) zu achten. Wir haben seit 2016 unsere Aktionspolitik angepasst, seither gibt es bei Unimarkt keine Multipack- und Mehrmengen-Aktionen mehr. Bei uns bekommt man jeden Aktionspreis bereits ab dem ersten Stück. Die Konsumenten werden sonst dazu verleitet, Mengen zu kaufen, die sie gar nicht innerhalb des empfohlenen Mindestverbrauchszeitraums aufbrauchen können. Und jetzt sind wir aktuell eine Kooperation mit „Too Good To Go“ eingegangen, um junge und digital affine Menschen anzusprechen.
CHEFINFO: Sollten Supermärkte mehr sogenannte Ausschussware anbieten?
Haider: Es gibt hier bereits einige Initiativen. Aber am Ende des Tages trägt auch jeder Konsument Mitverantwortung, weil wenn er die zu krumme Gurke nicht kauft, wird der Händler dazu erzogen, nur mehr die geraden Gurken vom Produzenten zu nehmen.
CHEFINFO: In einigen Ländern wie Frankreich oder auch Tschechien und Italien, gibt es Gesetze, die es größeren Lebensmittelhändlern verbieten, Lebensmittel einfach wegzuwerfen. Wie sehen Sie so ein Gesetz?
Haider: Grundsätzlich trifft uns das nicht wirklich, weil wir nichts wegschmeißen. Gerade in den ländlichen Strukturen gibt es immer wieder kleinere Organisationen und kleinere Initiativen, die am Ende des Tages genau diese Produkte holen. Solche Gesetze sind begrüßenswert, man muss da aber auch den Gesetzgeber mit in die Verantwortung nehmen, denn vom Gesetz her macht man es dem Händler oft nicht einfach, solche Initiativen zu unterstützen. Da gibt es verschiedenen Themen rund um die Mehrwertsteuer oder die Hygieneverordnungen, die geklärt werden müssen. Man muss das einheitlich regeln und lebbare und umsetzbare Gesetze definieren.
DAS UNTERNEHMEN
Die Unimarkt Gruppe umfasst 129 Unimarkt-Standorte in Ober- und Niederösterreich, in der Steiermark, in Salzburg und im Burgenland sowie 328 Nah&Frisch-Standorte und die Pfeiffer Logistik. Die Gruppe beschäftigt 1.500 Mitarbeiter, der Gruppenumsatz betrug 2020 440 Mio. Euro, 325 Mio. davon erzielten die Unimarkt-Standorte.