Bühnenreif: Wie man Speakerin wird
Die Lanxess Arena in letzten Platz gefüllt. Selbstbewusst, mit einem Lächeln im Gesicht, betritt Miriam Höller die Bühne und startet ihren Vortrag über Resilienz, Mut und Veränderungsbereitschaft. Die Zuschauer hängen an ihren Lippen, lachen über ihre Pointen und fühlen mit, als sie ihre persönliche Geschichte vom Tod ihres Lebensgefährten und ihrem folgenschweren Unfall spricht, der ihre Karriere als Stuntfrau über Nacht zerstört hat. Die 37-Jährige versteht es, Menschen zu bewegen und dazu zu motivieren, sich in Krisenzeiten neu aufzurichten. So wie sie selbst es getan hat. Die frühere Moderatorin und GNTM-Teilnehmerin ist seit 2019 als Speakerin tätig und zählt mittlerweile zu den gefragtesten Rednerinnen im deutschsprachigen Raum. Wer aber glaubt dieser Erfolg kam ebenso schnell, wie jener von der Karriere als Stuntfrau zerplatzt ist, der wird an dieser Stelle eines Besseren belehrt. Hinter all dem Bühnenruhm steckt jahrelange harte Arbeit, fachliche Weiterbildung und persönliche Entwicklung.
Realitätscheck
Wie schwer es tatsächlich ist, als Speakerin Fuß zu fassen, zeigt die Statistik: Gerade einmal eine Handvoll Österreicherinnen steht regelmäßig auf großen Bühnen und arbeitet hauptberuflich als Rednerin. Margit Szeliga-Schrall, Inhaberin der Wiener Speaker-Agentur „Happy&Ness“ erklärt: „Um erfolgreich zu sein, braucht es das richtige Thema, einen motivierenden Zugang und vor allem eine interessierte Zielgruppe. Es nützt nichts, wenn ich ein Thema mit Herzblut vorbereite, es aber niemanden interessiert.“ Aktuell sind unter anderem Keynotes zu den Themen KI, emotionale Kompetenz und Kreativität gefragt. Margit Szeliga-Schrall: „Das Thema muss zeitgemäß und interessant aufbereitet sein und zur Protagonistin auf der Bühne passen.“ Ein Mix, den allen voran das österreichische Aushängeschild der Speaker-Szene verkörpert – und das im wahrsten Sinne des Wortes.
Monika Matschnig ist Expertin für Körpersprache und Wirkungskompetenz und steht seit mehr als 20 Jahren auf der Bühne. Mit der Aufnahme in die „Hall of Fame“ der German Speakers Association ist die Steirerin in ihrer Branche dort angekommen, wo alle hinmöchten. Doch auch sie schärft den realistischen Blick auf ihre Arbeit: „Speakerin zu sein wirkt locker, einfach, lukrativ. Es erfordert aber Disziplin, Konsequenz und Entbehrungen.“ Das bestätigt ihre Salzburger Kollegin Maria-Theresa Schinnerl. Die 47-Jährige hat sich auf das Thema „Kunden-Service-Qualität“ spezialisiert. Sie sagt offen: „Gerade als Frau musst du in unserer Branche ein hohes Maß an Fleiß aufbringen.“

Kein Erfolg kommt über Nacht
Zwischen 20 und 45 Minuten dauert ein Vortrag durchschnittlich. In jeder Minute steckt tagelange Arbeit. Immer wieder wird am Storytelling und Auftritt gefeilt. Speaker sind eben viel mehr Bühnenkünstler als reine Referenten. Und das eignet man sich nicht über Nacht an. Von überteuerten Wochenendseminaren à la „In drei Tagen zum erfolgreichen Speaker“ halten die Expertinnen allesamt wenig.
Vielmehr raten sie zu einer fundierten Ausbildung, beispielsweise über den Berufsverband, oder zu einem langfristigen Coaching- und Mentoringprogramm. „Die Vernetzung mit erfahrenen Speakerinnen ist von großer Bedeutung“, so Margit Szeliga-Schrall. Maria-Theresa Schinnerl, die als eine von nur sieben Frauen im DACH-Raum die Auszeichnung CSP (Certified Speaking Professional) trägt und ihre Keynotes gelegentlich auch in Englisch hält, pflichtet dem bei: „Es ist essenziell, sich ständig Feedback einzuholen.“
Du trägst eine Verantwortung auf der Bühne, da die Menschen dir deine Zeit schenken. Sei dir klar darüber, was deine Botschaft ist und was du in den Menschen bewegen möchtest.
Die Arbeit hinter der Bühne
Neben der stetigen Weiterentwicklung der Vortragsthemen ist die persönliche Vermarktung ein entscheidender Erfolgsfaktor. Professionelle Agenturen können dabei unterstützen, die Sichtbarkeit zu erhöhen. Denn nur wer gesehen wird, wird auch gebucht. Die Gage eines Top-Speakers pendelt sich in Österreich bei 3.000 bis 5.000 Euro pro Auftritt ein.
Maria-Theresa Schinnerl macht aber deutlich: „Honorare in dieser Höhe muss man sich erarbeiten und sind gerade am Anfang nicht die Regel – so realistisch sollte man sein.“ Die wenigsten Branchenneulinge arbeiten hauptberuflich als Speaker. Auch Miriam Höller, Monika Matschnig und Maria-Theresa Schinnerl haben ihr berufliches Portfolio über die Jahre weiterentwickelt und arbeiten unter anderem als Seminartrainerinnen und Autorinnen. Miriam Höller hat kürzlich ihr erstes Buch „Das Leben ist ungerecht. Und das ist gut so.“ veröffentlicht. In einem sind sich die erfolgreichen Aushängeschilder alle einig: Das Gefühl, einen ganzen Saal voller Menschen für ein Thema begeistern und mitreißen zu können, ist unbezahlbar …
Am Markt gibt es nur wenige zielführende Ausbildungen. Umso wichtiger ist der Austausch und die Vernetzung mit professionellen, erfahrenen Speaker:innen, die als Trainings-Buddy und Coach fungieren.