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Airpaq-Co-Founder Adrian Goosses im Interview

04.06.2024 um 08:12, Melanie Aprin
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Airpaq Co-Founder Adrian Goosses denkt groß und will aus dem deutschen Startup die weltweite Nummer eins des Upcyclingmarktes machen.

Mit der Idee, aus Autoschrott Upcyclingprodukte herzustellen, haben Sie in Deutschland einen Nerv getroffen. Rucksäcke und Taschen von Airpaq haben dort fast schon Kultstatus. Wie fühlt man sich als „Green Hero“?
Wir freuen uns immer noch riesig, dass wir vor ein paar Jahren zur richtigen Zeit die richtige Idee hatten. Nachhaltige Produkte liegen voll im Trend, werden immer wichtiger, und speziell in der Upcyclingbranche ist noch viel Luft nach oben. Das ist gut für uns als Unternehmer, aber vor allem ist es gut für die Umwelt. Schließlich landen nicht nur in Deutschland, sondern überall auf der Welt, jedes Jahr Millionen Tonnen von Autoschrott auf dem Müll. Wir sorgen mit unseren Produkten dafür, dass ein Teil dieser ungenutzten und hochwertigen Ressourcen nicht verkommt. 

Ein Airbag auf einem Autoschrottplatz brachte Sie auf die Idee, daraus einen Rucksack zu machen. Wenige Jahre später gewinnen Sie mit Ihren Produkten Nachhaltigkeitspreise und haben Großkunden wie den deutschen Automobilclub ADAC. Wie lässt sich das noch toppen?
Mit dem Ziel und der Vision, das größte Upcyclingunternehmen der Welt zu werden. Michael und ich sind noch jung und voller Ideen, was man aus Autoschrott noch so alles machen kann. Momentan experimentieren wir mit Hundespielzeug. 

Das hat jetzt mit der Fashionbranche, in der Sie sich mit Ihren trendigen Rucksäcken und Taschen bewegen, eher wenig zu tun. 
Eben doch, weil auch bei Spielzeug das Design eine große Rolle spielt. Es ist ja unser erklärtes Ziel, dass alle unsere Produkte nicht nur eine Zielgruppe ansprechen, die sowieso mit dem Thema vertraut ist, sondern auch von Menschen gemocht und gekauft werden, die sich über Nachhaltigkeit weniger Gedanken machen. Das funktioniert aber nur, wenn die Produkte nicht nur funktional sind und qualitativ top, sondern auch ein gutes Design haben. 

Adrian Goosses

Nachhaltige Produkte liegen voll im Trend, werden immer wichtiger, und speziell in der Upcyclingbranche ist noch viel Luft nach oben.

Adrian Goosses, Co-Founder Airpaq
Airpaq-Rucksack
Airpaq-Rucksack: Nur am Sicherheitsgurt ist die Herkunft noch erkennbar

Wie groß ist Ihr Erfolg in Zahlen?
Im ersten Quartal dieses Jahres hat sich unser Umsatz im Vergleich zum Vorjahresquartal verdoppelt. Momentan bewegt sich dieser Umsatz im einstelligen Millionenbereich. Aber wir wachsen stetig und wären noch viel schneller gewachsen, wenn uns nicht die Coronakrise einen Strich durch die Rechnung gemacht hätte. Das war speziell für die Fashionbranche eine schwierige Zeit. Wer kauft sich schon neue Kleider und Taschen, wenn man nicht ausgehen kann? Trotzdem kamen wir ohne größere Probleme durch diese Krise hindurch, weil wir weniger festgefahren sind als größere Unternehmen. Wir hingegen sind sehr agil und umtriebig. Auch deshalb konnten wir trotz der Coronakrise weiter Gewinne machen. Die Gewinnschwelle hatten wir ohnehin schon vorher erreicht. 

Warum produzieren Sie in Rumänien?
Weil Rumänien in der EU ist, weshalb dort die EU-weiten einheitlichen Standards gelten. Und weil in Rumänien die automotive Sicherheitsindustrie sitzt, die uns exakt den Müll liefert, den wir brauchen. Zudem hatte Michael einen heißen Draht zu dem rumänischen Familienunternehmen, das unsere Produkte produziert. Und, last but not least: Meine Mutter ist in der Stadt geboren, in der wir fertigen lassen.  

Und andere globale Akteure der Textil- und Bekleidungsbranche wie China oder Bangladesch hätten Ihnen sicher durch die langen Transportwege die Klimabilanz vermasselt. 
Länder wie China waren auch aus anderen Gründen keine Option. Wir sind kein Unternehmen, das in Fernost für fünf Euro einen Rucksack fertigen lässt, um ihn in Deutschland für 70 Euro oder mehr zu verkaufen. Auch wir wollen Marge, aber uns interessieren in erster Linie qualitativ hochwertige, nachhaltige und langlebige Produkte, die unter fairen Bedingungen und ressourcenschonend in der EU hergestellt werden. Wir verfolgen also eine Mission. Deshalb freuen wir uns auch über jedes andere Unternehmen, das Schrott sinnvoll verwertet. 

15 Kilogramm

Selbst wenn Sie dadurch einen Konkurrenten haben?
So leicht lassen sich unsere Produkte zum Glück nicht kopieren. Wir haben absolut nichts im Sortiment, was sich seriell mal eben im großen Stil fertigen ließe. Daher sind auch Patente für uns nicht so wichtig. Die Fabrikation von Airpaq-Produkten ist eine komplizierte, komplexe und aufwendige Angelegenheit. Das beginnt schon mit unserem Rohstoff, dem Autoschrott. Airbags etwa können äußerst unterschiedlich sein, abhängig vom Modell und zig anderen Faktoren. Und dann haben wir noch den Anspruch, dass unsere Produkte und insbesondere die Rücksäcke und Taschen auch individualisierbar sein sollen. So versetzen wir unter anderem Firmenkunden in die Lage, für ihre Mitarbeiter Produkte mit dem Corporate Design in Auftrag zu geben. 

Haben Sie auch viele österreichische Kunden?
In Österreich gibt es rund 20 stationäre Läden, die unsere Produkte vertreiben. Das läuft über Kooperationspartner, wie in den anderen Ländern auch. Ein recht bekanntes Label aus Österreich, das auch Airpaq-Produkte verkauft, ist beispielsweise Zerum. Sie sitzen in Graz und Wien und haben auch einen Online-store. Dieses Label vertreibt nur ökologische Mode, die fair und transparent produziert ist und zudem gut aussieht. In dieses Sortiment passen wir perfekt hinein. 

Wandern
Nicht nur Nachhaltigkeit zählt: Auch Design und Qualität müssen top sein

Wie finden Sie die Vorgaben aus Brüssel, mit denen die EU-Kommission auch kleinere und mittlere Unternehmen zur Erstellung von Nachhaltigkeitsbilanzen verpflichtet? 
Ich finde grundsätzlich alles richtig, was Greenwashing verhindert und Nachhaltigkeitsberichte ehrlich vergleichbar macht. Es darf nicht sein, dass ein Produkt unter fragwürdigen Bedingungen in China hergestellt wird und trotzdem einen grünen Haken bekommt, weil der Hersteller zwei Nachhaltigkeitselemente in das Produkt hineinpackt. Uns stören die neuen Vorgaben daher definitiv nicht. Zumal wir dadurch bei Airpaq nichts verändern, sondern nur einiges anders dokumentieren müssen. 

Dass Sie nichts ändern müssen, überrascht nicht. Was kann schon nachhaltiger sein, als Schrott zu verwerten! Gibt es wirklich nichts, was am perfekten Nachhaltigkeitsimage von Airpaq kratzen könnte? 
Spontan fällt mir da tatsächlich nichts ein. Letztlich hängt die Ökobilanz eines Unternehmens aber auch immer davon ab, wie etwas bewertet und berechnet wird. Wenn eine Upcyclingfirma wie wir beispielsweise Schrott aus Polyamid verwertet, könnte man uns negativ anrechnen, dass wir einen nicht gerade ökologischen Stoff verarbeiten. Man könnte uns in der Ökobilanz aber auch eine Null eintragen, weil wir Schrott verwerten und damit Materialien, die bereits vorhanden sind und keine weiteren ökologischen Fußabdrücke verursachen. Bei dieser Art von Betrachtung würde es keine Rolle spielen, was wir vom Schrottplatz nehmen und weiterverarbeiten. Unter genauer Betrachtung könnte man sogar einen Schritt weitergehen und selbst für Polyamid einen ökologischen Pluspunkt eintragen. Immerhin ist Polyamid als Kunststoff ein sehr langlebiges Material und darüber hinaus leicht zu recyceln. Es sollte eben nur nicht in den Weltmeeren oder sonst wo in der Natur landen. Vieles ist also eine Frage der Sichtweise. Daher ist es gut, wenn eine Gesetzgebung für Klarheit sorgt und die Dinge vergleichbar macht. 

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