Studie zur Bodenversiegelung: Handel kaum schuld
Vor dem Hintergrund der Klimakrise gewinnt das Thema Bodenverbrauch auch in der öffentlichen Diskussion immer mehr an Bedeutung.
Statt konstruktiv über Lösungen zu diskutieren, würden "Flächen-Sünder" gesucht und derzeit primär im Bereich des Einzelhandels bzw. der Shoppingcenter identifiziert. Das beklagt Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbandes.
Eine neue Studie von Standort + Mark gibt Aufschluss zum Thema Bodenversiegelung in Österreich.
Die Zahlen
Pro Jahr werden in Österreich im Schnitt 41 km2 an Boden in Anspruch genommen, das entspricht in etwa einem Bodenverbrauch von 11,3 ha pro Tag. Etwa die Hälfte dieser Fläche wird auch versiegelt – also mit einer wasser- und luftundurchlässigen Schicht verdeckt, wodurch das Bodenleben abstirbt.
Bezogen auf die gesamten in Anspruch genommenen Flächen nutzt der Einzelhandel derzeit 35,7 km2. In dieser Zahl sind neben den Verkaufsflächen auch Parkplätze sowie Lagerflächen inkludiert. Das entspricht nur 5,2% der gesamten Betriebsflächen des Landes bzw 0,6% am gesamten Bodenverbrauch.
Zum Vergleich: 45,4% entfallen auf den Wohnbau, 36% auf Verkehrsflächen, 11% auf handelsfremde Betriebsflächen.
Lebensmittelhandel
Mit einem Umsatz von rund 26,1 Mrd. Euro (2022) bzw. einem Anteil von fast einem Drittel (32%) am gesamten Einzelhandelsumsatz nimmt der Lebensmittelhandel eine besonders prominente Rolle ein. Gemessen an der Flächeninanspruchnahme (14,4 km²) liegt der Kurzfristbedarf (Lebensmittelhandel und Drogerien) bei 40% der Flächeninanspruchnahme des gesamten Einzelhandels (35,7 km²).
Shoppingcenter
Näher beleuchtet wird in der Studie auch die Shoppingcenter-Branche. Österreichweit gibt es laut Standort + Markt derzeit 245 Shoppingcenter (Shopping Malls, Retail Parks, Outlet Center und Sonderformen) mit einer Grundstücksfläche von insgesamt 8,0 km2.
Von dieser Fläche sind 89,4% versiegelt, wobei von der versiegelten Fläche je etwa die Hälfte auf das Gebäude selbst, die andere Hälfte auf Park- und Verkehrsflächen entfällt. Damit haben die Shoppingcenter in Österreich bis dato mit einer gesamten versiegelten Fläche von 7,2 km² lediglich 0,3% Anteil an der Gesamtflächenversiegelung von Österreich (derzeit 2.411 km²). Christoph Andexlinger, Obmann des Austrian Council of Shopping Places (ACSP):
Bundesländervergleich
Regional sind die Trends bei der Bodenversiegelung sehr unterschiedlich. Mit Abstand negativer Spitzenreiter ist das Burgenland. Hier sind pro Einwohner und über alle Nutzungsarten hinweg bereits 500 m2 versiegelt. Mit großem Abstand folgt Niederösterreich (402,8 m2) vor Kärnten (365,5 m2).
Aufgrund der hohen Bevölkerungsdichte und entsprechend dichter Bauweise am wenigsten versiegelte Fläche pro Kopf weist Wien mit 55,5 m2 auf. Aber auch in Vorarlberg (177,6 m2) und Tirol (222,0 m2) geht man vergleichsweise sparsam mit dem Boden um.
Eines ist jedoch allen Bundesländern gemein: Der Anteil des Einzelhandels an der versiegelten Fläche liegt immer im äußerst niedrigen einstelligen Prozentbereich, bei Shoppingcentern sogar bei unter einem Prozent. Studienautor Hannes Lindner von Standort+Markt:
Dazu sei es aber erforderlich, dass sich Politik wie auch Gesellschaft dem Thema objektiv öffnen. Nur so können Anreize geschaffen werden, dass zukünftig mit Fläche bestmöglich und gewissenhaft umgegangen werde.