Nachhaltige Energiewende: Unternehmen unter Strom
Krisen, Krieg, Klima- und Technologiewandel beschleunigen das Ende des Erdölzeitalters. Gesellschaft und Wirtschaft werden zunehmend elektrifiziert – und zwar in elektrisierender Geschwindigkeit. Auch wenn alle Einsparungspotenziale miteingerechnet werden, wird sich der geforderte grüne Strombedarf laut Experten in den nächsten 13 Jahren verdoppeln. Die großen Versorger wie auch selbst produzierende Verbraucher stehen vor einer Mammutaufgabe: Unmittelbar gehe es darum, den österreichischen Gesamtverbrauch bis 2030 zu dekarbonisieren, sagt Gerhard Christiner, Technischer Vorstand der Austrian Power Grid AG.
Strombedarf verdoppelt sich
Dafür müssen in den nächsten sieben Jahren zusätzliche 27 TWh Strom aus Erneuerbaren Energien produziert werden. Um das nächste politische Ziel einer klimaneutralen Zukunft zu erreichen, sollen im Jahr 2040 jährlich rund 300 TWh aus nachhaltigen Quellen fließen. Und das störungsfrei.
"Schutzmantel" hält nicht mehr
Dafür brauche es neben dem Ausbau aller Potenziale aus Wasser, Wind und Sonne schnelle Investitionen in die Infrastruktur- Kapazitäten. Im Bereich der Netze, Großspeicher, Reserven, aber auch bei digitalen Plattformtechnologien, um v. a. Großverbrauchern ein (zeitlich) flexibles Stromverbrauchsmanagement einräumen zu können, fasst Christiner zusammen. Schon jetzt lasse sich eine stabile Stromversorgung nur mehr mit fast täglich hochfahrenden Gaskraftwerken garantieren. Ein thermisches "Notfall- Energie-Pflaster" für Lastspitzen, das Mehrkosten in Millionenhöhe verursacht, die jeder Netzkunde mitbezahlt – und sich kontraproduktiv auf die Energiewende auswirkt, betont der Experte. Auch weil der althergebrachte Strom-"Schutzmantel" die Einspeisung grüner Energie in wind- und sonnenintensiven Stunden massiv drosseln kann.
Doch über das "wie", "was", "wann" und "wo" der Planung, des Ausbaus und der Finanzierung des modernen Gesamtsystems wird ob des fehlenden politischen wie gesamtgesellschaftlichen Konsenses weiter zu viel Zeit verloren, wie Christiner moniert. Ein wichtiger Schritt sei der bereits gestartete Bau neuer Stromtrassen sowie von neuen Umspannwerken. Damit würden längst fällige "Autobahnauffahrten" für die Integration Erneuerbaren Energien in ausreichender Kapazität künftig verfügbar sein.
Unternehmen als Gamechanger
Von einem Gewaltakt spricht auch Martin Wagner, GF der Verbund Energy4Business GmbH, um die umfassende Elektrifizierung, den Einsatz von grünem Wasserstoff – für dessen Herstellung zusätzlich Mengen an Strom benötigt würden – sowie neue Prozesse, etwa in der Industrie, durchführen zu können. Dass immer mehr Unternehmen auf eigene Erzeugung aus Photovoltaik setzen, stimmt ihn positiv. "Jede weitere Photovoltaik auf einem Dach oder einer Freifläche; jeder Fuhrpark, der auf E-Autos umstellt und seine E-Ladeinfrastruktur mit Grünstrom aufbaut, bringt uns der Energiewende einen Schritt näher."